In der vergangenen Nacht haben die USA ein Einreiseverbot für Reisende aus Europa beschlossen. Damit soll die Ausbreitung des Coronavirus gebremst werden. Es soll ab Freitag Mitternacht (Ortszeit) gelten. Kritik kam von der EU: Es sei einseitig und ohne Abstimmung mit den Europäern getroffen worden, erklären EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel.

Konkret betrifft es Nicht-Amerikaner aus EU-Ländern, Dauer: 30 Tage. Auch die Schweiz ist Teil des Verbots. Einreisen dürfen hingegen US-Bürger und Ausländer mit dauerhaftem Wohnsitz in den Vereinigten Staaten mit ihren engsten Familienmitgliedern.

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Swiss: USA ist wichtiger Markt

Die Folgen dieser Entscheidung sind immens, nicht nur für Europa, sondern auch für die USA und den Rest der Welt: «Die Reisebeschränkungen sind ein massiver Eingriff und zeigen, wie alarmiert das Weisse Haus ist», sagte Thomas Altmann, Portfoliomanager bei der Vermögensverwaltung QC Partners gegenüber der Nachrichtenagentur «Reuters».

Hinzu kommt: Die Konjunkturstützen, die Trump versprochen hat, führten zu keiner Beruhigung an den Finanzmärkten. Die Börsenkurse sanken am Donnerstagmorgen stark ab.

Besonders betroffen von der Entscheidung der US-Regierung sind Airlines wie die Swiss. Ohnehin schon stark unter Druck wegen Coronaängsten und den Blockaden etwa Richtung China oder Italien, trifft es nun auch noch den wichtigsten Markt der Lufthansa-Tochter.

Corona - auch der Flughafen Zürich kommt unter Druck

Wie reagiert der Flughafen Zürich auf die Corona-Krise? Flughafenchef Stephan Widrig nimmt  hier Stellung im Videointerview.

Schlimmer als nach dem 11. September

Max Oldorf vom Aviatik-Beratungsunternehmen ch-aviation in Chur sagt: «Mit der Einstellung des USA-Geschäfts sind jetzt die Kernmärkte der Swiss und der Lufthansa betroffen.»

Lufthansa sei der grösste Player im EuropaUSA Geschäft. Swiss liege auf Platz 8. Beide Airlines sind Teil der Star Alliance «welche mit Abstand die meisten Sitze zwischen Europa und Nordamerika anbietet». Ch-aviation hat analysiert, wie sich das Einreiseverbot konkret auf bestimmte europäische Länder und Airline-Kapazitäten auswirkt, mehr Infos hier.

Kommt jetzt eine Pleitewelle?

Nach Einschätzung von Oldorf hat das Einreiseverbot «schlimmere Auswirkungen als damals beim 11. September». Oldorf rechnet damit, dass es zu einer massiven Pleitewelle kommen wird, falls die Airlines nicht umgehend massive Sparprogramme einleiten und die Staatengemeinschaft Hilfsprogramme zur Verfügung stellt.

Es trifft aber nicht nur Lufthansa und Swiss hart: «Das Flugverbot für Europa wird ausländische Gesellschaften umhauen», sagt Mike Boyd, Branchenexperte der Boyd Group International gegenüber «Reuters». Nach Einschätzung von Daniel Röska, Analyst von Bernstein Research, wird das 3500 Flüge wöchentlich und bis zu 800'000 Passagiere betreffen.

Der Luftverkehr zwischen dem Schengen-Raum in Europa und den USA komme nun zum Erliegen. Am stärksten betroffen seien die Lufthansa sowie die US-Airlines Delta und United. British Airways leide weniger, weil das Einreiseverbot nicht über Grossbritannien verhängt ist.

Airline-Aktien im Tieflug

Die Lufthansa-Aktie verlor am Donnerstag im frühen Handel zwölf Prozent an Wert. Aktien der angeschlagenen norwegischen Fluggesellschaft Norwegian Air Shuttle waren mit einem Minus von 20 Prozent sogar noch stärker betroffen. Norwegian hatte zuletzt stark auf Billigflüge über den Atlantik gesetzt.

Auch US-Airlines sind extrem belastet. Die Chefin der US-Flugbegleiterorganisation CWA, Sarah Nelson, nannte den Schritt unverantwortlich. Das werde die Ausbreitung des Erregers nicht stoppen. «Das ist wenig sinnvoll, denn das Virus ist schon in den USA

Ruf nach staatlicher Hilfe

Wenn nun kaum noch Menschen in die USA reisen können, leidet natürlich auch der Tourismus in den USA. Der US-Reiseverband erklärt, im März vergangenen Jahres stammten 29 Prozent aller Reisenden und 3,4 Milliarden Dollar Umsatz aus Europa.

«Das wird die ohnehin schon starken Auswirkungen des Coronavirus auf die Reisebranche und die 15,7 Millionen Amerikaner, deren Arbeitsplätze vom Reisen abhängen, noch verschärfen», erklärte der Präsident des US-Reiseverbandes Roger Dow.

Kein Wunder, dass Forderungen nach staatlicher Unterstützung für Fluggesellschaften und Touristikunternehmen in den USA nun immer lauter werden.

(mit Reuters)

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Tim Höfinghoff
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