Für die geplante Fusion des Eisenbahngeschäfts von Siemens und Alstom, müssten beide Konzerne wichtige Unternehmensbereiche wie ihre fortschrittliche Technologie für Hochgeschwindigkeitszüge und Teile der lukrativen Signaltechnik veräussern. Das fordert laut der «Financial Times» die Europäische Kommission, um den Zusammenschluss zu genehmigen.

Siemens und Alstom hatten die Fusionspläne damit begründet, dem Wettbewerb mit dem chinesischen Rivalen CRRC bestehen zu können. Auch der französische Präsident Emmanuel Macron hatte europäische «Champions» gefordert, um sich besser gegen die staatlich unterstützte Konkurrenz aus Fernost zu wappnen. Dem geplanten Deal hat er seine Unterstützung zugesichert, ebenso wie die deutsche Bundesregierung. Doch die Bedingungen der EU-Kommission würden die Logik des deutschen und des französischen Konzerns in Frage stellen.

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Denn die EU-Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager scheint das anders zu sehen. Bereits vor einem Monat äusserte sie Zweifel an der Begründung von Siemens und Alstom für die Fusion ihres Bahntechnikgeschäfts. Die wachsende Konkurrenz chinesischer Anbieter sei zwar ein «valides Argument», sagte Vestager gegenüber dem «Handelsblattt». Ihr Gegenargument ist jedoch, dass die chinesischen Staatskonzerne CRRC und CRSC die hohen Markteintrittsbarrieren in Europa bisher kaum überwinden konnte.

Strategische Optionen für Stadler Rail

Der chinesische Staatsriese CRRC setzt auch der Schweizer Bahnindustrie zu. Stadler Rail hat sich nun mit den anderen europäischen Zugbauern und Bahnbetreibern verbündet und der Initiative «Round Table Rail» angeschlossen.

Stadler Rail dürfte sich über ein Verbot der Siemens-Alstom-Fusion durch die EU-Kommission freuen. Denn ohne «Airbus für die Bahn» in Europa, steigen auch wieder die strategischen Optionen für den hiesigen Zugbauer, der gerade den Börsengang plant. Einerseits würden Alstom-Siemens nicht zu einem noch mächtigeren Gegenspieler als schon heute avancieren. Zudem könnte sich Stadler erneut als Partner für Siemens ins Spiel bringen.

Bereits im Juli haben die EU-Wettbewerbshüter ihre Skepsis deutlich gemacht, als sie eine vertiefte Prüfung des geplanten Zusammenschlusses der beiden Branchenriesen einleiteten. Die Europäische Kommission hat Bedenken, dass der Wettbewerb beeinträchtigt würde mit der Folge von höheren Preisen für die europäischen Konsumenten und weniger Innovation aus Europa.

Bei Hochgeschwindigkeitszügen wäre der Gemeinschaftskonzern mit einem Umsatz von 15 Milliarden Euro sowohl in Europa als auch weltweit unangefochtener Marktführer und mehr als drei Mal so gross wie der nächstgrösste Wettbewerber. Bei der Signaltechnik wäre der Marktanteil von Siemens und Alstom drei Mal so gross wie der stärkste Konkurrent.

Entscheidung Anfang 2019

Vor diesem Hintergrund hat die Kommission die Fusion nun an Bedingungen geknüpft. Alstom und Siemens haben bis Mitte Dezember Zeit, um darauf zu reagieren. Alstom müsste laut «Financial Times» seine neue Hochgeschwindigkeitstechnologie TGV Avelia Horizon veräussern. Denn auch Siemens arbeitet an dieser Technologie, allerdings sei Velaro Novo noch nicht so weit entwickelt und es lägen noch keine Bestellungen dafür vor. Zudem müssten beide nach Vorstellung der EU-Wettbewerbsbehörde Teile ihre Signaltechnikgeschäfts verkaufen.

Insidern zufolge wollen sich aber beide Unternehmen den Auflagen widersetzen und Alternativen vorschlagen, um die Bedenken der EU-Kommission auszuräumen. Bis Mitte Dezember haben sie Zeit dafür. Ende Januar 2019 wird die endgültige Entscheidung der EU-Wettbewerbsbehörde erwartet.