Gestörte Lieferketten – der Begriff hat sich in das gesellschaftliche Gedächtnis eingeprägt. Die Gründe für die Anfälligkeit heutiger Lieferketten sind vielschichtig. Weil heutige Lieferketten international ausgerichtet sind, wird ihre Verwaltung komplexer. Sei es aufgrund von Transport- und Zollvorschriften, Sprachbarrieren oder gestiegener Abhängigkeit von Zulieferern aufgrund von Outcourcing. Wie können moderne Lieferketten weniger anfälliger sowie arbeits- und kosteneffizienter gestaltet werden?

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Blockchain als Gamechanger für moderne Lieferketten

Blockchain ist eine digitale, dezentrale Datenbank, auf der sämtliche Prozesse, Transaktionen mit Währungen, Informationen oder Vermögenswerten zwischen mehreren Teilnehmern, beispielsweise innerhalb einer Lieferkette, in Echtzeit unveränderbar und damit fälschungssicher protokolliert werden. Damit schafft sie Transparenz und Vertrauen. Auch deshalb hat die Technologie insbesondere für die Optimierung von Lieferketten riesiges Potenzial. Laut einer Studie von LogisticsIQ wird der Markt für blockchainbasierte Lieferketten bis 2030 voraussichtlich 75 Milliarden US-Dollar erreichen, gegenüber 32 Milliarden US-Dollar im Jahr 2019. Das Interesse an der Blockchain ist bei Unternehmen weltweit hoch. Bereits 84 Prozent setzen sich mit diesem Thema auseinander.

Erfolgreiche Anwendungsbeispiele schaffen Vertrauen

Die bekannteste und bereits erfolgreich im Einsatz genutzte Blockchain-Anwendungen für Lieferketten ist die Nachverfolgbarkeit von Produkten innerhalb einer Lieferkette. So hat Walmart ein auf Hyperledger Fabric basierendes Blockchain-System zur Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln eingeführt, um deren Authentizität und Herkunft zu gewährleisten. Die Hyperledger Foundation ist eine Open-Source-Community, die Blockchain-Implementierungen in Unternehmen entwickelt.

Wenn beispielsweise eine lebensmittelbedingte Krankheit ausbricht, dauert es Tage, bis die Quelle gefunden ist. Mit der eindeutigen Rückverfolgung wissen Landwirte und Händler sehr genau, welche der Produkte aus betroffenen Betrieben vernichtet werden müssen. Walmart verringerte die benötigte Zeit für die Rückverfolgung der Herkunft von Mangos, die in den US-Filialen verkauft wurden, von sieben Tagen auf 2,2 Sekunden. Die Blockchain kann damit nachweisen, ob sich Zulieferer an Qualitäts- oder auch Ethikstandards halten.

Damit kann sie zugleich eine regulatorische Herausforderung des europäischen Lieferkettengesetzes lösen. Seit Jahresbeginn müssen EU-Firmen ihre Zulieferer entlang der gesamten globalen Lieferkette auf Einhaltung geltender Menschenrechts- und Umweltstandards überprüfen. Auch wenn das Pendant zur EU-Regelung, die Schweizer Konzernverantwortungsinitiative, vorerst scheiterte: Wollen Schweizer Zulieferer weiterhin Geschäfte in der EU machen, könnten sie künftig diese Standards nachweisen müssen.

Herausforderungen einer neuen Technologie

Die Blockchain-Technologie muss in bestehende Systeme integriert werden, was komplex sowie kostspielig ist. Auch Sicherheitsrisiken könnten aufkommen. Denn mögliche Schwachstellen sind zwar derzeit nicht bekannt. Häufig erscheinen sie erst, wenn Böswillige Daten und Netzwerke versuchen zu kompromittieren. Auch besteht, wie für jede neue Technologie, eine gewisse Unsicherheit aufgrund verschiedener Rechtsordnungen, insbesondere über die Ländergrenzen hinweg. Es wird Zeit brauchen, bis auch die Herausforderungen gemeistert sind. Jannik Lockl, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Fraunhofer FIT BlockchainLab, schätzt jedoch, dass die ersten zertifizierten Blockchain-basierte Smart Contracts beispielsweise im Mobilitätsbereich bereits im Jahr 2024 verfügbar seien und eine gewisse Rechtssicherheit böten.

Investieren in die Blockchain

Für interessierte Anleger, die versuchen vom Blockchain-Trend zu profitieren, stellt sich wie immer die spannende Frage, auf welche Unternehmen, Fonds oder ETFs sie setzen sollten. Da es noch Unwägbarkeiten in der Technologie gibt, denken wir, dass eine breite Diversifikation in das gesamte Blockchain- Ökosystem wie Netzwerkproduzenten oder Komponentenzulieferer der geeignete Weg ist, um vom Blockchain-Trend zu profitieren. Das Risiko von Einzelinvestments erscheint uns deutlich zu hoch, weil derzeit noch nicht klar ist, welches Blockchain-Unternehmen der Gewinner sein wird.  

Nima Pouyan ist Leiter Invesco Institutional & ETF Schweiz & Liechtenstein