Bei der Post ist Feuer im Dach – und bei Quickmail erst recht. Denn die Wettbewerbskommission (Weko) verbietet, dass der Staatsbetrieb die kleine Konkurrentin übernimmt, wie die Weko heute Freitagmorgen mitgeteilt hat. Damit gefährde die Aufsichtskommission 3000 Arbeitsplätze, schreibt Quickmail in einer Mitteilung. Der Verkauf an die Post sei die einzige tragfähige Option gewesen.

Ob das so ist, sei dahingestellt. So verweist die Weko auf die Tatsache, dass neben der Post eine zweite Firma ein Übernahmeangebot für Quickmail gemacht habe. Der Verkauf an diese hätte den Wettbewerb aufrechterhalten, wogegen dieser durch den Verkauf an die dominante Post zum Erliegen gekommen wäre, so die Erklärung der Wettbewerbshüter. Vermutlich bot die Post schlicht den besseren Preis.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Stimmt das mit dem Gegenangebot, konnte die Weko gar nicht anderes entscheiden, als sie es tat. Ihre Aufgabe ist, dafür zu sorgen, dass keine Fusionen und Übernahmen zustande kommen, welche die Marktmacht von bereits mächtigen Unternehmen zementieren. Und das wäre hier zweifelsohne der Fall gewesen.

Die Konstellation ist speziell: Quickmail ist heute der einzige ernsthafte Konkurrent der Post im Bereich der Briefzustellung – anders etwa als bei den Paketen, wo mit Firmen wie UPS und Fedex mächtige Konkurrenten mitmischen. Das Unternehmen startete, als der Postmarkt teilliberalisiert und es privaten Anbietern erlaubt wurde, Briefe zu befördern, die schwerer sind als fünfzig Gramm. Unter dieser Grenze – und damit bei fast allen Briefen – hält die Post weiterhin ein Monopol. Es zeigte sich, dass die Pläne von Quickmail nicht aufgingen. Oder wohl nicht aufgehen konnten.

«Einmal mehr ist hier eine halbbatzige Marktöffnung der Grund für die Misere.»

Schuld daran ist weder ein Managementversagen bei Quickmail noch das Verhalten des gelben Staatskonzerns. Man kann es nicht anders sagen: Einmal mehr ist hier eine halbbatzige Marktöffnung der Grund für die Misere. So, wie der Postmarkt heute ausgestaltet ist, kann es wohl schlicht keinen Wettbewerb bei der Briefpost geben. Der Markt für Briefe mit mehr als fünfzig Gramm ist schlicht zu klein.

Ja, Quickmail hat sich verspekuliert. 2009 gegründet, hoffte das Unternehmen darauf, dass irgendwann in einem zweiten Schritt auch die Fünfzig-Gramm-Grenze fallen und es zu einer wirklichen Liberalisierung des ganzen Briefmarktes kommen würde. Doch das passierte nicht. Quickmail steckte in der kleinen Nische fest.

Man fühlt sich an andere Märkte erinnert, in denen die Politikerinnen und Politiker in Bern auf halbem Weg den Mut verloren: etwa an den Strommarkt, wo bei grossen Firmenkunden der Markt geöffnet wurde, während Kleinkunden weiterhin an regionale Monopolisten gebunden sind. Die halbe Öffnung verzerrt nicht nur den Markt, sondern behindert auch die Integration in den europäischen Strommarkt. Beim Strom wurde einst eine volle Marktliberalisierung in Aussicht gestellt. Doch wie bei den Briefen fand diese bis heute nicht statt.

Oder nehmen wir die Telekommunikation: Dort wurde der Markt zwar scheinbar komplett geöffnet. Doch nicht nur behielt die ehemalige Monopolistin Swisscom die Kontrolle über das wichtige Festnetz, auch wagte man es nicht, die Swisscom wirklich zu privatisieren. Bis heute hält der Staat die Stimmenmehrheit: Der Gesetzgeber reguliert damit einen Markt, in dem sein eigener Betrieb gegen private Konkurrenten antreten soll. Das kann nicht funktionieren. Sowohl im Mobilfunk als auch bei Festnetzdienstleistungen ist die Swisscom bis heute so dominant wie kaum ein Ex-Monopolist in vergleichbaren Ländern.

«Der Weko anzukreiden, dass sie gegen staatlichen Marktmissbrauch vorgeht, wäre die komplett falsche Reaktion.»

Und so ist es auch kein Zufall, dass einmal mehr ein Staatsbetrieb mit der Weko kollidiert. Die Swisscom kann von solchen Streitereien ein Liedlein singen, listen sich in ihrer Firmengeschichte doch zahlreiche Weko-Verfahren auf, die mit teilweise dreistelligen Millionenbussen endeten. Der Weko anzukreiden, dass sie gegen staatlichen Marktmissbrauch vorgeht, wäre die komplett falsche Reaktion. Man sollte sich vielmehr fragen, weshalb sich die Weko so oft mit staatlichen oder parastaatlichen Unternehmen befassen muss.

Mit Blick auf Quickmail lässt sich festhalten: Die vermeintliche Marktöffnung der Briefpost ist gescheitert. Wird dieser – eh schon schrumpfende – Markt nicht mutig reformiert, wird es nie einen funktionierenden Wettbewerb geben. Egal, ob die Weko den Quickmail-Verkauf an die Post zulässt, oder nicht.

Michael Heim Handelszeitung
Michael HeimMehr erfahren