Mit vielen Vorschusslorbeeren gestartet, wurde er nun von der  rauen Wirklichkeit eingeholt: Für Nestlé-Boss Mark Schneider steht die Bewährungsprobe noch aus, ob er dem weitverzweigten Markenreich tatsächlich neuen Schub verleihen kann. Das erste von ihm verantwortete Jahresergebnis für 2017 enttäuschte fast auf ganzer Linie: Organisches Wachstum schwach, Ergebnis schwächer, die Börse ohrfeigte Nestlé mit einem Kurssturz um gut zwei Prozent. 

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Schneider hat bislang ausser kleineren Akquisitionen, dem Verkauf des US-Süsswarengeschäfts und der Bestätigung der Strategiewende seiner Vorgänger Peter Brabeck und Paul Bulcke hin zu gesünderer Nahrung noch keine grossen Pflöcke eingeschlagen. Dass er auf die als Wachstumsplattform geplante Sparte Skin Health einen Goodwill-Abschreiber von 2,8 Milliarden Franken vornahm, lässt Brabeck und Bulcke, die Skin Health auf die Beine stellten, schlecht aussehen und wirkt wie eine Schuldzuweisung an die Vorgänger – ein Zeichen für beginnende Nervosität. 

Ein Grund dafür dürfte L’Oréal sein. Die stolzen Franzosen nervten sich immer über 23-Prozent-Grossaktionär Nestlé, doch bisher focht man allenfalls mit dem Florett. Nun packen beide Seiten schwerere Waffen aus. Mitte Februar liess L’Oréal-Vormann Jean-Paul Agon in mehreren Interviews alle Welt wissen, er würde Nestlés Anteil gern zurückholen – ein Affront gegen Schneider. Analysten sehen Agons Erklärung als Versuch der Annäherung an den Investor Daniel Loeb, der mit dem Fonds Third Point gut ein Prozent der Nestlé-Aktien hält und möchte, dass der Konzern den L’Oréal-Anteil «monetarisiert».

Kleinkrieg mit L’Oréal-Familie Bettencourt

Nestlé-Chef Schneider betonte zwar die «konstruktive Beziehung» zur L’Oréal-Aktionärsfamilie Bettencourt und sagte, Nestlé wolle den L’Oréal-Anteil nicht aufstocken. Aber zugleich erklärte er, dass Nestlé das im März ablaufende Abkommen mit den Bettencourts, das Nestlé eine Erhöhung der Beteiligung verbietet, nicht verlängern wolle – die Gangart wird also gehässiger.

Der Kleinkrieg kommt an der Börse nicht gut an: Seit Mitte Dezember hat die Nestlé-Aktie zwölf Prozent verloren, die Konkurrenten Unilever und Danone begrenzten ihre Kursverluste auf unter zehn Prozent.

Schneider muss jetzt liefern, sprich das Kerngeschäft mit klassischen Nahrungsmitteln flottmachen – und zeigen, was er in den von ihm definierten Wachstumsfeldern Kaffee, Wasser, Tierfutter und Babynahrung vorhat. Ansonsten dürfte die Aktie weiter südwärts tendieren.

Dirk Ruschmann
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