Der Nutzen von Diversität zeigt sich in vielen Dimensionen. Eine der entscheidendsten dürfte aber nicht die Tatsache sein, dass diverse Teams eine bessere Performance liefern. Auch wenn diese Tatsache beeindruckend ist: Laut einer Studie des McKinsey Global Institute, in deren Rahmen 1000 Unternehmen in 15 Ländern untersucht wurden, haben Firmen mit hoher Gender-Diversität eine um 25 Prozent grössere Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich profitabel zu sein. Betrachtet man den Faktor der ethnischen Diversität, liegt dieser Wert sogar bei 36 Prozent.

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Mindestens so wichtig dürfte sein, dass in einem diversen Team die Chance deutlich höher ist, dass jemand einem Vorgesetzten widerspricht. Dass eine vorgefertigte Meinung gechallenged wird und dass nicht das passiert, was die grösste Gefahr ist für Giga-Egos auf Teppichetagen: den Kontakt zur Realität zu verlieren und selbstreferenziell zu werden. 

Dass eine erfolgreiche Führungskraft irgendwann ein starkes Selbstbewusstsein entwickelt, ist nicht zu vermeiden und sogar nötig. Nur eine Diversitätskultur in ihrem Team und im Unternehmen stellt aber sicher, dass die Führungsperson immer wieder mit dem konfrontiert wird, was die Realität ist: eine Welt, die meist vielfältiger ist als seine CEO-Kolleginnen und -Kollegen.

Diversity-Tools prüfen lassen

Um Diversität sicherzustellen, geht es bereits seit einiger Zeit erfreulicherweise nicht mehr darum, Gruppen wie Frauen zu «fixen» und sie in Strukturen zu pressen, die nicht ihren Bedürfnissen entsprechen. Heute setzen viele Firmen auf Algorithmen und KI-Analysen, die Diversity sicherstellen sollen – und so einen Bias etwa bei der Rekrutierung abbauen helfen.

Die Nachfrage steigt und die Anbieter auf diesem Feld werden immer mehr. Viele Versprechen von Diversity-Firmen klingen fast zu gut, um wahr zu sein. Wichtig ist deshalb, solche Diversity-Tools wissenschaftlich zu prüfen und von renommierten Institutionen validieren zu lassen. Ihr Einfluss ist zu weitreichend und erfolgt oftmals auch noch mit dem Anspruch auf absolute Wahrheit und Objektivität. Der kritische externe Blick von Expertinnen und Experten auf diese neuen Instrumente ist daher zwingend. 

Suche nach Bias

Allzu oft werden nämlich unbewusste Bias dort nur reproduziert, weil viele Konstrukte dieser Algorithmen eben nicht divers sind. Warum also nicht neue Algorithmen vor der Nutzung auf Diversitätsaspekte prüfen lassen. Abklopfen lassen auf blinde Flecken und unerwünschte Nebeneffekte. Auch bei einem Tool, das man sich erst seit kurzem in die Firma geholt hat.

Die Verhaltensökonomin Iris Bohnet, Professorin an Harvard-Universität, hat bereits mehrmals überzeugend für solch eine KI-Zulassungsstelle plädiert: Auch Medikamente würden nicht ohne tiefgreifende Analysen auf Menschen losgelassen. Algorithmen für mehr Diversity sollten genauso streng auf ihre Bias abgeklopft werden. Denn ihre Risiken und Nebenwirkungen liegen oft im Dunkeln, während ihre Ansprüche und Versprechen häufig wie ein Allheilmittel klingen. 

Stefan Mair
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