Der weltgrösste Stimmrechtsberater ISS will seine Doppelrolle bei Firmen nicht öffentlich machen. Die von der Schweizer Börse geplante Transparenzrichtline fördert laut ISS gar die Voreingenommenheit bei Stimmrechtsempfehlungen.

Die Schweizer Börse SIX will mit der Richtlinie mehr Transparenz schaffen. Dies nachdem Stimmrechtsberater, allen voran die internationale ISS, an der letzten Generalversammlungssaison wegen ihrer Doppelrolle unter Beschuss geraten sind.

Denn bei einigen Firmen fungiert ISS nicht nur als Stimmrechtsberaterin der Investoren, sondern berät gleichzeitig die Firmen in Sachen Corporate Governance. Es gab Vorwürfe, dass ISS GV-Anträge ablehnte und Unternehmen dann die eigene Beratung anpries - de facto, dass Stimmrechtsempfehlungen käuflich wären.

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Umstrittene Offenlegung

Die SIX will die Richtlinie im laufenden Quartal publizieren, wie SIX-Sprecher Julian Chan auf Anfrage der sda sagt. ISS wehrt sich gegen die geplante Offenlegung. In der Vernehmlassungsantwort von ISS, die der sda vorliegt, betont ISS, es gebe eine strikte Trennung zwischen der Stimmrechtsberaterin ISS und ihrer beratenden Tochter ISS Corporate Solutions (ICS).

ISS warnt, das die Offenlegung dazu führe, dass die Stimmrechtsberatungsteams erst recht Informationen über die Firmen, die die Tochter ICS berate, erhielten. «Damit würde unser Ziel untergraben, dass die Forschungsteams nichts über die Identität der ICS-Kunden erfahren», teilt ISS in dem Schreiben an die SIX mit.

Vorwurf von Eigeninteresse

Stossend ist für ISS die geplante Änderung auch, weil die Offenlegung den Investoren keinen Nutzen bringe. ISS garantiere institutionellen Anlegern, denen sie Stimmrechtsempfehlen gibt, bereits grösste Transparenz, heisst es weiter. Beratungen von ICS sowie Honorare für Firmen, in welche die Anleger investiert sind, könnten diese sowieso bereits einsehen.

Die Vorwürfe, Unternehmen mit negativen Stimmrechtsempfehlungen unter Druck zu setzen, um Beratungsmandate zu erhalten, weist ISS vehement zurück.

ISS deckt mit seinen Aktionärsempfehlungen rund 13'000 Unternehmen weltweit ab. Rund 1600 Fonds, Pensionskassen und Vermögensverwalter folgen den Empfehlungen.

Die Schweizer Anlagestiftung Ethosfund betrifft die neue Richtlinie nach eigenen Angaben nicht. «Wir werden zu 100 Prozent von den Investoren bezahlt. Und wenn wir Unternehmen beraten, dann machen wir das gratis», erklärte Ethos-Direktor Vincent Kaufmann Anfang Woche in Zürich.

(sda/ccr)