Die Berliner Digitalbank N26 hat in zwei Jahren einen Nettoverlust von 275 Millionen Euro eingefahren. Wie die beiden Gründer Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal am Donnerstag in einem offenen Brief erklärten, belief sich der Fehlbetrag im kontinentaleuropäischen Geschäft auf etwa 165 Millionen Euro im Jahr 2019 und auf rund 110 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Grund dafür seien hohe Investitionen.
Zudem hatte sich das Institut 2019 aus dem britischen Markt zurückgezogen: Das brachte fast 27 Millionen Verlust ein. Auch in den USA machte N26 ein Minus von 25 Millionen Euro. Nach eigenen Angaben macht das Unternehmen den Grossteil seines Umsatzes mit Premiumkonten und im Zahlungsverkehr.
In diesem Jahr sollen neue Bankprodukte hinzukommen. Dafür werde zwar weiter stark investiert, doch bereits Ende dieses Jahres will die Smartphone-Bank die Gewinnzone erreichen. Ziel sei es, in den Jahren 2021 und 2022 «weiter deutlich in Richtung Gesamtprofitabilität des Unternehmens zu gehen», sagte Stalf dem «Handelsblatt». Zudem seien im Corona-Jahr 2020 die Verluste bereits wieder geschrumpft.
Das Branchenportal «finanz-szene.de» hat den massiven Verlust von 2019 dennoch genauer unter die Lupe genommen. Eine Erkenntnis: Im Vergleich zum britischen Konkurrenten Revolut waren die Erträge von N26 sind nur halb so gross, die Verluste fast doppelt so hoch.
7 Millionen Kunden
Die hohen Verluste versucht die Firmenspitze dennoch zu relativieren: In der Corona-Krise habe man zwei Millionen neue Kunden gewonnen und sieht sich auf dem Weg zur Profitabilität. «N26 hat seine Marktposition in einer Welt, die digitales Banking mehr denn je braucht, weiter ausgebaut», erklärte Co-Chef Valentin Stalf in der Mitteilung vom Donnerstag. Insgesamt zählt N26 inzwischen 7 Millionen Kunden.
Doch auch in Bezug auf die Kundenzahl ist «finanz-szene.de» skeptisch: Tatsächlich könnten es nur 2 bis 3 Millionen Kunden sein. Denn nicht jeder, der sich bei N26 anmeldet, nutze die App auch aktiv.
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Einen Börsengang schliesst Stalf im «Handelsblatt» nicht aus. «Wir können 2022 so weit sein, dass wir einen Börsengang in Betracht ziehen – was aber noch nicht heisst, dass wir schon nächstes Jahr an die Börse gehen.» Dafür spricht auch, dass Jan Kemper als neuer CFO zum Unternehmen hinzustösst. Dieser hatte 2014 den Börsengang des Online-Händlers Zalando begleitet, der heute an der Börse rund 26 Milliarden Euro wert ist.
Genug, um zu wachsen – aber…?
Das Unternehmen wird inzwischen mit 3,6 Milliarden Dollar bewertet, was es zu einem der am höchsten bewerteten nicht-börsennotierten Fintechs in Europa macht. Weltweit hat N26 mittlerweile rund 1'500 Mitarbeiter. Seit der Gründung 2013 hat es nach eigenen Angaben 800 Millionen Euro eingesammelt; beteiligt sind unter anderem der Versicherungskonzern Allianz, der Staatsfonds GIC aus Singapur, der chinesische Internet-Riese Tencent, Earlybird und der deutsch-amerikanische Investor Peter Thiel. Zu den frühesten Investoren gehörte auch der Zürcher Startup-Fonds Redalpine.
Zieht man die Verluste der vergangen drei Jahre ab, bleiben nur noch 344 Millionen Euro übrig, rechnet «finanz-szene.de» vor. Das sei genug, um in den kommenden ein bis zwei Jahren zu wachsen, doch für den grossen Angriff auf Revolut oder das reiche es nicht.
Stärkere Kontrolle durch Finanzaufsicht
Die schnelle Expansion in den vergangenen Jahren brachte aber auch einige Probleme mit sich. Erst 2019 forderte die Finanzaufsichtsbehörde Bafin das Unternehmen auf, die Schutzmassnahmen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu verstärken. Die Bafin will nun die Kontrolle ausbauen.
N26 soll Insidern zufolge als Finanzholding eingestuft werden, wie «Reuters» berichtet. Damit müsste N26 künftig deutlich mehr Meldepflichten erfüllen. Bislang hatte die BaFin bei N26 – wie beim zusammengebrochenen Wirecard-Konzern – nur die Kontrolle über die Banktochter und nicht über das ganze Unternehmen.
(mlo)