Die braunen Glasflaschen von Soeder sind heute weit über gewisse Trendquartiere hinaus bekannt – die Corona-Pandemie hat der Seife made in Zurich nochmals Schub verliehen. Vor allem auch wegen des Desinfektionsmittels, das Soeder pünktlich zum ersten Lockdown auf den Markt brachte.
Mit den Hygienemassnahmen wurde der Firma das Desinfektionsmittel – genannt «Hand Sanitizer» – regelrecht aus der Hand gerissen. «Corona hat den Fokus auf Hygiene verstärkt – und wir produzieren Hygiene», sagt Gründer und Co-Geschäftsführer Johan Olzon-Åkerström im Gespräch mit HZ.
Inzwischen auch Kunden in den USA
Das Desinfektionsmittel war der absolute Beststeller im letzten Jahr. In den ersten Wochen habe Soeder bis zu 500 Bestellungen pro Tag erhalten, so Olzon-Åkerström: Die Produktion sei am Limit gelaufen, man habe knapp liefern können.
In der Folge bescherte die hohe Nachfrage nach dem Soeder-Desinfektionsmittel dem Zürcher Unternehmen viele neue Kunden. Inzwischen zählt Soeder in der Schweiz über 1000 Kunden und exportiert die Produkte auch in die USA oder nach Deutschland.
In den Vereinigten Staaten zählt Soeder das Warenhaus Nordstrom – «das Pendant zu Jelmoli», wie Johan Olzon-Åkerström sagt – zu den Kunden. Das Label «Made in Switzerland» beflügle den Absatz in anderen Märkten, sagt Johan Olzon-Åkerström. Das Geheimnis hinter jedem Produkt sei, «ganz viel auszuprobieren, bis es wirklich passt», sagt der Gründer.
Nach dem Start in Zürich produzierte Soeder seine Seifen, Desinfektionsmittel und Lotions in der Vororts-Gemeinde Schwerzenbach. Nun kommt das Unternehmen aber zurück in die Stadt Zürich. In den Hallen der ehemaligen SBB-Werkstätten, heute Werkstadt genannt, schliesst sich Soeder an eine Fertigungsstätte mitten in der Grossstadt an. Wenn alles nach Plan verläuft, sollte Soeder die Produktion im Frühling 2023 aufnehmen können.
«Wir freuen uns, dass wir jetzt wieder in der Stadt produzieren können», sagt Olzon-Åkerström: Man wolle den Leuten auch Einblicke in die Produktion verschaffen. Auch die Nachbarn in der Werkstadt verfolgen einen ähnlichen Approach mit einer lokalen Fertigung, so der Kaffeemaschinenhersteller Zuriga oder die Kaffeerösterei ViCafé.
«Viele unserer Mitarbeiter sind Musiker, die sich etwas dazu verdienen möchten und tagsüber frei haben», sagt Olzon-Åkerström. Er weiss, wovon er redet, da er selbst früher Jams in Musikclubs gespielt hat. Soeder kann mit diesem Beschäftigungsmodell Kulturschaffende entlasten, die in dem Corona-Jahr vor grossen Herausforderungen standen.
Swiss als grösster Kunde
Soeder wuchs im vergangenen Jahr nochmals kräftig und verdoppelte den Umsatz. Obwohl der wichtigste Kunde von Soeder kaum bestellte: die Fluggesellschaft Swiss. Soeder belieferte die Airline mit rund einer Million Produkte jährlich, von Seifen über Gesichtscreme und Lotions. Bevor sie Swiss als Kunde gewonnen hatten, produzierte Soeder rund 500 Einheiten pro Tag. Heute ist es ein Vielfaches.
Neben Swiss zählt Soeder aber immer mehr Grossunternehmen als Kunden, so die drei Grossbanken UBS, CS und ZKB. Weiter beliefert Soeder auch die Kunsthalle Basel oder die Fondation Beyeler. «Wir haben alles, vom kleinen Yogastudio bis hin zu grossen Museen», sagt Olzon-Åkerström.
Gründer und Geschäftsführer Johan Olzon-Åkerström kam 2003 von Schweden in die Schweiz und war einer der Mitgründer des Labels «Qwst». Das Zürcher Unternehmen produziert unter dem Namen «Qwstion» Taschen und Reisegepäck und gilt neben Freitag als das Schweizer Taschenlabel.
Start in der Küche
Apropos Freitag Taschen: Nach seiner Tätigkeit heuerte Olzon-Åkerström als Designverantwortlicher bei Freitag an. Nach fünf Jahren beim Zürcher Label entschied er sich dann, selbständig Seifen herzustellen.
Er startete Soeder 2013 zusammen mit seiner Frau Hanna Olzon-Åkerström. «Wir fokussieren uns aber immer auf Basics, und Seife war natürlich eines davon», sagt Olzon-Åkerström. Sie experimentierten in der Küche mit Seife, monatelang, bis schliesslich die erste Flüssigseife in der braunen Glasfasche entstand.
2015 präsentierte Soeder das Produkt erstmals am Zürcher Weihnachtsmarkt. Die ersten Kunden bestellten das Produkt und Soeder vergrösserte die Produktion, fand schliesslich auch einen Laden im Langstrassenquartier.
Das Geschäftsmodell mit dem Kollektiv bedeutet, dass Soeder sporadisch Mandate an Designer oder Kommunikationsspezialisten vergeben kann. «Ein talentierter Grafikdesigner kann man nicht anstellen, er ist selbständig», sagt Olzon-Åkerström. Aber er kann eine Aufgabe innerhalb von Soeder übernehmen und identifiziere sich damit auch mit dem Label.
Auch ein kleiner Stock an Kleidern
Soeder produziert aber nicht nur Waschprodukte, sondern auch Kleidung. Diese sind vor allem in den Läden erhältlich und im Online-Store erhältlich. Das Label hat in Zürich in den letzten Monaten mehrere Pop-up-Stores eröffnet, nicht nur in Zürich, sondern neuerdings auch in Bern. Gerne wolle man auch in die Westschweiz expandieren, sagt Olzon-Åkerström. In Basel betreibe man zusammen mit dem Label Qwestion einen Pop-up, bei dem es um das Thema Nachhaltigkeit geht.
Dieses Thema ist tragend bei Soeder – man wolle noch mehr back to the roots beim Thema Seife. Zurzeit tüftelt Olzon-Åkerström und sein Team an einer Handseife, die als Stück daher kommen soll und nicht nur in flüssiger Form. Auch wenn die Pandemie vorbei ist, werden die Menschen weiterhin die Soeder Produkte nutzen – «ich mag es, im Labor zu spielen, mit Bakterien, mit Fermentation, mit Handseife», sagt Olzon-Åkerström.
Coop und Migros nicht im Visier
Der Wiedererkennungswert der braunen Glasflasche sei inzwischen gross, beobachtet Olzon-Åkerström. «Wenn man ein gutes Produkt hat, sei dieses Produkt das Marketing. Wenn das nicht genügt, braucht man Marketing».
Die grossen Detailhändler Coop und Migros hätten bisher noch nicht angeklopft: «Mit unseren derzeitigen Produkte sind wir wohl etwas zu teuer für die Detailhändler. Wir passen eher in einen Spezialitätenladen», sagt Olzon-Åkerström. Dafür hätten das Unternehmen schon einige Angebote für eine Übernahme erhalten. Olzon-Åkerström winkt ab: «Es gibt noch so viel zu tun.»