Die Schweiz kauft vorläufig keine neuen Kampfflugzeuge. Das Stimmvolk hat am Sonntag den Kauf von 22 Gripen des schwedischen Herstellers Saab für 3,1 Milliarden Franken abgelehnt. 53,4 Prozent der Stimmenden legten ein Nein in die Urne, 46,6 Prozent sagten Ja.

Ob es sich eher um ein Nein zu Kampfflugzeugen oder ein Nein zum umstrittenen Gripen handelt, werden die Analysen zeigen. Fest steht, dass die Summe der Stimmen von Armeekritikern und Gripenskeptikern eine Nein-Mehrheit ergab. Für den Gripen sprachen sich rund 1'543'000 Personen aus, dagegen 1'345'000.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Während sich das Stimmvolk gegen den Flugzeugkauf aussprach, sagte die Mehrheit der Stände Ja. Hätte es sich um eine Initiative gehandelt, wären die Gegner also gescheitert.

Romandie entschieden dagegen

Gross sind die Unterschiede zwischen den Sprachregionen: Sämtliche Westschweizer Kantone und das Tessin stimmten Nein, in der Deutschschweiz lag die Zustimmung teilweise bei über 60%. Am deutlichsten Ja gesagt haben die Stimmenden im Kanton Nidwalden mit 68 Prozent, gefolgt von Obwalden mit 64 Prozent und Uri mit 62 Prozent.

Das deutlichste Nein gab es im Kanton Jura mit über 74 Prozent, gefolgt von Neuenburg mit 69 Prozent sowie Genf und Basel-Stadt mit rund 68 Prozent. In der Deutschschweiz stimmten neben Basel-Stadt, Zürich und Bern auch Basel-Landschaft und Schaffhausen gegen den Flugzeugkauf.

Bittere Niederlage für Maurer

Das Nein zum Gripen ist nicht das erste Volksnein zu einer Armeevorlage. Zum ersten Mal hat sich das Stimmvolk aber gegen den Kauf von Kampfflugzeugen ausgesprochen, wobei es erst zweimal darüber befinden konnte. Im Jahr 1993 sprachen sich 57 Prozent der Stimmenden für den Kauf von F/A-18-Flugzeugen aus.

Für SP, Grüne, GSoA und Grünliberale ist das Nein zum Gripen ein grosser Erfolg, für Verteidigungsminister Ueli Maurer eine herbe Niederlage, die dereinst die Bilanz seiner Amtszeit trüben dürfte. Die Diskussionen über die Zukunft der Armee und der Luftwaffe aber werden nach dem Entscheid weitergehen.

Vorerst keine Flugzeuge

Streng genommen hat das Stimmvolk am Sonntag nicht den Kauf von Flugzeugen abgelehnt, sondern lediglich das Gesetz über den Fonds zur Finanzierung der Gripen. Manche Befürworter schlugen denn auch bereits vor der Abstimmung vor, bei einem Nein dennoch Flugzeuge zu kaufen, in Tranchen und finanziert über das ordentliche Armeebudget.

Das Ja-Komitee und das Verteidigungsdepartement distanzierten sich umgehend vom «Plan B», den Volksentscheid im Falle eines Neins zu umgehen. Werde das Gripen-Fonds-Gesetz abgelehnt, würden vorerst keine Flugzeuge beschafft, versicherten sie.

Drohendes Grounding?

Vom Tisch ist der Kauf neuer Kampfflugzeuge wohl dennoch nicht. Verteidigungsminister Ueli Maurer hat das Terrain für einen raschen Neustart in den letzten Wochen bereitet: Ohne Gripen würden die F/A-18 die Altersgrenze schneller erreichen, warnte er. Sie könnten nicht bis 2030 oder länger eingesetzt werden, sondern lediglich bis 2025. Da sich eine Flugzeugbeschaffung hinziehe, dränge die Zeit.

Im Abstimmungsbüchlein war von einem drohenden "Grounding" der Luftwaffe noch keine Rede gewesen. Der Bundesrat argumentierte, es brauche die Gripen-Flugzeuge, damit der Luftraum bei einer anhaltenden Bedrohung während mehr als zwei Wochen eng kontrolliert werden könne. Das Verteidigungsdepartement schrieb auf seiner Homepage ebenfalls, für die normalen Luftpolizeiaufgaben genügten die 32 F/A-18.

Verwendung der Gelder umstritten

Zündstoff birgt nach dem Volksentscheid auch die Frage, wie die 300 Millionen verwendet werden sollen, die jährlich in den Gripen-Fonds geflossen wären. Gemäss der SRG-Trendumfrage spielten die Finanzen in der Abstimmung eine grosse Rolle. Die Gegnerinnen und Gegner möchten die Gelder lieber in die Bildung oder die Sozialversicherungen investieren, hielt das Forschungsinstitut gfs.bern im Vorfeld der Abstimmung fest.

Ob die Flugzeuggelder nach dem Nein zum Gripen tatsächlich für andere Zwecke als die Armee zur Verfügung stehen, ist jedoch ungewiss. Der Flugzeug-Fonds sollte aus dem Armeebudget gespiesen werden. Ohne andere Beschlüsse von Bundesrat und Parlament stehen die Flugzeuggelder somit der Armee zur Verfügung.

Seilziehen geht weiter

Da das Armeebudget aber mit Blick auf den Flugzeugkauf erhöht wurde, könnten Bundesrat und Parlament frühere Entscheide durchaus umstossen. Der Bundesrat hatte den Ausgabenplafond ursprünglich von 4,4 auf lediglich 4,7 Milliarden Franken pro Jahr erhöhen wollen, wobei die zusätzlichen 300 Millionen der Beschaffung neuer Flugzeuge dienen sollten.

Auf Geheiss des Parlaments stellte er dann jedoch ab 2016 einen Ausgabenplafond von 5 Milliarden in Aussicht. Nach dem Nein zum Gripen dürfte das Seilziehen um das Armeebudget nun von vorne beginnen.

Bürgerliches Lager vor Zerreissprobe

Zu erwarten sind für die kommenden Tage und Wochen schliesslich Diskussionen über die Schuldfrage im Lager der Gripen-Befürworter. Exponenten der bürgerlichen Parteien hatten sich zu Beginn kritisch bis ablehnend zum Gripen geäussert, weil dieser in Tests vergleichsweise schlechte Noten erhielt. Viele hätten den Rafale oder den Eurofighter bevorzugt.

Verteidigungsminister Ueli Maurer dagegen betonte stets, dass der Bundesrat sich für das Flugzeug mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis entschieden habe. Er selbst hatte allerdings zu Beginn des Projekts Zweifel an seiner Haltung zum Flugzeugkauf geweckt, weil er dem Bundesrat beantragte, die Beschaffung zu verschieben.

(awp/vst)