Die SBB haben ein Problem: Mit allmählich veralteten Systemen wie Stellwerke, Leittechnik und Verkehrssteuerung müssen sie eine wachsende Anzahl Passagiere befördern und dafür mehr und mehr Züge einsetzen. Die Kosten drohen auszuufern.

Eine Lösung verspricht das Programm «Smartrail 4.0». Es handelt sich dabei um ein Allerweltsmittel, für das der Bund bis 2040 insgesamt drei Milliarden Franken investiert. Das Ziel: Die jährlichen Kosten um 450 Millionen Franken zu senken und gleichzeitig Kapazitäten, Pünktlichkeit und Sicherheit erhöhen. «Wir wollen die Auslastung des Personen- und Güterverkehrs um bis zu 30 Prozent steigern, ohne die Infrastruktur auszubauen», sagte Projektleiter Marc Reber von den SBB am Dienstag an einem Medienanlass in Olten.

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Möglich machen soll das die Digitalisierung, insbesondere ein neues Verkehrsmanagement-System. Seit 2017 arbeiten SBB, BLS, Schweizerische Südostbahn (SOB) sowie die Rhätische Bahn (RhB) und der Verband öffentlicher Verkehr (VöV) gemeinsam daran. «Ende letztes Jahr ist uns ein Durchbruch gelungen», so Reber. «In einer Simulation konnten wir die Machbarkeit beweisen».

So profitieren die Passagiere

Von den neuen Entwicklungen sollen die Passagiere profitieren. Bei einer Verspätung oder sonstigen Störung etwa kann das sogenannte Traffic Management System (TMS) innert Sekunden mehrere Lösungsvarianten generieren und einen neuen optimalen Fahrplan erstellen. Heute erfolgt das alles weitgehend manuell.

Automatisiert wird so die gesamte Gestaltung des Fahrplans. Heute lässt sich ein reibungsloser Fahrplan nur dank Expertenwissen erstellen. Die Planer müssen bis zu 700 Vorgaben zu potenziellen Konflikten und kritischen Situationen kennen. Das TMS hingegen produziert in Sekundenschnelle selbst einen Fahrplan, der den gesamten öV berücksichtigt, so dass alle Anschlüsse optimal justiert sind.

Da das System den Fahrplan laufend optimiert, kann das Bahnnetz dichter ausgelastet werden. Um die Auslastung um 30 Prozent zu erhöhen, müssen die Züge künftig in kürzeren Abständen fahren. Heute geben Strecken- und Signalausrüstung vor, in welchem Abstand die Züge fahren dürfen. Künftig braucht es diese Signale nicht mehr. Das System wird dann jederzeit die exakte Lokalisierung eines Zuges kennen und unter Berücksichtigung der Bremsdistanz möglichst enge Abstände berechnen.

5G-Abdeckung auf dem ganzen Bahnnetz

Die Bahnunternehmen wollen das von hauseigenen Informatikern entwickelte TMS bis 2028 etappenweise umsetzen und die heutigen Systeme ablösen. Im Rahmen des Smartrail-Programms fallen in den kommenden Jahren noch andere gewichtige Änderungen an. So werden etwa die 500 dezentral gesteuerten Stellwerke durch ein zentrales System abgelöst. An zwei bis drei Standorten können die SBB dann einen 24-Stunden-Betrieb gewährleisten.

Deutlich verbessern wird sich die Netzabdeckung. Der heutige Bahnfunk basiert auf der 2G-Technologie. Künftig erhält das gesamte Bahnnetz eine 5G-Abdeckung. Passagiere können dann überall unterbruchsfrei telefonieren und haben schnelles Internet.

Grosse Veränderungen für Mitarbeiter

Ein Thema sind auch automatisierte Züge. Die SBB haben zwischen Bern und Olten bereits Tests durchgeführt. Führerlose Kompositionen, wie etwa in den U-Bahn-Systemen von Paris oder London, wird es in der Schweiz so schnell allerdings nicht geben. «Der Lokführer wird auf der Fahrt künftig unterstützt», sagt Reber. Überlegungen gäbe es, ob Rangierungen oder Abstellungen automatisch durchgeführt werden könnten.

Für die Mitarbeiter haben die Erneuerungen grosse Veränderungen zur Folge. «Wir wollen repetitive Tätigkeiten automatisieren, so dass sich die Mitarbeiter auf Aufgaben konzentrieren können, die eine höhere Kompetenz erfordern», sagt Reber. Die Berufsprofile der Mitarbeiter in der Fahrplanung und Zugverkehrssteuerung würden sich schrittweise verändern. Ein neuer Abbauplan besteht derzeit jedoch nicht. Im Herbst 2016 wurde bekannt, dass die SBB bis 2020 1400 Stellen streichen.