Die grösste Gefahr besteht gleich nach der Zeugung. Gemäss Schätzungen von Gynäkologen endet die Hälfte aller Schwangerschaften in einem Spontanabort. Haben wir das nötige Glück, kommt es zur Geburt. Hier beträgt das Sterbensrisiko in der Schweiz nur noch zwei Promille; doch wird es im gesamten nun folgenden Leben nie mehr so gross sein wie gerade jetzt.

Danach beginnen wir zu greifen, zu krabbeln, zu stolpern. Wir können Büroklammern verschlucken, an Fischgräten ersticken, vom Balkon herunterfallen, giftige Spritzmittel trinken, in Weihern ertrinken, von Lastwagen überfahren, von Hunden totgebissen, von Bienen totgestochen werden. Trotz diesen Unfallrisiken wird die Wahrscheinlichkeit zu sterben nie mehr so gering sein wie in der Altersgruppe zwischen 1 und 14 Jahren.

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Sobald wir erwachsen sind, reden wir dauernd von den Gefahren, die wir jedoch nicht überall erkennen. Wir haben Angst vorm Fliegen, obschon die Fahrt mit dem Taxi zum Flughafen riskanter ist. Ein Tram gilt als «sanftes» Verkehrsmittel, trotzdem kommt laut Statistik jeder zweite Fussgänger, der in der Stadt Zürich tödlich verunfallt, unters Tram. Der Staat kümmert sich um die Sicherheit am Arbeitsplatz; mehr als doppelt so viele Leute kommen beim Hobby und in der Freizeit um. Wir trinken gern Fruchtsaft wegen der vielen Vitamine, aber wir verätzen uns dabei die Zähne. Das Amalgam soll uns schaden, piercen jedoch lassen wir uns freiwillig, was Blutergüsse und Allergien verursachen kann, Zungenlähmungen, Entzündungen des Milchkanals (beim Brustwarzenpiercing) bis zur Hepatitis B. Wir räumen ganze Schulhäuser wegen Asbest – obschon die Netto-Gefahr dadurch sogar steigt: Die nächstbessere Schule mag asbestfrei sein, aber der längere Schulweg ist für die betroffenen Schüler heimtückischer.

Ob BSE, Listerien oder Gentech-Food: Die Liste der vermeintlichen Gefahren ist schier unendlich. Sehr schön aufgearbeitet ist all das unter dem Titel «Die Panik-Macher», einem vom deutschen Statistiker Walter Krämer mit dem Wissenschaftsjournalisten Gerald Mackenthun verfassten Buch. In Himbeeren zum Beispiel hat es so viele Chemikalien drin (unter anderen Cumarin, gefährlich für die Leber), dass diese Früchte, würden sie künstlich hergestellt, laut Lebensmittelgesetz verboten werden müssten.

Daneben gibt es vier wahre Killeraktivitäten: zu viel Alkoholtrinken, Rauchen, zu viel Essen, Autofahren. All das können wir beeinflussen, wenn wir wollen; und wenn wir uns zusätzlich auch noch viel und regelmässig bewegen, machen wir alles richtig – und leben gesund. Selbstverständlich werden wir deswegen einen Herzinfarkt oder einen bösartigen Tumor nie voll und ganz vermeiden können, aber wir reduzieren das Risiko, und zwar erheblich. Wir sterben zwar trotzdem, und je später wir es tun, umso grösser ist die Wahrscheinlichkeit, einer Herzschwäche oder dem Krebs zu erliegen.

Der Zeitpunkt des Todes allerdings hängt entscheidend vom Lebensstil ab. Darauf deutet auch eine neue Studie der sozial- und präventivmedizinischen Universitätsinstitute von Bern und Zürich: Volksschulabgänger haben im Alter von 30 Jahren eine um 7,1 Jahre geringere Lebenserwartung als Hochschulabgänger. Kommt das davon, dass die «armen» Leute «zu wenig» haben? Wohl kaum. Viel eher konsumieren manche von ihnen von manchem «zu viel».