Liebe Leserin, lieber Leser

Zwei Medienkampagnen, die durch Indiskretionen ermöglicht wurden, haben sich nun in einer dramatischen Klimax entladen. Anfang Juli schrieb das Wirtschaftsblatt «Cash» über einen Geheimplan, nach dem Kuoni-Präsident Andreas Schmid angeblich am Management vorbei das Reiseunternehmen an die britische First Choice verkaufen wollte. Ende Juli recherchierte die «NZZ am Sonntag», dass Swissfirst-Chef Thomas Matter etliche Pensionskassen, allesamt Swissfirst-Aktionäre, zum Verkauf von Titeln überredet hatte, um diese Aktien der fusionswilligen Bank am Bellevue andienen zu können – ohne die Verkäufer über die Tragweite der Operation ins Bild zu setzen. Als nach der Fusionsankündigung die Swissfirst-Titel in die Höhe schnellten, sahen sich die Verkäufer um ihre Buchgewinne betrogen.

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In beiden Fällen hat sich der Pulverdampf etwas verzogen, und zwei der Protagonisten sind von den Ereignissen weggespült worden: Kuoni-Präsident Schmid ist zurückgetreten. Thomas Matter hat das Zepter bei Swissfirst abgeben müssen, und die Bank steht zum Verkauf. Grund genug, über mediale Kampagnen und Vorverurteilungen in der Presse zu lamentieren? Oder Grund zur Annahme, dass sich die schreibende Zunft auf die Schenkel zu klopfen hat?

Für Moralpredigten besteht kein Anlass und für Freudentänze schon gar nicht. Es gilt, Ursachenforschung zu betreiben und Lehren zu ziehen. Im Fall von Andreas Schmid – man mag von seinem Führungsstil halten, was man will – wurde der Kapitän durch eine Meuterei im Management von der Kommandobrücke gedrängt. Ein in der jüngeren Schweizer Wirtschaftsgeschichte einmaliger Vorgang. Nach gängiger Corporate Governance ist der VR, somit auch dessen Präsident, für die Strategie zuständig – und dies kann auch bedeuten, dass er ein Zusammengehen mit einer anderen Firma prüft. Dabei dürfen erste Kontakte durchaus diskret geknüpft werden; dass jedoch eine Fusion ohne Wissen des Managements zu vollziehen wäre, ist schlicht unmöglich. Wenn aus der Teppichetage Informationen nach aussen sickern, nützt dies in diesem Fall lediglich dem offenbar opponierenden Management. Indem der Kuoni-VR sich nun auf die Seite des Managements geschlagen hat, signalisiert er diesem Folgendes: Die Kontrolleure, nämlich der VR, lassen sich von den zu Kontrollierenden, dem Management, erpressen. Nicht gerade ein Vertrauensbonus für die Firma (siehe auch «Machtnetz»).

Swissfirst-Matter dagegen erwirkte sofort eine einstweilige Verfügung, als die «NZZ am Sonntag» die Namen der involvierten Pensionskassen veröffentlichen wollte, und tappte in die Falle: Solches lässt sich kaum vermeiden und ist bei einer börsenkotierten Firma auch von öffentlichem Interesse, zumal dann, wenn PK-Gelder involviert sind. Matter hätte den sicheren Weg wählen und eine gewöhnliche Kapitalerhöhung durchführen können. Er wollte seinen eigenen Anteil offensichtlich nicht verwässern und wählte den unkonventionellen Weg. Dass ihm sein eigenes Investment näher liegt als jenes seiner Mitaktionäre, ist sein gutes Recht. Vertrauensfördernd für eine börsenkotierte Bank ist dies nicht. Die Presse hat in diesem Fall das getan, was ihr Metier ist: Sie hat recherchiert. Statt sich darüber zu beklagen, sollte Matter sich fragen, wieso sein VR-Präsident Martin Bisang während des medialen Gewitters einfach abgetaucht ist (siehe auch «Untergetaucht»).

In eigener Sache

Sie, liebe Leserin, lieber Leser, halten die erste Weiss-BILANZ in Ihren Händen, eine reguläre Ausgabe unseres Wirtschaftsmagazins, die zwei Besonderheiten aufweist: Das Cover ist blütenweiss gehalten und der Heftinhalt im Wesentlichen einem journalistischen Megathema gewidmet. Diesmal: «Die Schweiz: Was das Land zusammenhält». Ich wünsche Ihnen viel Spass bei der Lektüre.

PS: Die nächste Weiss-BILANZ erscheint im August 2007.