Natürlich ist Corona für Adecco eine Katastrophe. Im März ein Umsatzrückgang von 19 Prozent. Im April nochmal 40 Prozent. Die Zahlen sind, auch wegen eines Abschreibers in Deutschland, tiefrot. Und natürlich treffen weltweite Lockdowns den Personalvermittler mitten ins Herz. Wenn Mitarbeiter zuhause bleiben müssen, wird es für das Stellenkarussell Adecco schwierig.

Am (heutigen) Mittwoch überraschte der Stellenvermittler auch noch mit der Berufung von Monica Dell’Anna als neue Schweiz-Chefin. Nach 15 Jahren im Amt will sich die bisherige Amtsträgerin Nicole Burth einer neuen Herausforderung stellen «im Sinne eines Up- and Reskillings», wie es im schönsten Personalvermittlerdeutsch heisst. Also Land unter im Reich von CEO Alain Dehaze?

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Monica Dell'Anna Adecco

Neue Adecco Schweiz-Chefin: Monica Dell`Anna

Quelle: Asut – Screenshot Youtube

Ich denke nicht. Die Personalie Burth darf man nicht überbewerten. Die Schweiz ist im Adecco-Kosmos eine vernachlässigbare Grösse und nicht mal eine eigene Einheit. Bei Experten und Analysten sorgt der gestern ebenfalls verkündete Abgang von Federico Vione, bisher Chef für Nordamerika und Grossbritannien, für viel mehr Verunsicherung.

Die Märkte, die er betreut sind entscheidend, in 22 Jahren beim Unternehmen erarbeitete er sich einen glänzenden Ruf. Der simple Grund für seinen Abgang dürfte aber sein, dass er selber CEO werden will. Und Alain Dehaze wird seinen Sessel bei Adecco so schnell nicht räumen. 

Drei Gründe stimmen optimistisch

Und warum auch: Ich bin aus drei Gründen optimistisch, dass der Personalvermittler die Lockdowns besser übersteht als viele erwarten:

Erstens: Adecco geht gut vorbereitet in die Krise. Alain Dehaze hat sein Spar- und Effizienzprogramm mit dem klingenden Titel «Grow Together», das er seit seinem Amtsantritt vor fünf Jahren mal mehr, mal weniger umsetzt, 2019 in vielen Bereichen durchgezogen. Digitalisierungsprojekte, die zwar auch Konkurrenten wie Randstad angetrieben haben, zeigen erste Früchte. Der Dienstleister funktioniert heute einwandfrei digital.

Frankreich leidet - doch Adecco ist dort stark

Zweitens: Ja es stimmt: Die Situation in Frankreich, einem wichtigen Markt für Adecco, ist aufgrund des harten Lockdowns eine Katastrophe. Aber Adecco kann dort kaum Marktanteile verlieren, da sich der Markt der Personalvermittler zwischen drei Playern aufteilt. Das dortige Personalvermittler-Oligopol kann die Krise durchstehen, da es keine Konkurrenz gibt.

Drittens: Die kleineren, digital schlagkräftigen Personalvermittler, die teils mit unglaublich tiefen Preisen für ihre Dienstleistung werben, werden vom Corona-Schock viel härter getroffen als eine Firma wie Adecco. Der finanzielle Schnauf dieser Akteure ist sehr begrenzt. In umkämpften Märkten wie den USA (Adecco Marktanteil gut 4 Prozent) könnte es zu einer Marktbereinigung kommen. Und Adecco profitiert, indem es die halbtote Konkurrenz schluckt oder vom Markt verdrängt.

Die Grossen gewinnen

Der Markt der Personalvermittler könnte also im Zuge der Corona-Krise eine «Re-Traditionalisierung» erfahren. Die Grossen gewinnen, die Kleinen, vielleicht Innovativeren und vor allem Billigeren werden vom Markt gefegt. Ein Gewinn für Adecco, das den Preiswettlauf nach unten nie mitgemacht hat.

Alain Dehaze hat also wenig Grund in Panik zu geraten.

Stefan Mair
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