Seine Zelte in Stäfa am Zürichsee hat Patrick Liotard-Vogt abgebrochen. Das Einwohneramt bestätigt, dass der Multi-Unternehmer und Lebemann sich abgemeldet hat. Nun lebt Liotard in St. Kitts, einer Karibikinsel zwischen Dominikanischer Republik und Venezuela. Dort plant Liotard ein Resort für Reiche.

In der Schweiz könnte es dem Jungunternehmer, der mit waghalsigen Investments von sich zu reden machte, zu heiss geworden sein. Liotard hat Betreibungen über rund 4 Millionen Franken am Hals, wie ein Betreibungsauszug zeigt. Die Schweizer Diners Club AG, eine Kreditkartenorganisation, an der Liotard eine Minderheitsbeteiligung hat, fordert vom Unternehmer knapp 1,2 Millionen. David Degen, Spieler des FC Basel, betreibt Liotard über 1,5 Millionen. Und JCR ASW Holdings, eine US-Firma, verlangt von Liotard 1,6 Millionen.

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Keine Antworten

Liotard liess Anfragen via E-Mail und Handy unbeantwortet. Sein Partner, Diners-Club-Chef Anthony Helbling, erklärte, Liotard habe ihm gegenüber gesagt, er sei im Ausland und würde demnächst wieder in Europa sein.

Bei der Firma Diners Club hält Liotard 18 Prozent, zudem sitzt er als einer von drei Leuten im Verwaltungsrat. Helbling, der neben der Geschäftsleitung auch das Präsidium innehat, besitzt knapp 50 Prozent. Laut einer Quelle soll Liotard seine Diners-Karte auch für privaten Konsum benutzt haben. Auf seine Schulden seien ihm hohe Zinsen verrechnet worden. Irgendwann habe Diners genug von den Ausständen gehabt und Liotard, immerhin Mitinvestor und Verwaltungsrat der Gesellschaft, betrieben.

VR-Sitzungen über Telefon

Diners-Chef Helbling wollte sich nicht zur Millionen-Betreibung seiner Firma gegen Partner Liotard äussern. «Wir nehmen in Verbindung zu Teilhabern, Verwaltungsratsmitgliedern, Mitarbeitern oder Kartenhaltern keine Stellung», schrieb er in einer Antwort. VR-Sitzungen mit Liotard würden seit einiger Zeit über das Telefon abgehalten.

Diners hat die Lizenz für das gleichnamige Kreditkartengeschäft für die Schweiz inklusive Liechtenstein, Deutschland und Luxemburg. Im Sommer 2010 haben Helbling und Liotard die Diners-Lizenzen für diese Länder von Diners Club International erworben, einer sogenannten Netzwerkbetreiberin. Seither hätten die beiden starken Figuren von Diners Schweiz eine zweistellige Millionensumme aufgebraucht, heisst es in Bankenkreisen.

«Keine öffentliche Firma»

Seit Herbst zirkulieren Gerüchte, wonach Diners Schweiz mit ihren drei Länderlizenzen in finanziellen Schwierigkeiten stecken würde. Am Telefon dementierte dies Diners-Chef Anthony Helbling. Auf die Frage, ob seine Diners in einem Liquiditätsengpass stecken würde, meinte er schriftlich: «Wir sind keine öffentliche Firma und nehmen zu solchen Fragen keine Stellung.» Die Firma sei bezüglich Geldwäscherei der Finma unterstellt. «Der Geschäftsgang und die Bücher werden jährlich durch KPMG geprüft, dazu gibt es regelmässige Treffen zwischen der Geschäftsleitung und KPMG, um den Betriebsgang zu besprechen», hielt Helbling fest. Helbling verwies auf ein Aktienkapital der Schweizer Diners von einer Million Franken und betonte, dass «keine laufenden Betreibungen oder ähnliche Verfahren» vorliegen. Zu drei Abgängen im VR im letzten Sommer meinte Helbling, dass diese individuelle Gründe hätten. Es gebe keinen Zusammenhang zum Geschäftsgang.

Diners ist Nischenkarte

Laut einem Banker, der mit den Vorkommnissen vertraut ist, würden sich Liotard und Helbling in den Haaren liegen. Diners-Minderheitsaktionär Liotard werfe seinem Partner Helbling vor, das Business bei Diners nicht gut zu managen. Involviert im Disput seien auch Anwälte, meint die Quelle.

Diners ist im Vergleich zu den Branchenführern Visa und Mastercard eine Nischenkarte, die sich hoch positionieren will. Als Liotard vor über drei Jahren bei Diners einstieg, meinte er, die ausgegebenen 50 000 Karten seien viel zu wenig.

Hatte Sanierungsfall von Filmmogul gekauft

Diners sei früher «etwas Spezielles» gewesen, nun aber «in Vergessenheit geraten», gab der «Tages-Anzeiger» Liotard-Vogt wieder. Potenzial sah er in Kombination mit seiner A Small World (ASW), einer Exklusiv-Socialmedia-Plattform für junge, vermögende Lebenslustige, die Liotard für Millionen erworben hatte. Dass er einen Sanierungsfall von Filmmogul Harvey Weinstein gekauft hatte, merkte er erst Monate später.

ASW erreiche in 200 Ländern «die Top-1-Prozent», sagte Liotard, das seien «genau die Kunden, die sich unter anderem auch Diners Club» wünsche. Auch die Mitgliederkarte von The World’s Finest Clubs, wo sich die Jeunesse dorée der Welt treffen würde und die ebenfalls zu Liotards Unternehmens-Sammelsurium gehört, liesse sich «in Zukunft mit Diners verbinden», meinte der Junginvestor, der mit seinen offenen Hemden, der wilden Mähne und dem Bart eine Mischung aus Pirat und Establishment verkörpert.

Junginvestoraus Nestlé-Familie

Unklar ist, wie es tatsächlich um die Investments des Sprösslings aus vermeintlich vermögendem Haus steht – die Rede ist immer, dass Liotards Grossvater eine wichtige Position bei Nestlé gehabt hätte. Der Junginvestor stammt aus der Familie des früheren Nestlé-Generaldirektors Alfred Liotard-Vogt.

Als Hauptinvestment galt jahrelang A Small World, doch hinter der Fassade gab es gröbere Probleme. Die Plattform steckte jahrelang in den roten Zahlen. Letztes Jahr stellte er auf ein Bezahlsytem um: Für das Mitmachen mussten 80 Euro bezahlt werden. Entsprechend rechnete er mit stark rückläufigen Mitgliedern in der Community. Nach einer scharfen Kurskorrektur vor Jahresfrist dürfte der Turnaround geschafft sein. Bei ASW befinde sich Liotard auf gutem Weg, heisst es.

Das grosse Fragezeichen ist, warum Liotard mit Diners und JCR ASW Holdings von zwei Firmen über Millionen betrieben wird, obwohl er bei diesen finanziell massgeblich engagiert ist.

Schillernde Persönlichkeit in Schieflage

Mit Liotard gerät nun eine schillernde Persönlichkeit in Schieflage. Der Jung-Unternehmer setzte sich gerne an Partys in Szene, bei denen junge Starlets, Schauspieler und Jetset-Leute aufkreuzten. Seine jährliche Fete in Gstaad hatte Kultcharakter. Zu Gesprächen mit Journalisten lud er gerne in die Zürcher Kronenhalle oder ins Hotel Dolder Grand. Das Schweizer Fernsehen bot ihm in einem Beitrag eine völlig unkritische Plattform. Nach dem Interview liess sich Liotard im Mercedes zum nächsten Termin oder ins elterliche Haus im beschaulichen Stäfa chauffieren.

Auf Bildern zeigte sich Liotard gerne in seinem Loft in Manhattan oder auf einer Jacht. Sein Kürzel PLV wurde zum Inbegriff für pralles Leben und Luxus pur. Nun scheint es den Tänzer auf dem gesellschaftlichen Parkett erwischt zu haben.

 

Nachführung Februar 2019:

Patrick Liotard-Vogt lässt die «Handelszeitung» via Anwaltsschreiben ausrichten, dass er seine Vermögensverhältnisse für Privatsache hält und die früheren, nunmehr erledigten Forderungen unberechtigt waren. Es gebe gegenüber den drei Gläubigern keine offenen Forderungen. Auch hält Patrick Liotard-Vogt im Schreiben fest, dass er nicht abgetaucht sei und auch nicht versucht habe, sich der Zahlung dieser Forderungen durch Flucht zu entziehen. Er habe bereits vor der Einleitung der Betreibungsverfahren entschieden, seinen Wohnsitz nach St. Kitts and Navis zu verlegen, um dort Immobilienprojekt zu realisieren.