Der deutsche Autokonzern Volkswagen will seine Produktion umfassend automatisieren und setzt dabei auf Roboter und Künstliche Intelligenz (KI). Dabei möchte Volkswagen vor allem in der Produktion Menschen durch Roboter ersetzen, um Mitarbeiter zu entlasten und die Fertigungskosten zu senken. Aber Autos sind nicht das Einzige, was Volkswagen automatisieren will. Künftig kommt Künstliche Intelligenz auch in ganz anderen Bereichen, an die man bei einem Autobauer nicht gleich drauf kommt, zum Einsatz. 

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So etwa in der Mediaplanung: Dafür hat VW vor zwei Jahren die Media-Agentur MediaCom, eine der grössten der Welt mit rund 7000 Mitarbeitern mit Sitz in London sowie Niederlassungen in Berlin oder Zürich, verlassen und das digitale Geschäft in Deutschland an die junge, dänische Agentur Blackwood Seven übergeben.

Werbeagentur Blackwood Seven setzt auf Künstliche Intelligenz

Blackwood Seven nennt sich selbst «Media A.I.gency»: Sie arbeitet mit Künstlicher Intelligenz und Maschinellem Lernen, mit Big Data, voll automatisiert. Wie die Agentur selbst über sich schreibt, entwickelt sie für ihre Kunden eine personalisierte «Media-Wirkungs-Formel» und berechnet die Distribution für alle digitalen Kanäle, aber auch für Offline-Kanäle wie Print, TV und Radio. Dabei soll der Medienmix weitaus besser gelingen als bei herkömmlichen Media-Agenturen, sind die Macher von Blackwood Seven überzeugt. 

Das gilt auch für Volkswagen. Wie Lutz Kothe, Leiter Marketing und PR für Autos bei Volkswagen gegenüber der amerikanischen Onlineplattform Digiday sagt, verkauft der deutsche Autokonzern mehr Fahrzeuge, wenn er die Werbeausgaben mit Blackwood Seven ausführt, als mit der Empfehlung einer herkömmlichen WerbeagenturKothe sagte, dass sein Team den Algorithmus von Blackwood Seven verwendet, um die richtigen Anzeigen zu platzieren, die auf klaren Verkaufslogiken mittels Big Data basieren.

Strategie für Volkswagen brauchte Vorlauf

Bis die Einbindung mit der KI-Plattform von Blackwood Seven bei VW jedoch funktionierte, dauerte es eine Weile. Vor zwei Jahren, als der deutsche Autokonzern der dänischen Agentur das Mandat übergab, war sich Kothe nicht sicher, ob der Algorithmus in der Lage sein würde, bessere Medienempfehlungen zu liefern als die Agentur, hinter deren Planung Berater aus Fleisch und Blut stecken. Wenige Monate nach dem Deal seien die Resultate aber vielversprechend gewesen, so Kothe

Zwischen September und Dezember 2016 nutzte Volkswagen die Medienempfehlungen des Algorithmus für eine Kampagne für sein «up!»-Modell. Der Einsatz führte zu einem Anstieg der Bestellungen um 14 Prozent. In manchen Fällen sei der Erfolg der automatisierten Aufträgen des Algorithmus von Blackwood Seven und den Platzierungen der «alten» Agentur bis zu 20 Prozent höher gewesen, sagt Kothe gegenüber «Digiday».

Jedes VW-Modell bekommt eigene Strategie

Seither wendet Volkswagen den Algorithmus auf alle seine Medienstrategien in Deutschland an. Jedes Fahrzeugmodell erhält eine andere Methode, die voraussagt, welche Investitionen in welche Medien sinnvoll sind und welches Vorgehen die besten Renditen bringen. 

Diese Prognosen beruhen auf den Daten wie die Auftragseingängen von Volkswagen sowie auf Marktdaten wie Treibstoffpreis, Wettbewerberpreise und Pkw-Gesamtzulassungen aus verschiedenen Quellen. Je mehr Daten eingespeist werden, desto «intelligenter» seien die Empfehlungen von Blackwood Seven, sagt Kohte. 

Die Massnahmen für Display, Search und Social Media kaufte das Marketing-Team von Volkswagen 2017 direkt von der Plattform. Damit hat Volkswagen die direkte Absprache mit den «humanen» Beratern umgangen und damit versteckte Rabattkosten, die aus der Agentur heraus entstehen können, vermieden. 

Big Data nutzt Kundendaten effizient

Was Blackwood Seven von den anderen Agenturen unterscheidet, so Kothe, ist die Fähigkeit der KI-Plattform, riesige Datenmengen zu verarbeiten. Die Marketingspezialisten von Volkswagen beziehen Daten von mehr als 1400 Berührungspunkten des Kunden. Dabei verliess sich VW aber stets auf die «persönliche Interpretation der Agentur», die nicht nur auf Daten basierte, sagt Kothe. Der entscheidende Vorteil des Algorithmus sei, dass Volkswagen präziser voraussagen kann, was die Investitionen in die verschiedenen Medien genau bewirken.

Dazu kommt noch eine weitere Komponente: Volkswagen kann in mehr Kampagnen weniger investieren – und trotzdem einen Umsatzanstieg verzeichnen, sagt Kothe. Dabei agiere der Algorithmus viel differenzierter, als man zuerst glauben mag, so Kothe. Das Radio, das in Deutschland allgemein hin als «veraltetes» Medium gelte, werde laut den Prognosen des Algorithmus häufiger genutzt als andere Medien, um neue Autos auf dem Markt zu etablieren. 

Aber für Volkswagen war es alles andere als einfach am Anfang, einer Maschine zu vertrauen. Nach zwei Jahren Zusammenarbeit mit Blackwood Seven und einem Jahr vor den ersten Gesprächen spricht das deutsche Team von Volkswagen erst jetzt mit anderen Märkten über die Leistungsfähigkeit des Algorithmus.

In UK ist Blackwood Seven gescheitert

Der Hype um Künstliche Intelligenz bei der Platzierung von Werbung ist mit Vorsicht zu geniessen. Das beweist der gescheiterte Start von Blackwood Seven in Grossbritannien, wo die Agentur ihren Ableger Ende 2017 nach nur einem Jahr wieder schliessen musste.

Aber auch die Vorteile von Künstlicher Intelligenz in der Mediaplanung liegen auf der Hand: Werbetreibende haben mehr Transparenz bei ihren Media-Ausgaben. Das ist bei den alteingesessenen Media-Agenturen nicht immer der Fall, weil viele Kosten für unklare Leistungen entstehen.