Die Raiffeisen-Gruppe hat im ersten Halbjahr 2020 wegen zusätzlich gebildeter Reserven unter dem Strich etwas weniger verdient. Auf operativer Ebene legte sie allerdings deutlich zu. Höhere Erträge und tiefere Kosten haben dazu beigetragen.

Der Reingewinn sank um 2,5 Prozent auf 346 Millionen Franken, wie die drittgrösste Bankengruppe der Schweiz am Mittwoch mitteilte. Grund dafür sind vor allem zusätzliche Rückstellungen aufgrund der Coronakrise von 75 Millionen Franken. Da Wertberichtigungen und Rückstellungen wegen der Pandemie ansteigen dürften, das Ausmass derzeit aber noch nicht zuverlässig eingeschätzt werden könne, seien vorsorglich zusätzliche Reserven für allgemeine Bankrisiken gebildet worden, heisst es dazu.

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Operativ zeigt sich Raiffeisen unter der neuen Führung hingegen in guter Form. Der Geschäftserfolg, also das operative Ergebnis, nahm in der Periode von Januar bis Juni 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent auf 513 Millionen Franken zu. Als Grund für den Anstieg werden vor allem höhere Erträge und gleichzeitige Kosteneinsparungen genannt.

Mit dem Markt gewachsen

Der Bruttoerfolg aus dem Zinsgeschäft, dem wichtigsten Ertragspfeiler der Gruppe, stieg um 2,9 Prozent auf 1,17 Milliarden Franken. Raiffeisen vergab auch wieder etwas mehr Hypotheken. Das Total der Hypothekarforderungen lag per Mitte Jahr mit 187,4 Milliarden um 1,2 Prozent oder 2,2 Milliarden über dem Stand von Ende 2019, der Marktanteil in diesem Geschäft war gemäss den Angaben mit 17,6 Prozent unverändert. Die moderate Zunahme widerspiegle die Bestrebungen, auf Marktniveau zu wachsen, so Raiffeisen.

Insgesamt nahmen die Erträge um 2,2 Prozent auf 1,55 Milliarden Franken zu. Dabei stach vor allem das Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft hervor mit einem Plus von 11,4 Prozent auf 232 Millionen Franken. Insbesondere die Erträge aus dem Wertschriften- und Anlagegeschäft seien deutlich gestiegen, nicht zuletzt aufgrund der Schwankungen an den Finanzmärkten vor allem zu Beginn der Coronakrise. Positiv ausgewirkt hat sich hier auch der Anstieg der verwalteten Kundenvermögen. Diese waren Mitte Jahr mit 220,7 Milliarden Franken um 4,6 Prozent höher als Ende 2019.

Der Erfolg aus dem Handelsgeschäft war im Corona-Umfeld hingegen mit -5,8 Prozent auf 102 Millionen Franken leicht rückläufig, dies wegen nachlassender Noten- und Devisentransaktionen, wie Raiffeisen weiter schreibt.

Auf der Kostenbremse

Seit einiger Zeit drückt die Bankengruppe bei den Ausgaben auf die Bremse. Dies zeigt sich an der Entwicklung des Geschäftsaufwandes, der um 3,4 Prozent auf 902 Millionen Franken sank. Das Januar 2020 abgeschlossene Effizienzprogramm habe zu spürbaren Einsparungen geführt, heisst es dazu. Der Personalaufwand sank um 13 Millionen, der Sachaufwand um 19 Millionen Franken. Der Personalbestand ist entsprechend etwas gesunken. Per Mitte Jahr lag die Anzahl Vollzeitstellen noch bei 9212 und damit 83 Stellen tiefer als Ende 2019. Die Anzahl Standorte war ebenfalls rückläufig. Zuletzt waren es noch 834 (-13).

Da die Erträge gestiegen und die Aufwendungen gesunken sind, hat sich auch das Verhältnis daraus - die sogenannte Cost-Income-Ratio - verbessert, und zwar auf 58,1 Prozent von 61,5 Prozent im Vorjahreszeitraum. Ein Wert unter 60 gilt in Bankenkreisen als gut.

Vorsichtiger Ausblick

Raiffeisen hat auch am Covid-Kreditprogramm des Bundes teilgenommen, das wegen Corona schnelle und unbürokratische Hilfe in Form von vom Bund garantierten Krediten an Unternehmen zum Ziel hatte. Insgesamt hat Raiffeisen gemäss den Angaben ein Zunahme der Forderungen gegenüber Kunden von 3,0 Milliarden Franken (auf 11,1 Mrd) verzeichnet, wovon rund 1,9 Milliarden ausbezahlte Covid-Kredite sind.

Für den weiteren Jahresverlauf gibt sich Raiffeisen vorsichtig. Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie seien noch nicht abschätzbar, heisst es. Entsprechend sei es möglich, dass das operative Ergebnis der ersten sechs Monate kein guter Massstab für die weitere Entwicklung sei.

Mit der jüngst verabschiedeten Strategie «Raiffeisen 2025», die u.a. Investitionen von 550 Millionen Franken in den Ausbau des Geschäfts vorsieht und mittelfristig zusätzliche Erträge von jährlich 500 Millionen bringen soll, sieht sich die Bankengruppe aber gut aufgestellt für die Zukunft.

(awp/tdr)

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