Am Donnerstag kamen Vertreter aus Bern und Baku am kaspischen Meer zusammen, um über die Zukunft der Wirtschaftsbeziehung zwischen den beiden Ländern zu beraten. Es war das siebte Treffen der gemischten Wirtschaftskommission Schweiz-Aserbaidschan und soll den Auftakt einer Investitionswelle markieren. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) bestätigt entsprechende Recherchen von handelszeitung.ch.

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Die Schweizer Sektion wurde angeführt von Livia Leu. Die Diplomatin ist Delegierte des Bundesrates für Handelsverträge und Herrin über die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen. Ihr Gegenpart war der aserbaidschanische Wirtschaftsminister, der sich mit der schwierigen Aufgabe konfrontiert sieht, sein vom Öl- und Gasexport abhängiges Land zu reformieren. Denn in der Staatskasse klafft ein Loch, seitdem die Rohstoffpreise im Keller sind.

Unternehmer an Bord

Die Schweiz ist der ideale Partner, um diesen Umbau zu meistern, schliesslich ist die Eidgenossenschaft der grösste Investor ausserhalb des Ölsektors. Laut Regierungsangaben operieren 65 Firmen in der ehemaligen Sowjetrepublik, das Investitionsvolumen beläuft sich auf über 200 Millionen Franken.

Die Exporte nach Aserbaidschan waren zuletzt aber stark rückläufig. 2015 exportierte die Schweiz Güter im Wert von knapp 167 Millionen Franken. Zwei Jahre davor summierten sich die Ausfuhren dagegen auf einen Rekordwert von über 225 Millionen Franken, wie Daten der Eidgenössischen Zollverwaltung zeigen. Ähnlich haben sich die Importe aus Aserbaidschan entwickelt: Im Rekordjahr 2010 importierte die Schweiz Waren in Höhe von fast einer Milliarde Franken, 2015 waren es nur noch 115 Millionen.

Interesse aus Basel

Um noch mehr Millionen ins Land zu holen und der eigenen Wirtschaft einen lukrativen Markt zu erschliessen, weibelt Baku also um die Gunst der Schweiz – mit Erfolg. Zahlreiche Unternehmer folgten dem Lockruf. Sie wittern ein gutes Geschäft oder möchten sich ganz einfach in Stellung bringen, um das Nachbarland, den Iran, zu erobern. Denn im Schlepptau von Leu reiste eine hochrangige Wirtschaftsdelegation.

Unter anderem gaben sich Vertreter von Novartis und Roche die Ehre. Beide Konzerne drängen auf den aserbaidschanischen Markt. Die Basler sind daran interessiert, eine Medikamentenfabrik zu eröffnen, wie Roche-Sprecherin Ulrike Engels bestätigt. «Wir evaluieren, wie wir den Zugang zu Patienten in Aserbaidschan verbessern können und sind sehr daran interessiert, die Diskussion zu diesem wichtigen Thema mit den Akteuren vor Ort zu führen», sagte sie.

Sika mit Millioneninvestment

Über Investments schweigen sich die beiden Konzerne aus. Konkreter wird da Sika: Der Baustoffkonzern hat ein Investitionsvolumen von rund fünf Millionen Franken in Aussicht gestellt, bestätigt Mediensprecher Dominik Slappnig.

Das ist ein Novum in der Geschichte des Konzernes, der mitten in einer Übernahmeschlacht mit Saint-Gobain steckt. Sika hat sich bisher noch nicht bis nach Aserbaidschan vorgewagt, will sich mit dem Millioneninvestment jetzt aber in einem Chemiepark in der drittgrössten Stadt des Landes einnisten.

ABB setzt Flirt fort

ABB hat ebenfalls Blut geleckt. Berichten zufolge will auch der Industriegigant ein Werk in Aserbaidschan eröffnen.

Es ist nicht der erste Flirt mit dem autoritären Regime von Präsident Icham Alijew, dessen Clan das Land seit bald 50 Jahren fast ununterbrochen führt. Vor wenigen Wochen hat ABB verkündet, dass sie sich einen Grossauftrag für die 1850 Kilometer lange Trans-Anatolian Natural Gas Pipeline (Tanap) gesichert haben. Um Erdgas von Aserbaidschan direkt nach Europa zu transportieren.

Holcim lotet Exportmöglichkeiten aus

Seit längerem im Land aktiv ist LafargeHolcim. Der Zementgigant war ebenfalls Teil der Schweizer Delegation, um die Möglichkeit von Zementexporten aus Aserbaidschan in die benachbarten Länder – Russland, Georgien, Armenien und Iran – auszuloten, wie Mediensprecher Eike Meuter bestätigt.

LafargeHolcim sucht damit die Flucht nach vorne. Zuletzt kämpfte der Zementgigant gegen Konkurrenz aus dem benachbarten Ausland. Zwei Firmen aus dem Iran strömten auf den Markt und verschärften den Wettbewerb. Das hat auf den Umsatz gedrückt, LafargeHolcim konnte weniger Zement verkaufen.