Die 12 bis 14 Milliarden Franken schwere 33,3-Prozent-Beteiligung an Roche wird nicht verkauft. Das sagt Verwaltungsratspräsident Jörg Reinhardt im Interview mit der Handelszeitung. Die Verkaufsabsichten waren in Frühling vor einem Jahr bekannt geworden. Danach hatte das Unternehmen während Monaten am Markt die Temperatur genommen.

«Wir haben damals gesagt, dass wir prüfen würden, ob es sinnvoll sei zu verkaufen», sagt Jörg Reinhardt. «Wir sind dann zum Schluss gekommen, dass dies nicht der Fall ist.» Es habe keinen Entscheid gegeben, den Verkauf aktiv anzugehen. Die Beteiligung bezeichnet er als «finanzielle Investition mit einer gewissen strategischen Komponente».

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Damit ist auch die Geschichte der Sprachregelungen zum Status der 33,3-Prozent-Beteiligung von Novartis an Roche um ein Kapitel reicher. Sie begann vor nunmehr 16 Jahren, als sich der damalige Novartis-Verwaltungsratspräsident Daniel Vasella überraschend das zum Verkauf stehende Roche-Paket von Martin Ebner und seiner BZ Bank sicherte.

Keine Vorstufe zur Fusion

Die Sprachregelung damals: Die 20-Prozent-Beteiligung an der damals noch deutlich kleineren Konkurrenz sei als «finanzielle Investition mit strategischer Ausrichtung» zu verstehen. Was nicht mit Fusion gleichzusetzen war: Daniel Vasella liess damals zwar durchblicken, dass er einer Fusion positiv gegenüber stehen würde; als Vorstufe dazu wollte man das Engagement bei Novartis aber auch nicht verstanden wissen.

Stattdessen sprach Vasellas Finanzchef Reymond Breu von einer «guten finanziellen Investition», die «strategische Möglichkeiten» eröffne. Konkrete Pläne zu einer Zusammenarbeit bestünden aber nicht.

Szenario einer Swiss Pharma

Ernster wurde es, als es in den Jahren danach zu einem stufenweisen Ausbau der Beteiligung zuerst auf 32,7 Prozent und dann, 2004, auf 33,3 Prozent kam. Novartis stand nun an der Schwelle, wonach sie gemäss Börsenrecht bei einem weiteren Ausbau allen Roche-Aktionären ein Übernahmeangebot hätte machen müssen.

Das Szenario eine Swiss Pharma machte die Runde, eines einzigen grossen Schweizer Pharmakonzerns mit Sitz in Basel; als Ausweg für beide, um weiter global ganz vorne mitspielen zu können - eine Sichtweise, die man bei Roche nie teilte. Eigenständigkeit heisst hier die Devise, insbesondere bei den beiden Gründerfamilien Hoffmann und Oeri-Hoffmann, die zusammen 50,1 Prozent der Stimmrechte besitzen.

Daniel Vasella aber liess in dieser Zeit keine Gelegenheit aus, um auf die Vorteile einer weiteren Basler Grossfusion nach dem Zusammenschluss von Ciba und Sandoz zu Novartis 1996 hinzuweisen. Entsprechend deutlich wurde auch die Sprachregelung: Die Rede ist nun explizit von einer Investition mit «strategischem Charakter».

Rekordverlust bei Roche 2002

Der Tiefpunkt kommt 2002, als die unter Patentabläufen leidende Roche einen Rekordverlust von 4 Milliarden Franken vermeldet und damit auch der Konkurrenz auf der Grossbasler Seite einen dicken Strich durch die Rechnung macht. Statt des budgetierten Gewinnanteils von 161 Millionen Dollar gilt es nun einen Verlust von 250 Millionen Dollar zu verrechnen.

Der grosse Showdown aber bleibt aus - wohl auch, weil Roche in den Jahren darauf wieder Fuss fasst und nun zuverlässig ihren Beitrag an den Gewinn von Novartis leistet. Stattdessen machen nun regelmässig Gerüchte die Runde, wonach sich Novartis von ihrem Engagement trennen wolle.

So heisst es zum Beispiel 2010, Novartis wolle die den 50 Milliarden Dollar teuren Kauf des Augenheilmittelherstellers Alcon mit Wandelanleihen auf ihre Roche-Aktien finanzieren, die dann zu einem bestimmten Kurs eingelöst werden könnten.

Mehrere Etiketten

2013 nimmt man auch bei Novartis das Wort «Verkauf» in den Mund. Konzernchef Joe Jimenez sagt nun, dass man bereit sei, sich vom Paket zu trennen - aber nur, «wenn wir für die Novartis-Aktionäre den vollen Wert herausholen können». Mit anderen Worten: Das Paket steht zur Disposition, wenn auch nur mit einem Zuschlag.

«Strategische Ausrichtung», «strategischer Charakter», «gewisse strategische Komponente»: Das Roche-Paket hat in den 16 Jahren, in denen es nun bei Novartis ist, mehrere Etikette bekommen. Heute zählt vor allem das Finanzielle und das stimmt. Die Beteiligung hat in den letzten Jahren zuverlässig mehrere hundert Millionen Franken in die Kassen von Novartis gespült und es sieht nicht danach aus, als ob sich daran in nächster Zeit etwas ändern würde.