Vor zwanzig Jahren fand eine der grössten Fusionen der Schweizer Wirtschaftsgeschichte statt: Die beiden Basler Chemie- und Pharmakonzerne Ciba und Sandoz vollzogen unter dem Namen Novartis einen Schulterschluss. Die Nachricht schlug damals wie eine Bombe ein.

Allenthalben rieb man sich am 7. März 1996 verwundert die Augen als Ciba und Sandoz völlig überraschend ihre Fusion bekannt gaben. Gut neun Monate später wurde die Grossfusion dann ins Basler Handelsregister eingetragen.

Angesichts der laufenden Umstrukturierungen habe man zwar mit vielem gerechnet, aber nicht mit diesem Zusammenschluss, hiess es etwa von Gewerkschaftsseite. Namens der Landesregierung appellierte Wirtschaftsminister Jean-Pascal Delamuraz mit Blick auf den angekündigten Abbau von rund 12'000 Stellen innert dreier Jahre - davon 3000 in der Schweiz - an das soziale Gewissen der Verantwortlichen.

Der Basler Volkswirtschaftsdirektor Mathias Feldges versuchte angesichts der schwer absehbaren Folgen der Fusion zu beruhigen: Er verwies darauf, dass sich doch der 1970 von vielen zuerst negativ beurteilte Zusammenschluss von Ciba und Geigy im Nachhinein als positiv erwiesen habe.

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Aus einer Position der Stärke

Die Fusion vollzog sich zwischen zwei ebenbürtigen Partnern durch Aktientausch zu einem Zeitpunkt, da beide Konzerne gut dastanden, sich aber der wachsenden internationalen Konkurrenz stellen mussten. Mit dem Zusammenschluss sollten angesichts steigender Forschungsaufwendungen insbesondere Skaleneffekte genutzt werden.

Von Synergien von rund 1,8 Milliarden und Restrukturierungskosten von 2 Milliarden Franken war die Rede. Der Umsatz des neuen Konzerns wurde zuerst auf 36 Milliarden und nach der Ausgliederung von einzelnen Unternehmensteilen auf 26 Milliarden Franken beziffert.

Sandoz ergriff die Initiative

Auf dem weltweiten Pharmamarkt bedeutete die Fusion neu Platz zwei hinter der britischen Glaxo Wellcome (seit 2000 GlaxoSmithKline), auf dem Agro-Markt gar die Spitzenposition. Fusionen in der Pharmabranche lagen damals weltweit im Trend. Beide Konzerne waren auf der Suche nach Partnern gewesen. Die Initiative für eine «Basler Lösung» ging schliesslich von Sandoz aus.

Aus Firmensicht machte der Zusammenschluss damals sicher Sinn. Ob langfristig auch aus Investorensicht muss angesichts der vielen Veränderungen im Unternehmen in den letzten Jahrzehnten offen bleiben.

Kein Stein blieb auf dem anderen

Wie der Ciba-Verwaltungsratspräsident und designierte Novartis-Verwaltungsratspräsident Alex Krauer damals vor der Presse erläuterte, geht der Name «Novartis» auf den Begriff «Novae artes», das heisst «neue Fertigkeiten/Künste» zurück.

Tatsächlich wurden die beiden Konzerne mit der Fusion komplett umstrukturiert. Das bedeutete insbesondere den Abschied von der Chemie. Novartis widmete sich fortan den drei Geschäftsbereichen Gesundheit, Landwirtschaft und Ernährung.

Noch im gleichen Jahr wurden der Präzisionswaagen-Hersteller Mettler Toledo und die Bauchemiefirma MBT verkauft. Die übrigen Industriedivisionen von Ciba wurden 1997 in der Ciba Spezialitätenchemie zusammengefasst und an der Börse kotiert. Der Grund dafür war die höhere Wertschöpfung des Pharmageschäfts.

Bereits im ersten Geschäftsjahr erzielte Novartis denn auch ein glänzendes Ergebnis. Der Reingewinn stieg um 43 Prozent auf 5,2 Milliarden Franken. Verantwortlich für den fulminanten Start waren auch die Synergieeffekte der Fusion.

Karrierekick für Daniel Vasella

Als Folge der Fusion trat Sandoz-Konzernchef Marc Moret zurück und überliess Daniel Vasella die operative Führung bei Novartis. Der damals 43-jährige Arzt Vasella, der zuvor erst acht Jahre in Sandoz-Diensten stand, war mit einer Nichte Morets verheiratet.

Quereinsteiger Vasella wurde in den folgenden Jahren als bestverdienender Manager der Schweiz auch ihr meist verhasster. Massiv in der Kritik stand Vasella auch wegen seines Doppelmandats als Konzernchef und Verwaltungsratspräsident von Novartis ab April 1999 bis 2010.

Ein letztes Mal schweizweit verbalen Attacken ausgesetzt war Vasella, als er im Februar 2013 beim Rücktritt als Verwaltungsratspräsident sich eine exorbitante Abgangsentschädigung von 72 Millionen Franken zusprechen liess. Vasella verzichtete schliesslich auf den Millionenbetrag. Die hitzige Diskussion um die Entschädigung war mitverantwortlich für das Ja des Schweizer Stimmvolks zur «Abzocker-Initiative» im März 2013.

Kartellkommission waren Hände gebunden

Die Fusion von Sandoz und Ciba ging - mit Ausnahme des Bedauerns über den Abbau von Tausenden von Arbeitsplätzen - ohne Nebengeräusche über die Bühne.

Keine Handhabe gegen die Fusion vorzugehen hatte damals die Eidgenössische Kartellkommission. Das revidierte und wesentlich strengere Kartellgesetz, das eine Fusionskontrolle mit Meldepflicht vorsieht, trat erst knapp vier Monate später in Kraft. Die Europäische Kommission gab im Juli unter Auflagen grünes Licht für die Fusion.

Für Sandoz und Ciba ging mit der Fusion eine 110- beziehungsweise 112-jährige Firmengeschichte zu Ende.