Die Generalversammlung des Rohstoffhändlers Glencore verlief am Mittwoch vergleichsweise ruhig. Zwar hatten sich 40 Gewerkschaftler aus Kolumbien, Kanada und Kongo eigens nach Zug aufgemacht und protestierten gegen die angeblichen Menschenrechtsverstösse, doch der Multi wies die Vorwürfe routiniert zurück. Business as usual.

An schlechte Presse ist Konzernchef Ivan Glasenberg gewöhnt: Das Image der Rohstoffhändler rangiert noch hinter Bankern (und sogar Journalisten). Was nichts daran ändert: Für die Schweiz ist es gut, dass der weltgrösste Rohstoffhändler hier seinen Sitz hat. Er bringt üppiges Steuersubstrat, erhöht den Branchenmix und steigert die internationale Ausstrahlung. Die Gefahr der Abwanderung ist immer da: Seine Aktie hat Glasenberg schon in London kotieren lassen – dort ist die Liquidität im Rohstoff-Geschäft grösser.

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Ivan Glasenberg

Glencore-Chef Ivan Glasenberg.

Quelle: Anadolu Agency/Getty Images

Lex Glencore

Dass ihn jetzt die Schweiz auch noch mit der sogenannten «Konzernverantwortungsinitiative» bedroht, dürfte da die Freude des Glencore-Chefs kaum befeuern. Würde die Initiative angenommen, handelte es sich de facto um eine Lex Glencore: Schweizer Konzerne und ihre Töchter sollen auch im Ausland internationale Menschenrechts- und Umweltstandards einhalten – und kein Konzern steht da so im Fokus wie der Baarer Rohstoffmulti.

Das Besondere daran: Schweizer Richter sollen Schadensersatzforderungen nach Schweizer Recht durchsetzen können – in jedem Land der Erde! Weltfremder geht es kaum.

Kehrseite der direkten Demokratie

Das ist die Kehrseite der direkten Demokratie: Die Schweiz wird zum Versuchslabor für – sorry für die rüde Wortwahl – Querulanten, Naivlinge und Spinner, die mit ihren kruden Ideen monatelang die Debatten beherrschen. Die Abstimmung über das bedingungslose Grundeinkommen oder die Vollgeld-Initiative gehören auch dazu.

Gewiss, man könnte auch sagen: Ein Land, dem es so gut geht, gönnt sich so ein paar hitzige Diskussionen, die am Ende zu nichts führen. Doch die direkte Demokratie bringt eben nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten, und die wichtigste besagt: Wir sollten verantwortungsvoll damit umgehen.

Meine Hoffnung: Das Parlament einigt sich auf einen Gegenvorschlag, um dem Volk die unsinnige Abstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative zu ersparen.

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Dirk Schütz
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