Gross waren die Erwartungen gewesen vor dem Investor Day der Credit Suisse in London vom 12. Dezember. Schliesslich hatte die Bank an ähnlichen Anlässen schon für Furore gesorgt, etwa 2015, als sie verkündete, sie wolle ihre Schweizer Einheit in einem IPO teilweise an die Börse bringen. Auch wenn die Idee von Beginn weg angezweifelt und später auch wieder abgesagt wurde, so war es wenigstens eine Idee. Nun aber: simple Lösungen von der Stange.

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Das Management unter CEO Tidjane Thiam behilft sich mit einer Massnahme, die als betriebswirtschaftliche Binsenweisheit gilt: Willst du den Kurs nach oben heben, kauf eigene Aktien zurück. Aus der gleichen Schublade stammt auch die angekündigte Dividendenerhöhung. Diese erhöht ebenfalls automatisch die Attraktivität der Aktien, weil sie dem Aktionär eine Art höhere Verzinsung seines Investments verspricht.

«Alter Wein in neuen Schläuchen»

Nachteil: Das alles kostet Geld. Viel Geld. Rund vier Milliarden Franken sollen so in den nächsten zwei Jahren an die Aktionäre zurückgegeben werden. Geld, das man auch hätte verwenden können, um die Bank mit Wachstumsinitiativen auf Vordermann zu bringen. Das Ganze ist zudem ein Hin und Her: Erst 2017 holte sich die CS noch frisches Kapital. Dem Management fehlt es an neuen Ideen. «Alter Wein in neuen Schläuchen», kommentierten Analysten der Bank Julius Bär. Doch das ist nur das eine. CEO Thiam sei weit weniger frei in seinem Wirken, als er es gerne hätte, heisst es aus dem Innern der Bank. Sein Problem: Er muss in einem schwierig auszutarierenden System die unterschiedlichsten Interessen berücksichtigen.

Die wichtigste Frage dabei: Wer soll das Geld bekommen, das in der Kasse landet? Der Besitzer, also die Aktionäre? Die Firma selber, um sich mit Investitionen zu stärken? Die Belegschaft, um sie zu belohnen und an die Bank zu binden?

«Weihnachtsgeschenk für die Aktionäre»

Die vier Milliarden, die nun an die Aktionäre fliessen sollen, zeigen eines: Das Management gewichtet die grosszügige Bedienung der Anteilseigner sehr hoch. «Weihnachtsgeschenk für die Aktionäre», kommentierte das Branchenportal Finews stellvertretend für viele Beobachter. Bei der CS besonders problematisch: Eine kleine Gruppe Anteilseigner bestimmt das Aktionariat.

Die Grossaktionäre Olayan unter Khaled Olayan (oben) sowie die Katarer, vertreten durch Jassim Al Thani (ganz oben r.), bekamen 9,5 Prozent Zinsen für ihre Gelder. Harris Associates unter David Herro (r.) pfuschte dem Management ins Handwerk und schoss das geplante IPO ab. Value-Investoren wie die von Stephen Butt (ganz oben l.) gegründete Silchester bauen stark auf Dividendenpapiere.

Die Grossaktionäre Olayan unter Khaled Olayan (unten l.) sowie die Katarer, vertreten durch Jassim Al Thani (oben r.), bekamen 9,5 Prozent Zinsen für ihre Gelder. Harris Associates unter David Herro (unten r.) pfuschte dem Management ins Handwerk und schoss das geplante IPO ab. Value-Investoren wie die von Stephen Butt (oben l.) gegründete Silchester bauen stark auf Dividendenpapiere.

Quelle: SOLO Syndication / Bloomberg

Da sind zunächst die grossen Investoren aus dem Mittleren Osten, der Staatsfonds von Katar, mit 5,2 Prozent der grösste Aktionär der Bank, sowie die saudiarabische Olayan Group, die 4,9 Prozent hält. Zum Topgrüppchen gehören auch die amerikanische Investmentgesellschaft Harris Associates mit 5,2 Prozent sowie der Staatsfonds von Norwegen mit 5,0 Prozent. Neu in der Gruppe der Investoren über der Meldeschwelle ist seit dem 7. Dezember die britische Investmentgesellschaft Silchester mit 3,0 Prozent.

Verhätschelte Aktionäre

Nun geht es darum, nach den Kurseinbussen – seit Thiams Antritt um über 50 Prozent – Gegensteuer zu geben und den Aktionären Gutes zu tun. Das hat bei der CS Tradition. Das wohl eindrücklichste Beispiel dafür sind die Rekordzinsen, mit denen die Bank ihre arabischen Grossaktionäre bediente, als Gegenleistung dafür, dass sie der Bank in der Finanzkrise 2008 mit einer Kapitalspritze unter die Arme griffen. Für die rund sechs Milliarden, die gesprochen wurden, zahlte die CS bis zu 9,5 Prozent Zins. Und dies zehn Jahre lang, wodurch insgesamt 5,8 Milliarden an die Araber flossen – allein an Zinsen ging also fast so viel zurück wie das damals gesprochene Geld. Erst diesen Oktober liefen die Verträge aus, und die teuren Wandelanleihen konnten abgelöst werden.

Auch mit dem Grossaktionär aus Norwegen wurden Geschäfte gemacht. So verkaufte die kapitalknappe CS 2012 ihr Verwaltungsgebäude Uetlihof in Zürich für eine Milliarde Franken an den norwegischen Staatsfonds. Gerne setzen einzelne Grossaktionäre auch in Fragen, die dem Management obliegen, die Agenda: Die öffentliche Kritik, die Harris-Obmann David Herro Anfang 2017 zu den IPO-Plänen Thiams äusserte, war der Startschuss für die Beerdigung des Projekts.

Dazu kommt eine grosszügige Bedienung mit Dividenden – selbst zu Zeiten, als sich die CS solche gar nicht leisten konnte. Wenn das Geld in der Kasse fehlte, zahlte die Bank die Dividende einfach in Aktien. Die Anteilseigner wurden also im Grunde mit ihrer eigenen Währung bezahlt. Derlei ist nun nicht geplant: Die angekündigten Dividenden werden bar ausbezahlt.

Doch wie Thiam generell zur Ankündigung einer zukünftigen Dividendenerhöhung steht, ist umstritten. Firmenkenner vermuten, der jetzt beschlossene Plan zur Erhöhung um mindestens fünf Prozent ab 2019 sei weniger der Überzeugung Thiams als vielmehr den Erwartungen der Grossaktionäre entsprungen. Auffallend ist, dass sich der CEO noch vor wenigen Monaten gar nicht begeistert vom Instrument gezeigt hat. Auf die Frage der «Finanz und Wirtschaft», in welcher Form der Gewinn an die Aktionäre ausbezahlt werden solle, antwortete Thiam, er bevorzuge Aktienrückkäufe: «Dividenden hingegen schränken den Handlungsspielraum ein, weil sich viele Unternehmen damit schwertun, sie zu reduzieren, wenn einmal ein angestrebtes Ausschüttungsniveau erreicht wurde. Letztlich liegt der Entscheid aber beim Verwaltungsrat.»

Erwartungen geschürt

Gut möglich, dass sich hier eine Konfliktlinie aufgetan hat: Der Verwaltungsrat unter Präsident Urs Rohner, zu dessen Aufgabe es gehört, den Aktionären den Puls zu fühlen, soll dem CEO die Signale der grossen Anteilseigner überbracht und ihm die damit verbundenen Konsequenzen aufgezeigt haben.

Marktanteil gehalten

Ende 2016 stellte sich die CS neu auf und legte das Schweizer Investment Banking mit dem Corporate Banking zusammen. Gewagt, schliesslich hatte das System gut funktioniert: Die CS war der unbestrittene Branchenführer in der Schweiz. Die Bank dazu gemacht hatte der langjährige Chef der Einheit, Branchenurgestein Marco Illy. Der machte intern kein Geheimnis daraus, dass er die Zusammenlegung für falsch hielt: Das bisher unabhängige Investment Banking werde geschwächt. Im Frühling 2018 verliess Illy die CS, um beim Konkurrenten UBS anzuheuern. Unter anderem weil er in der Zwischenzeit unerlaubterweise einen bisherigen CS-Kunden an die UBS vermittelte, wurde daraus dann doch nichts. Für die CS übernahm der Deutsche Jens Haas die Leitung der Investmentbank Schweiz.

Nun zeigt sich: Die Bank hat den Umbau und auch den Abgang von Illy gut verkraftet – die CS ist nach wie vor Marktführer. Die Zusammenführung der Bereiche sei bei den Kunden gut angekommen, sagt Haas. Vorher sei es mitunter vorgekommen, dass innert kurzer Zeit Vertreter beider Geschäftsbereiche den Kunden gesehen hätten. Nun seien die Entscheidungswege kürzer. Zeichen der Zeit sei wohl auch, dass heute weniger die Einzelperson als vielmehr ein eingespieltes Team entscheidend sei. Auch darum, weil die Transaktionen immer komplexer würden: «Investment Banking ist längst ein Teamsport», betont Haas. Wichtig sei eine starke Marke. Mit den lokal verankerten Teams, der grossen Nähe zu den Entscheidungsträgern sowie dem globalen Netzwerk der Bank könne die CS nach wie vor trumpfen.

Anfragen der BILANZ bei einzelnen Grossaktionären zur Haltung bezüglich der am Investor Day beschlossenen Massnahmen wurden von diesen nicht kommentiert oder nicht beantwortet. Die CS selber gibt dazu generell an, die Bank habe bereits nach der zweiten Kapitalerhöhung 2017 den Investoren signalisiert, dass man voraussichtlich nach Abschluss der Restrukturierung Kapital zurückführen werde. Diese Absicht habe man auch am Investorentag 2017 bekräftigt. «Mit der Ankündigung einer höheren Dividende und eines Aktienrückkaufprogrammes im Umfang von zwei bis drei Milliarden setzen wir dies jetzt um», so Adam Gishen, Head Investor Relations & Corporate Communications.

Kommt hinzu: Thiam hat mit dem Umbau der Bank selber dafür gesorgt, dass Dividenden für die Investoren in Zukunft wichtiger werden dürften. Denn mit dem Rückbau des Investment Bankings hat er die Bank zwar stabiler gemacht, dem CS-Papier aber gleichzeitig den Status eines Growth-Titels genommen, den das zwar volatile, aber in guten Zeiten auch sehr profitable Investment Banking der Bank gab. Bei einem Value-Titel aber sind Dividenden für die Beurteilung des Papiers ein bestimmender Faktor. Dass die CS heute vermehrt so wahrgenommen wird, zeigt auch der Einstieg von Silchester. Die vom Briten Stephen Butt gegründete Gesellschaft gilt als Value-Investor alter Schule.

Alles ist im Umbruch – nur der Bonuspool bleibt erstaunlich stabil.

Auch die zweite Interessengruppe wird weiter fürstlich bedient – die Kadermitarbeiter und das Management. Bei einer Bank kann alles im Umbruch sein, eines bleibt erstaunlicherweise stets stabil: der Bonuspool. Die im Frühling publizierten Zahlen zeigten gar einen leichten Anstieg um rund drei Prozent auf über drei Milliarden Franken.

Auch die Führung bedient sich grosszügig. Als im Frühling 2017 laut wurde, dass die Saläre der Konzernleitung trotz eines Milliardenverlusts erhöht werden sollten, schlug der Bank eine Welle des Protests entgegen. Präsident Rohner krebste zurück, sprach nochmals mit Thiam und verkündete dann, das Management habe sich für eine «freiwillige Reduktion» der Bezüge um 40 Prozent entschieden. Da für 2018 zum ersten Mal seit Thiams Amtsantritt kein Verlustjahr prognostiziert wird, dürfte kommenden Frühling wohl wieder mehr verteilt werden.

Nach der Verteilung an verschiedene Interessengruppen bleibt nicht mehr viel in der Kasse, um Thiam grosse Investitionspläne zu ermöglichen. Immerhin: Rund 20 Prozent des Nettoeinkommens der Gruppe sollten für Investments reserviert bleiben, wie CS-Sprecher Gishen betont, vor allem fürs Wealth Management in allen Regionen und den Bereich Investment Banking & Capital Markets. Im Fokus stehe dabei die Förderung kleiner und mittelgrosser Initiativen.

Laut Quellen aus dem Umfeld des Consultingunternehmens McKinsey, das die CS seit Jahren berät und Thiam unter anderem bei der Ausformulierung der generellen Strategie 2015 half, hat ein solches Konzept sogar einen Namen: «Granular Growth». Dieses Konzept wurde vor rund zehn Jahren von führenden Repräsentanten von McKinsey formuliert und basiert auf der vor allem in reifen Branchen wie der Telekom-Industrie gewonnenen Erkenntnis, dass ein Geschäft oft stärker durch viele kleine zusätzliche Umsatzfelder als durch eine grosse Initiative vorangebracht werden kann.

Thiam gilt als abgeschotteter Manager

Granular Growth braucht allerdings ein durchlässiges Management, damit die Ideen von unten nach oben durchdringen können. Zwei Sachen helfen da kaum. Erstens gilt Thiam als abgeschotteter Manager, der eine Gruppe von engen Vertrauten wie seinen COO Pierre-Olivier Bouée um sich geschart hat, die den Zugang zu ihm filtern. Zudem gilt er, der nach seiner Zeit bei McKinsey lange in der Versicherungsbranche wirkte, nicht als Banker. Vorgänger Brady Dougan sagte man nach, er kenne im Unternehmen jede Schraube.

So müssen die granularen Ideen bei der CS vor allem von marktnahen Bankern im Gremium eingebracht werden. Gewisse Teile der Bank laufen denn auch recht gut. Etwa die Schweizer Universalbank unter Thomas Gottstein, die einen Grossteil zum Gruppengewinn beiträgt, oder das wachsende internationale Wealth Management unter Iqbal Khan.

Iqbal Khan

Iqbal Khan, im Herbst 2015 mit erst 39 Jahren von CEO Tidjane Thiam zum Chef der Internationalen Vermögensverwaltung erhoben, gilt als aufsteigender Stern bei der Credit Suisse. Sein Bereich glänzt mit hervorragenden Zahlen. Der Schweizer pakistanischer Abstammung ist gelernter Buchprüfer und stand lange in Diensten des Beratungsunternehmens Ernst & Young. Im Alter von zwölf Jahren kam er in die Schweiz, aus der Millionenstadt Karachi ins ländliche Dübendorf. Sein Vater ist Pakistaner und war in Karachi ein angesehener Kaufmann, seine Mutter ist Schweizerin aus Rohrbach, Bern. Mit knapp 15 Jahren bewarb sich Khan als KV-Lehrling bei der Treuhandfirma Revor in Dübendorf. Gezielt ergänzte er seine Ausbildung und liess sich zum Treuhänder ausbilden, 1999 schloss er mit dem eidgenössischen Diplom ab. 2002 folgte der nächste Schritt: diplomierter Wirtschaftsprüfer, 2004 zertifizierter Finanzanalyst. Erst 2012 holte er mit dem Advanced Master of International Business Law (LLM) in Zürich auch universitäre Weihen nach. Da stand er aber längst in beruflichen Diensten bei Ernst & Young, wo er 2001 eingestiegen war und rasant Karriere gemacht hatte.

Iqbal Khan
Quelle: Reportair

Die Frage aber ist, ob es nebst dem kleinzelligen Wachstum nicht einen Quantensprung braucht, um die Bank voranzubringen – etwa durch eine Übernahme.

So hat der CS-Verwaltungsrat eine Übernahme des Konkurrenten Julius Bär geprüft, wie Eingeweihte berichten. Einer der Gründe, die gegen einen Deal sprechen, ist die Befürchtung, dass viele Bär-Kunden dann abspringen würden, weil sie bisher ganz bewusst nicht bei einer Grossbank sind. Immerhin wäre Bär heute billig, ist der Kurs 2018 doch sogar noch stärker gesunken als jener der CS. Zudem hat Bär mit Daniel Sauter einen Mann im Präsidium, der als Dealmaker gilt.

Vorsichtiger Rohner

Auf der anderen Seite steht mit Urs Rohner aber einer, dessen wichtigste Handelsmaxime in seinen bisherigen sieben Jahren auf dem Präsidentensessel die Vorsicht war. Dass er seine 2021 auslaufende Amtszeit noch mit einer umstrittenen Transaktion belasten werde, halten Bankkenner für unwahrscheinlich.

Dabei gehört Mut wohl auch zu einer erfolgreichen Restrukturierung, wie Beispiele aus der Branche zeigen (siehe Kasten unten). Die US-Bank Morgan Stanley etwa hat sich mit dem Kauf von Smith Barney bewusst breiter aufgestellt. Die 16 000 Broker, die dazugekommen sind, erwirtschaften heute mehr Ertrag als die Trader und Banker, die die Bank lange prägten. Die britische Lloyds wiederum hat sich strikt aufs Inlandgeschäft fokussiert.

Ausländer zeigen: Erfolg braucht Mut

Fragt man in der Branche nach erfolgreichen Beispielen für eine Bankensanierung, so fallen meist zwei Namen: Morgan Stanley und Lloyds. Dabei haben die US-amerikanische und die britische Bank sehr unterschiedliche Konzepte für ihren Umbau gewählt. Beiden gemein ist der Mut zu radikalen Lösungen.

James Gorman, seit 2010 CEO von Morgan Stanley, hat noch in seiner Zeit als Chef der Vermögensverwaltung den Kauf von Smith Barney gepusht und damit das grösste Retail-Brokerage-Haus in den USA geschaffen. Das sorgte nicht nur für einen Kulturwandel in der von Investment Bankern geprägten Bank, es sorgte auch für gute und verlässliche Einnahmen: Die 16 000 übers ganze Land verteilten Broker sorgen für mehr Ertrag als die lange dominierenden Trader. In der Finanzkrise auf einen Wert von 7 Milliarden Dollar abgesunken, ist die Bank heute wieder 70 Milliarden wert.

António Horta-Osório, seit 2011 CEO der Lloyds Banking Group, ging den gegenteiligen Weg: statt Ausbau strikte Fokussierung. Sein Plan: die verzettelte Bank zu einem auf Grossbritannien konzentrierten Powerhaus zu machen. Er schloss Abteilungen in 24 Ländern, baute unzählige Niederlassungen und Tausende Jobs ab und investierte dafür in die digitale Infrastruktur. Der Staat, der die Bank in der Krise mit 20 Milliarden Pfund retten musste, konnte 2017 seine letzten Aktien abstossen – mit einem Gewinn von 894 Millionen Pfund.

António Horta-Osório, CEO von Lloyds, und James Gorman, Chef von Morgan Stanle

Tief greifender Wandel: António Horta-Osório, CEO von Lloyds, und James Gorman, Chef von Morgan Stanley, bauten radikal um – mit Erfolg.

Quelle: Bloomberg

Die CS hat ihr Gesicht zwar verändert, aber wenig radikal. Noch immer ist im Investment Banking, im Bereich Global Markets, fast gleich viel Kapital gebunden wie in der Schweizer Einheit. Der Unterschied: Die Sparte Global Markets macht Verlust, für die Schweizer Universalbank dagegen wird per Ende 2018 ein Vorsteuerergebnis von über zwei Milliarden Franken erwartet.

Zeichen des Misstrauens

Dabei machen andere Banken auch mit dem Investment Banking wieder schöne Gewinne. So verdienten die grossen US-Banken in einem Quartal so viel wie die Credit Suisse in einem ganzen Jahr. Durch die Zurückstutzung hat die CS auch lange sprudelnde Ertragsfelder verloren. Auch viel Know-how ist abgewandert, weil sich viele Investment Banker unter Thiam nicht mehr gleich geschätzt fühlten wie unter Dougan, der selber aus diesem Bereich stammte. Geblieben ist die Angst des Marktes vor der Händlermentalität, welche die CS lange geprägt hat und der Bank jene Milliardenabschreiber einbrachte, an denen Thiam zu beissen hatte.

Noch immer ist der Markt nicht bereit, die Bank mit einem Upside als reinen Wealth Manager zu belohnen. Das Verhältnis vom Preis zum Buchwert der Firma ist mit 0,65 sehr tief. Das ist auch darum gefährlich, weil die CS damit zum Objekt einer Attacke werden könnte. Immer wieder gibt es in der Branche Gerüchte, französische Banken seien an einer Übernahme interessiert.

Das tiefe Price-to-Book ist jedenfalls ein Zeichen des Misstrauens an die Adresse von Tidjane Thiam. Das Kostensparen ohne Wachstum verpufft, das zeigt eine wichtige Kennzahl: Das Kosten-Einkommen-Verhältnis der Credit Suisse hat sich trotz Kostensenkungen in Milliardenhöhe zuletzt wieder verschlechtert, weil die Einnahmen erodiert sind. Ein Signal, das unmissverständlich vor Augen führt: Mit Abbau allein ist das Spiel auf die Länge nicht zu gewinnen.

Dieser Artikel erschien in der Januar-Ausgabe 01/2019 der BILANZ.

Erik Nolmans
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