An welchen drei Problemen scheitern Startups am häufigsten?
Johann Schlieper, Präsident der Business Angels Schweiz (BAS): In der Regel spreche ich von 18 hauptsächlichen Gründen. Wenn ich mich auf drei beschränken muss, sind es diese: erstens, wenn kein genügend grosser und zahlungskräftiger Markt für die Geschäftsidee vorhanden ist. Zweitens, wenn das Startup ein Problem lösen will, das gar keines ist. Und drittens, wenn die Uneinigkeit unter den Gründerinnen und Gründern den Kurs des Unternehmens gefährdet.
Oft scheitern hoffnungsvolle Jungunternehmen an mangelnder Finanzierung. Warum gehört dieses Thema nicht in Ihre Top 3?
Ich nenne diesen Grund bewusst nicht, weil in der Schweiz in aller Regel genügend Geld vorhanden ist. Die Kunst ist es natürlich, an dieses Geld heranzukommen. Und es, wenn man es dann erhalten hat, nicht bloss als Spielgeld zu behandeln.
Von hundert Startups überleben achtzig die ersten drei Jahre nicht. Wann kommt es zur gefährlichsten Phase?
In der Schweiz gibt es ein ganz besonderes «Tal des Todes». Es öffnet sich meist dann, wenn ein Startup typischerweise eine Seed-Runde mit einer halben Million Franken Finanzierung geschafft und mit einer Brückenfinanzierung noch einmal 100'000 Franken erhalten hat. Dann kommen die Gründerinnen und Gründer an den Punkt, an dem eine nächste Runde mit 1 oder 2 Millionen Franken ansteht. Zu viel für die bisherigen Investoren, zu wenig für professionelle Wagniskapitalgeberinnen. Dort fallen viele Schweizer Startups in ein Loch.
Ein Loch, das es so in anderen Startup-Ländern nicht gibt?
Schweizer Startups sind oft zu bescheiden. In den USA beispielsweise schaut kein Investor hin, wenn das Ticket unter 10 Millionen liegt. Was dann aber auch zur Folge hat, dass dort manchmal Luftschlösser finanziert werden. In der Schweiz liegt das Augenmerk viel mehr auf der Substanz.
Bei Luckabox sieht man den Verlust des Fokus als hauptsächlichen Grund des Scheiterns. Wie wichtig ist die Konzentration auf ein einziges Geschäftsfeld?
Das ist sehr wichtig. Auf zwei Pferden reiten ist nie eine gute Idee. Genauso, wie es auch eine schlechte Idee ist, zu lange stur an einem Businessplan festzuhalten, der nicht aufgeht. Weil man dann zu spät merkt, dass man ein totes Pferd reiten will.
Was raten Sie Startup-Gründerinnen und -Gründern, wenn sie ihr Projekt in den Sand gesetzt haben?
Ganz einfach: Unbedingt noch einmal versuchen!
Wer scheitert, wurde in unseren Breitengraden – anders als etwa in den USA – lange Zeit als Versager gebrandmarkt. Hat sich das geändert?
Meiner Ansicht nach gilt das in der Schweiz so nicht mehr. Wer mit einer Idee gescheitert ist, hat etwas gelernt. Und macht den gleichen Fehler hoffentlich nicht noch einmal. Es sei denn, der Flop kam aufgrund betrügerischen Verhaltens gegenüber den Investoren zustande. Das mag niemand.