Mit knapp 15'000 Hektar repräsentiert die Schweiz 0,2 Prozent der Welt-Rebfläche. Ein Winzling im Vergleich mit Frankreich, Spanien und Italien. Aber ganz gross, wenn es um die Rebsortenvielfalt geht.

Laut der Branchen-Organisation Swiss Wine sind 168 Rebsorten statistisch erfasst. Autochthone, also einheimische Sorten werden auf über einem Drittel der Schweizer Rebfläche angebaut. Spitzenreiter ist Chasselas. Die wichtigste Weissweinrebsorte der Schweiz steht auf 3'444 Hektar (Stand 2024).

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Bei den einheimischen Roten stehen die Schweizer Neuzüchtung Gamaret und Garanoir ganz vorne. Dann folgen Sorten, die schon vor Jahrhunderten das Schweizer Weinhandwerk prägten. Sie werden von den Winzern gepflegt und weiterentwickelt.

Tausendsassa in Weiss

Ein schönes Beispiel ist Petite Arvine. Die Walliser Weissweinrebe wurde erstmals 1602 in der Kantonshauptstadt Sion erwähnt. Nach einer Durststrecke in den 1980ern ist sie heute der Star unter den autochthonen Sorten des Rhonetals.

Petite Arvine kann aber auch alles: Die trockenen Weine sind elegant und haben neben der balancierten Säure eine feine salzige Note. In der edelsüssen Variante als Grains Nobles entfaltet sich im Glas ein Feuerwerk an Aromen: vollreife Aprikosen, Quitten sowie ein Hauch von kandierten Zitronen und weissen Blüten.

Zur Rarität geworden

Zum Zürisee-Feeling gehören Fischknusperli. Und zu Fischknusperli gehört Räuschling. Die weisse Sorte wächst in der Schweiz auf rund 28 Hektar, davon stehen 71 Prozent im Kanton Zürich. Der Name der robusten Rebsorte stammt vom Rauschen der Blätter im Wind und hat mit den Folgen zügellosen Genusses nichts zu tun.

Räuschling ist zugewandert. Die Sorte kam im 18. Jahrhundert aus dem Südwesten Deutschlands in den Kanton Schaffhausen, wo sie «Zürichrebe» hiess. Ausserhalb der Schweiz taucht Räuschling in keiner Statistik auf. Die Sorte wurde zur Zürcher Rarität.

Unvergessene Tessinerin

Das Tessin ist Merlot-Land. Das war nicht immer so. Im Südkanton lag der Weinbau im ausgehenden 19. Jahrhundert darnieder. Pilzkrankheiten und Reblaus verursachten den Zusammenbruch. Mit Merlot startet ab 1905 die Wiederbelebung der Tessiner Rebflächen.

Die Sorte Bondola überstand das Reblaus-Desaster. Noch vor ein paar Jahren waren die Trauben allenfalls Bestandteil roter Cuvées. Heute wird Bondola auch sortenrein gekeltert. Die Weine duften nach Roten Johannisbeeren, getrockneten Hibiskusblüten und einer feinen Würzigkeit. Mit der beerigen Frische am Gaumen ist Bondola ein prima Rotwein für den Sommer, der leicht gekühlt ins Glas kommt.