Unbeirrt vom Abgasskandal bei VW setzt die Autobranche auf weitere Zuwächse im Diesel-Hauptmarkt Europa. Auf dem Heimatkontinent gebe es «immer noch Erholungspotenzial», sagte Daimler -Chef Dieter Zetsche am Dienstag auf dem Genfer Autosalon. Die Stückzahlen hätten noch nicht das Niveau von vor der Finanzkrise erreicht. «Für uns selbst glauben wir, dass wir deutliches Wachstumspotenzial in Europa haben.» Einen Absatz-Dämpfer bei Diesel-Fahrzeugen sah weder der Daimler-Chef noch der BMW-Boss. Harald Krüger sagte, es gebe «keinerlei Veränderung» des Kaufverhaltens, «weil der Kunde die Effizienz des Diesel-Motors schätzt». Auch VW-Chef Matthias Müller rechnet mit einer raschen Absatzerholung.

Europas grösster Autobauer hatte sich mit der Manipulation von Abgaswerten bei weltweit elf Millionen Diesel-Pkw 2015 den ersten Absatzrückgang seit 2002 eingebrockt. Auch bei Modellen von Mercedes, Opel oder Renault ergaben Messungen Abweichungen der gesundheitsschädlichen Stickoxide zwischen normalem Fahrbetrieb und Prüfstand. Die deutsche Autobranche kämpft jetzt für das Image der Diesel-Technik - in Europa fährt fast jedes zweite Auto mit dieser Antriebsart. Deutsche Autobauer wie VW, Mercedes oder BMW verkaufen auf dem Heimatkontinent rund 40 Prozent ihrer Fahrzeuge.

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VW zeigt sich zuversichtlich

VW-Chef Müller führte aus, nach dem Absatzplus im Januar zeigten auch die - noch nicht veröffentlichten - Februar-Zahlen, dass der Konzern gut ins Jahr gestartet sei. «Und von daher bin ich zuversichtlich, dass es bei einer Delle bleibt, und dass wir dieses Tief zügig überwinden.» Der Konzern setzt auch auf Programme zur Kundenpflege. «Wir können mit Respekt, aber auch Zuversicht auf das Jahr 2016 blicken», sagte Müller bei der traditionellen Vorabendveranstaltung, die mit knapp 500 Gästen deutlich kleiner ausfiel als früher. Die Kosten für Rückrufe und Rechtsstreitigkeiten vor allem in den USA, wo die Manipulation aufgedeckt worden war, könne er nicht beziffern. Das hänge massgeblich von den Verhandlungen mit den Umweltbehörden ab.

Dem Daimler-Chef zufolge war der Absatz in den USA im vergangenen halben Jahr rückläufig; dies führte Zetsche aber vor allem auf die sehr niedrigen Kraftstoffpreise zurück. Der Anteil von Diesel-Fahrzeugen am US-Absatz von Mercedes liege bei nur fünf Prozent. «In Europa haben wir bis zum Januar keinerlei Effekt gesehen.» Er stellte für sein Unternehmen einen Absatzzuwachs auf dem Heimatkontinent ähnlich wie im Vorjahr in Aussicht - Mercedes-Benz legte 2015 in Europa um 10,5 Prozent zu. Der Herstellerverband ACEA erwartet in Europa für 2016 ein Plus von zwei Prozent auf rund 14 Millionen verkaufte Pkw.

BMW: Westeuropa entwickelt sich gut

Laut BMW-Chef Krüger läuft es in Märkten wie England, Spanien, Italien und Frankreich gut. Nach dem starken Vorjahr kündigte er für sein Unternehmen ein Plus «im oberen einstelligen Bereich» in Europa an. Weil das Wachstum in China langsamer ausfalle, werde der weltweite Konzernabsatz 2016 im niedrigen einstelligen Prozentbereich zulegen. Zetsche sprach von einem weiter sehr guten Momentum auf dem weltgrössten Automarkt. Mercedes hatte in China 2015 fast ein Drittel mehr Autos verkauft.

Krüger sagte weiter, BMW werde sich die Entwicklung im Iran «ganz in Ruhe» anschauen. Präsident Hassan Ruhani kündigte am Dienstag an, die Autobranche seines Landes komplett privatisieren und wettbewerbsfähig machen zu wollen. Dazu sollten die iranischen Hersteller eng mit ausländischen Unternehmen zusammenarbeiten. Erste Autobauer haben bereits ihre Fühler in die Islamische Republik ausgestreckt. Daimler vereinbarte etwa mit dem grössten Hersteller des Landes, Khodro, eine Kooperation bei Nutzfahrzeugen.

(reuters/ccr)