Liebe Leserin, lieber Leser

Im nationalen Boulevardblatt «Blick» schafften es beide Schlagzeilen auf eine einzige Doppelseite: Der Mann mit der Fliege ist wieder da, stand zur Linken, Swissair-Corti soll im Knast schmoren, zur Rechten. Geschichten, die das Wirtschaftsleben schrieb.

Martin Ebner, der Beinahe-Pleitier, ist wieder auf Firmenpirsch. In alter Frische, wie es scheint, aber sicher mit der alten Unverfrorenheit ist der Mann mit der Fliege wieder aktiv und nimmt Schweizer Unternehmen ins Visier. Das ist die schlechte Nachricht, nicht nur für den Rückversicherer Converium. Dort baute er zusammen mit weiteren Aktionärsgruppen eine zwanzigprozentige Beteiligung auf, und als er für sich den grossen Reibach sah, verkaufte er die Chose mit einem Schulterzucken an den französischen Konkurrenten Scor. Das Converium-Management informierte Ebner nur en passant und auch erst, als der Deal bereits über die Bühne war.

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So viel zum Stil dieses selbst ernannten aktiven Shareholders, der sich immer dann äusserst aktiv zu gebärden pflegt, wenn das seiner Kasse nützt. Mehr ist da auch nicht. Eine industrielle Logik hinter dem Deal mag erkennen, wer noch an Märchen glaubt. Ein Zwang zur Fusion mit den Franzosen besteht für Converium jedenfalls nicht. Der Schweizer Rückversicherer ist durchaus in der Lage, alleine zu überleben, und die Firma verfügt über ein stattliches Liquiditätspolster. Etwas anders ist die Situation bei den Franzosen: Diese sind eher klamm auf der Brust, und etwas Bares käme ihnen sehr zupass. Was liegt da näher, als sich bei Converium zu bedienen, zumal das Eintrittsticket von Ebner auf dem Silbertablett serviert wird? Das Resultat sind zwei Firmen, die sich die Hände reiben, und eine an sich gesunde Firma, die als Folge von Ebners Wirken wohl verscherbelt wird. Und die Kundschaft, meist Erstversicherer, kann kaum ein Interesse daran haben, dass neben den Branchengrössen Swiss Re und Münchener Rück immer weniger Alternativen im Markt bestehen.

Für einen wie Martin Ebner ist solches Business as usual. Wie ein roter Faden zieht sich das geldgetriebene Gebaren durch seine geschäftlichen Aktivitäten, und unter der Prämisse der ultimativen Gewinnmaximierung werden Unternehmen hin und her geschoben und ausgepresst, bis ihm auch der letzte Franken in die Hände fällt. Und die Opfer sind nach der ebnerschen Massage meist kaum wiederzuerkennen. Alusuisse verschwand im Rachen der Alcan, die «Winterthur» ist fast kollabiert und mittlerweile bei der Axa gelandet, und der ABB hat Martin Ebner um ein Haar das Lebenslicht ausgeblasen. Dass Ebner bei so viel Tatendrang nun wieder an sein bewährtes Geschäftsmodell anknüpft, ist zumindest in seinen Augen konsequent. Vergessen sind all die Banken, die sich bei seinem Fall Millionen ans Bein gestrichen, verdrängt all die Kleinsparer, die seinetwegen ihren Sparbatzen verloren haben.

Da könnte einer wie Mario Corti direkt neidisch werden. Nie hat der letzte Swissair-Chef Firmen gekauft, fusioniert, verhökert mit dem Ziel, möglichst viele Mäuse zu machen. Er hat in den achtzehn Monaten seines Wirkens im Verwaltungsrat nur versucht, eine Firma zu retten. Eine, die möglicherweise nicht mehr zu retten war. Nach dem Willen der Staatsanwaltschaft soll er dafür nun ins Gefängnis.