Das Schweizer E-Commerce-Startup Farmy landet einen Coup in Deutschland. Das Unternehmen, hierzulande vor allem bekannt als pfiffiger Online-Händler für Lebensmittel, exportiert dabei sein Digital-Wissen an Alnatura Deutschland. «Die Software, die wir für Farmy entwickelt haben, wollen wir künftig verstärkt auch externen Kunden zugänglich machen», sagt Farmy-Co-Chef Roman Hartmann.

Mit der Software ist ein kompletter digitaler Werkzeugkasten gemeint, inklusive Routenplanungs-Tool, Apps für das Kommissionieren und für das Ausliefern der Ware. Das komplette Frontend und Backend eben, das es für den Betrieb eines E-Commerce-Shops braucht. Händler, die selber noch nicht online aktiv sind, können diese Farmy-Tools direkt an ihre bestehenden IT-Lösungen anschliessen lassen und damit mit dem Online-Vertrieb loslegen.

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Mit dem Gewinn eines ersten Grosskunden im Ausland kommt der neue Geschäftszweig des Startups jetzt auf Touren.

«Ein Riesenschritt nach vorne»

Alnatura ist eine grosse Nummer in Deutschland. Mit seinen 143 Läden in 68 Städten setzte der Bio-Pionier 2021 über 1,1 Milliarden Euro um; ein Plus von 7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das Unternehmen, das in der Schweiz eine Partnerschaft mit der Migros pflegt, war im Heimmarkt nur sehr selektiv online aktiv. Zwar sind heute schon viele der Alnatura-Einzelmarken online erhältlich, sie werden aber bisher nur über externe Online-Partnerfirmen vertrieben.  

Mit dem Werkzeugkasten von Farmy steht nun auch der firmeneigene E-Commerce-Beginn an. Das 1984 gegründete Unternehmen Alnatura peilt den eigenen Online-Auftritt offenbar noch im ersten Halbjahr 2022 an, zunächst einmal in Berlin. Das Unternehmen wird seinen Digital-Handel dabei nach dem sogenannten Store-Picking-Verfahren aufziehen: Statt ein externes Lager zu bauen, werden die Bestellungen im Laden gepickt und gepackt.

Für Farmy-Co-Chef Roman Hartmann ist der Deal mit Alnatura «ein Riesenschritt nach vorne». Der E-Commerce-Profi sieht den Gewinn dieses renommierten Kunden als «erstklassige Referenz», um weitere Anbieter für die Dienste der Geschäftseinheit Farmy Solutions zu gewinnen. Mit Alnatura Deutschland sei eine langjährige Zusammenarbeit vereinbart worden.  

Farmy-Investor im Digital-Beirat von Alnatura

Förderlich beim Grosskundengewinn in Deutschland war für Farmy wohl auch eine Personalie, die bisher nicht einmal Insidern bekannt war. Ex-LeShop-Chef Dominique Locher, der auch Investor und Verwaltungsrat bei Farmy ist, amtet seit Anfang 2021 als «Aktiver Beirat Digital» bei Alnatura in Deutschland. Die Schweizer hatten und haben also einen Fürsprecher für ihre Dienste an zentraler Stelle beim deutschen Bio-Pionier.    

Locher trat diese neue Herausforderung praktisch nahtlos nach seinen knapp drei Jahren als aktiver Beirat bei der Edeka und dem erfolgreichen Verkauf der digitalen Tochter Bringmeister an die tschechische Investment-Gruppe Rockaway Capital an. Daneben ist Locher auch für den englischen Blitzlieferdienst Jiffy aktiv.  

Tibits wirtet am Hauptsitz von Alnatura

Mit der Rolle von Locher als aktiver Beirat Digital bei Alnatura ist es aber noch nicht genug der Swissness beim deutschen Bio-Pionier. Auf dem Alnatura-Campus in Darmstadt fungiert ein Ableger der Schweizer Tibits-Kette als öffentliches Restaurant und Kantine der Alnatura-Angestellten.

Ein Swissness-Effekt, den Alnatura-Gründer Götz Rehn der «Handelszeitung» 2019 so erklärte: «Weil ich den Schweizer Vegi-Pionier und Tibits-Teilhaber Rolf Hiltl schon lange kenne, traf ich durch ihn auch die Gebrüder Frei, die Tibits-Gründer. Ihr Konzept hat mich sofort angesprochen.»     

Andreas Güntert
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