Deutsche, Franzosen oder Italiener, die ihr Geld vor dem Fiskus in der Schweiz verstecken, sind seit Jahren im Visier der Behörden. Kaum Aufmerksamkeit erregten bisher Schweizer, die ihr Auslandsvermögen in der EU nicht deklarierten. Das ändert sich nun.

Die Zeit drängt für Schweizer Steuersünder. Seit Anfang Januar 2017 ist das Abkommen über den automatischen Informationsaustausch (AIA) der Schweiz mit der EU in Kraft. Wenn ein helvetisches Steueramt eine Meldung einer ausländischen Behörde erhält, ist eine straflose Selbstanzeige nicht mehr möglich.

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Deutsches Erbe

Aufgeschreckt hat die neue Regelung auch Peter A. (Name der Redaktion bekannt). Der Mittfünfziger lebt seit bald 25 Jahren im Kanton Zürich. Der gebürtige Deutsche hat inzwischen auch den Schweizer Pass, seine «finanziellen» Wurzeln hat er indes nicht ganz gekappt. Nach dem Tod der Eltern unterliess er es, sein Erbe in der Schweizer Steuererklärung anzugeben und parkte das Geld aus dem Verkauf des Elternhauses auf ein deutsches Bankkonto.

Auch Ruth T. musste handeln. Ihre deutschen Eltern eröffneten für die in der Schweiz lebenden Enkel Sparkonti in Deutschland. An Geburtstagen oder zu Weihnachten überwiesen sie Spargroschen auf diese höher verzinslichen und nicht deklarierten Konten.

Ruth T. verknüpfte daher den Weihnachtsbesuch bei den Eltern mit einem Abstecher in die ortsansässige Sparkasse. Sie löste die Konten der Kinder auf und nahm deren Barschaft in einem Umschlag über die Grenze in die Schweiz.

Auskunfts- statt Anmeldepflicht

Am Zoll anmelden musste sie das Geld nicht. In der Schweiz gibt es im Gegensatz zur EU keine Pflicht, Devisen zu deklarieren. Im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung besteht hingegen eine Auskunftspflicht, wie es bei der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) heisst.

Das bedeutet, dass Personen, die am Zoll ausdrücklich danach gefragt werden, ob sie Barmittel mitführen, Auskunft über die Höhe des Bargeldes geben und sich ausweisen müssen, wenn sie 10'000 Franken oder mehr mitführen.

Nicht alle Fragen müssen beantwortet werden

Die Zollbeamten können nach der Herkunft, dem Verwendungszweck und dem wirtschaftlich Berechtigten des Bargeldes fragen. Laut der EZV müssen diese Fragen aber nicht beantwortet werden, wenn sich Personen damit selber belasten. Dies ist der Fall, wenn es sich um Gelder handelt, die den Steuerbehörden entzogen werden sollen.

Besteht ein Verdacht auf Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung, können die Barmittel vom Zoll vorläufig beschlagnahmt und der Polizei übergeben werden. Wird bei der Kontrolle Bargeld von mindestens 10'000 Franken festgestellt, erfolgt so oder so ein Eintrag in eine Datenbank.

Um nicht in den Maschen des Grenzwachtkorps hängen zu bleiben, reiste Peter A. zusammen mit seiner Partnerin im Dezember gleich mehrfach über die deutsch-schweizerische Grenze. Vor den Reisen kündigte er bei seiner deutschen Bankfiliale fünfstellige Beträge. Peter A. wurde an der Grenze nicht kontrolliert und versteckt sein Geld weiterhin in einem Bankschliessfach vor den Schweizer Behörden.

Deutlich mehr Selbstanzeigen

Dennoch haben sich im vergangenen Jahr mit Blick auf den automatischen Informationsaustausch Tausende von Schweizer Steuersündern selbst angezeigt. Sie mussten zwar die nicht bezahlten Steuern nachzahlen, entgingen aber einer Busse.

Im Kanton Luzern verdoppelten sich nach offiziellen Angaben die Einnahmen aus neu deklarierten Geldern auf über 16 Millionen Franken. Eine einzelne Person musste dabei rund 4,5 Millionen Franken Nachsteuern bezahlen.

Im Kanton Zürich zeigten sich 2016 rund 2100 Personen selbst an - so viele wie noch nie seit der Einführung der straflosen Selbstanzeige 2010. Aus den erledigten Fällen resultierten für den Kanton und die Gemeinden 69 Millionen Franken an zusätzlichen Steuererträgen. In Luzern und Zürich registrierte man viele Selbstanzeigen mit ausländischen Liegenschaften, Konten und Depots.

Unterschiedliche Kommunikation

Deutsche Zollämter berichten immer wieder über ins Netz gegangene Bargeld-Schmuggler. Im Dezember hielten deutsche Zöllner etwa einen 62-jährigen Norddeutschen an. Nach einem Besuch in der Schweiz wollte er 80'000 Euro Bargeld in sein Shirt eingenäht nach Deutschland schmuggeln.

In der Schweiz sieht es anders aus. «Aufgriffe von Bargeld werden vom Schweizer Grenzwachkorps (GWK) in der Regel nicht kommuniziert», stellt David Marquis, Sprecher der Eidgenössischen Zollverwaltung, auf Anfrage klar. Entsprechende Fälle würden der zuständigen Kantonspolizei gemeldet.

In den vergangenen Jahren hat das GWK laut Marquis jeweils zwischen 200 und 300 Fälle von Bargeld-Schmuggel in die Schweiz festgestellt. Die Summe lag dabei im tiefen zweistelligen Millionenbereich. Für 2016 liegen noch keine Zahlen vor.

(sda/ccr)