Vetements hat seit seiner Gründung vor knapp vier Jahren weltweit für Furore bei Hipstern und Fashionistas gesorgt. Zuletzt mit dem überraschenden Coup, das Hauptquartier von Paris nach Zürich umzusiedeln – eine Stadt, die eher für Banken als für ausgefallene Mode bekannt ist.

Der Umzug ins Zürcher Binzquartier habe nicht nur steuerliche Vorteile, liess der Firmengründer Guram Gvasalia im Frühjahr 2017 verlauten. Er habe es in Paris «nicht mehr ausgehalten» und sich nach etwas Unspektakulärem umgesehen, sagte der 32-Jährige. Und es schliesslich in der Binz gefunden – zwischen Swiss Life und Credit Suisse. Um sich in der Schweiz niederzulassen, hatte Gvasalia die Vetements Group AG gegründet und auch seinen Wohnsitz nach Zürich verlegt.

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Ein T-Shirt mit einem DHL-Logo für 300 Franken

Da wo früher das Zürcher Traditionshaus Bernie's Fashion residierte, arbeiten heute rund 50 Leute für Vetements. Auch Gvasalias Bruder Demna, der als Chefdesigner von Vetements und zugleich als Kreativdirektor des Labels Balenciaga arbeitet, hat seinen Wohnsitz in die Schweiz verlegt, konkret nach Küsnacht

Seither bauen die beiden ursprünglich aus Georgien stammenden Brüder ein Label aus Zürich auf, welches Regeln bricht und die ganze Modewelt auf den Kopf stellt. Wenn Vetements neue Klamotten lanciert, stehen Fans stundenlang an und zahlen 1000 Franken für eine Jeans oder einen Kapuzenpullover. Der absolute Renner im vergangenen Jahr war ein T-Shirt mit dem Logo des Kurierdienstes DHL für 300 Franken, wie es auf dem Instagram-Account des Labels zu sehen ist. 

Die «Trash»-Optik von Vetements, die eher an Ostblock-Chic als an Laufsteg-Mode erinnert, ist gerade schwer angesagt. Mittlerweile wird das Zürcher Label in über 250 Läden weltweit verkauft und macht Umsätze in Millionenhöhe.

Kopieren ist cool – aber findet das Adidas auch?

Teil der Vetements-Markenidentität ist eine Art Remix: Das Kopieren von bestehenden Marken und deren Einbindung in einen neuen Kontext. Der neueste Streich der Gvasalia-Brüder ist ein Turnschuh, der dem Modell «Stan Smith» des Sportartikel-Riesen Adidas verblüffend ähnlich sieht. Er soll in Kürze lanciert werden, wie der Blog «Highsnobiety» berichtete.

Es ist nicht das erste Mal, dass Vetements bestehende Fashionlabels mit eigenen Designs verbindet. Doch Adidas ist bekannt dafür, seine Markenrechte mit allen Mitteln durchzusetzen. Der deutsche Konzern klagte bereits gegen Gucci oder Marc Jacobs.

Kooperationen helfen auch einem Giganten

Doch bei dem «Stan Smith» handelt es sich nicht um irgendeinen Turnschuh. Es ist wohl einer der am meisten verkauften Sneakers der letzten Jahre, obwohl das Modell schon 1965 lanciert wurde. Für den erneuten Kult des «Stan Smith» haben vor allem Kooperationen, etwa mit den Modedesignern Raf Simons und Alexander Wang, gesorgt. Die Verbindung mit diesen bekannten Designern verschaffte Adidas eine hohe Glaubwürdigkeit. Für die Designer war der schlichte, weisse Schuh eine Spielwiese für aufsehenerregende Designs. 

Doch das von Vetements angekündigte Modell eines «Stan Smith» aus der eigenen Reihe scheint nicht aus einer offiziellen Zusammenarbeit mit Adidas heraus entstanden zu sein. Die beiden Unternehmen waren für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Vetements hat auch schon mit der US-Marke Reebok, die zum Adidas-Konzern gehört, zusammengearbeitet, wie «The Fashion Law», ein Blog über Recht in der Modeindustrie, schreibt. 

Die Turnschuhe von Vetements ähneln denen von Adidas sehr – aber reicht das für eine Klage? Damit eine Verletzung der Markenrechte einklagbar wird, muss nicht nur der Hersteller geprellt sein, sondern auch der Konsument. Das heisst: Der Käufer muss über den eigentlichen Absender eines Produkts in die Irre geführt werden. Im Falle von Vetements ist das eine Herausforderung: Denn das Markenzeichen des Zürcher Labels sind genau solche Vermischungen von bestehenden Trademarks in einem neuen Kontext.

Ist die Zusammenarbeit mit Adidas offiziell?

Durch die zahlreichen offiziellen oder inoffiziellen Kooperationen von Vetements kann ein Käufer der «Stan Smith»-Modells annehmen, dass die Sneaker aus einer Kooperation der Provokateure aus Zürich mit dem Sportartikel-Riesen entstanden sind ist. Wenn aber Vetements die Silhouette des Schuhs für ihr Label verwendet, könnte Adidas klagen.

Könnte, muss aber nicht. Denn natürlich gibt die neue Interpretation eines Erfolgsschuhs auch der Weltmarke Adidas Aufwind. Weil die Verbindung mit einen Kultlabel neue Käufer anspricht. Ein Fuss in der Subkultur zu haben, ist auch für einen Giganten wie Adidas hilfreich.

Ernstes Business oder pure Persiflage – das weiss man bei Vetements nie so genau.
Quelle: Instagram