BILANZ: Herr Schmid, Ulrich Bremi, Ihr Vorgänger bei Unique, hat Ihnen bei der Stabsübergabe auf die Schulter geklopft und gesagt: «Jetzt managen Sie die härteste Fläche der Schweiz.» Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie das Zitat aus dem Jahr 2000 hören?

Andreas Schmid: Dass Ulrich Bremi auch aus heutiger Sicht Recht behalten hat.

Ein weiser Mann?

Er war und ist ein weiser Mann, oder aber er hat rechtzeitig an den Nachfolger übergeben.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Andere sagen, bei den kommerziellen und lärmpolitischen Risiken von Unique könne Andreas Schmid froh sein, wenn er da heil wieder rauskomme.

Das ist so. Wir haben nicht nur lärmpolitisch, sondern auch kommerziell und unternehmerisch nach 9/11 und dem Swissair-Grounding eine anspruchsvolle und schwierige Zeit mit dem Flughafen durchlebt. Es hat viele Stimmen gegeben, die einen Baustopp respektive den Abbruch der fünften Ausbauetappe forderten.

Das hätte Sie hohe Konventionalstrafen gekostet.

Stimmt. Die meisten Aufträge waren ja bereits vergeben. Und wir standen unter dem Eindruck des Swissair-Groundings und einer instabilen weltpolitischen Lage. Das hat mir schon einige schlaflose Nächte beschert. Ich hatte grosse Sorge, dass plötzlich die Finanzierung knapp werden könnte. Darum haben wir in dieser schwierigen Zeit eine vollständige Umfinanzierung durchgeführt.

Jetzt ist Swiss mit Lufthansa zusammen. Verändert sich dadurch die Situation für den Flughafen?

Zürich wird im so genannten Multi-Hub-System der Lufthansa-Gruppe einer von mehreren Hubs sein neben Frankfurt, München, Wien oder Kopenhagen. Was sich aber vor allem verändert hat: Uns steht ein sehr engagiertes Swiss-Management gegenüber, das den Erfolg will. Ich glaube auch an das Commitment, das Lufthansa eingegangen ist, als sie die Swiss übernommen hat.

Gut, jetzt haben Sie vielleicht weniger Probleme mit der Lufthansa, aber Sie haben Probleme vor Ort mit den Flughafenkritikern. Es geht um viel Geld.

Ja, um Entschädigungsforderungen. Wir rechnen zwischen 800 Millionen und 1,2 Milliarden Franken. Solange wir aber keine gerichtlichen Urteile haben, können wir auch nicht mit aller Klarheit sagen, wie hoch diese Entschädigungen ausfallen werden.

Kann Unique solche Summen bezahlen? Oder droht dann der Konkurs?

Wir suchen nach Lösungen, weil wir latent ein Bilanzierungs- und auch ein Finanzierungsproblem haben. Es wäre fahrlässig, wenn wir uns nicht intensiv damit befassen würden.

Man hört, Sie möchten, dass der Staat das übernehmen soll.

Ich habe nie gesagt, dass der Staat das zahlen soll. Es geht mir nicht darum, ein Problem an den Staat abzuwälzen. Der Bund soll Abwicklungsstelle sein. Er soll daher im Gegenzug die Lärmabgaben, die wir heute je Passagier einkassieren, erhalten, damit er die Lärmentschädigungen kostenneutral bezahlen könnte.

Fühlen Sie sich dabei vom zuständigen Bundesrat Moritz Leuenberger genügend unterstützt?

Die Zusammenarbeit in Zürich und auch in Bern ist heute eine gute. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) ist gut geführt, und wir haben auf Stufe BAZL eine sehr gute Unterstützung.

Sie sprechen vom BAZL und nicht von Herrn Leuenberger.

Unser Ansprechpartner ist der Chef des Bundesamtes.

In Zürich hat das Dossier Luftfahrt die Hand gewechselt, und das hat zur Entspannung beigetragen. Wäre im Bundesrat Ähnliches wünschbar?

Es liegt sicher nicht an mir, eine Empfehlung an den Bundesrat auszusprechen. Und ob ein anderer Bundesrat in einem solch schwierigen Dossier glücklicher und erfolgreicher wäre als Bundesrat Leuenberger, sei dahingestellt. Wir alle, die Flughafenbetreiberin Unique, der Regierungsrat des Kantons Zürich und der Bundesrat sind in dieser Sache gefordert, eine Lösung zu finden. Und dies gelingt nur, wenn wir mit Deutschland nach Lösungen suchen, um endlich Rechtssicherheit zu bekommen.

Sehen Sie da bessere Chancen unter der neuen Regierung in Deutschland?

Ja. Aber wir dürfen nicht nur isoliert über das Luftverkehrsthema verhandeln. Wir haben in andern Dossiers Stärken, Trümpfe in der Hand, die man in die Verhandlungen einbeziehen muss.

Andreas Schmid (49) ist VR-Präsident der Unique Zurich Airport. Zudem sitzt er in den Verwaltungsräten von Kuoni und Barry Callebaut. Das Interview ist ein Auszug aus dem BILANZ Business Talk «Andreas Schmid: Anatomie eines Gestalters», der auf SF zwei ausgestrahlt wurde.