Das Licht ist sanft und die Luft so glatt wie Seide. Die Sommerhitze im Bozner Talkessel weicht angenehmer Wärme. In den Wäldern sind die Marroni reif.

Es duftet nach reifen Äpfeln, die ersten kühlen Nächte zaubern farbige Blätter in die Rebberge und auf den Strassen tuckern mit Trauben beladene Traktoren in die Kelterhäuser.

Das Törggelen verbindet Wandern und Weinkultur

Kein Wunder fügen die Südtiroler dem Herbst eine fünfte Jahreszeit hinzu: Das Törggelen. Der Begriff kommt von «torculus», dem lateinischen Wort für Weinpresse. Früher fachsimpelte man bei einem Becher jungem Wein im Kelterhaus mit dem Kellermeister über den Jahrgang, den Ertrag und die Qualität der Trauben.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Heute wird durch die Rebberge von Hof zu Hof gewandert. Beim Einkehrschwung in die Winzerhöfe lässt man sich kulinarisch verwöhnen.

Klassische Gerichte sind Speck, Kaminwurzen — das sind kaltgeräucherte und luftgetrocknete Würste — Roggenbrot sowie deftige Knödel oder süsse Mehlspeisen. In die Gläser kommt junger Wein, noch trüb, leicht süss und dank der Gärungskohlensäure herrlich erfrischend.

Mehr Weissweine statt Vernatsch

Südtirol wird gegen Norden von den Alpen abgeschirmt. Vom Gardasee her weht der warme Ora-Wind durch das Etschtal. Dazu kommen Fallwinde, die für nächtliche Kühle sorgen. Der Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht erhält Säure und Frucht in den Trauben.

Das nördlichste Anbaugebiet Italiens hat sich in den letzten 30 Jahren stark gewandelt. Die Rebfläche der roten Sorte Vernatsch schrumpfte von 2402 Hektar im Jahr 1996 auf 479 ha im Jahr 2022. Die Traube für hellrote, saftige Weine mit feinem Weichsel-Aroma und herrlicher Leichtigkeit war einst das Rückgrat der Südtiroler Weinwirtschaft.Zwar werden rote Sorten wie der autochthone Lagrein sowie Pinot noir, Merlot und Cabernet-Sorten vermehrt angebaut, doch Sauvignon blanc, Gewürztraminer, Pinot Grigio, Weissburgunder und Kerner legten extrem zu. Heute werden in Südtirol 65 Prozent Weisswein gekeltert. Vor rund 30 Jahren lag der Anteil roter Sorten bei 63 Prozent.

(W)eingeschenkt

Dieser Artikel ist im neuen Weinchannels (W)eingeschenkt der Handelszeitung erschienen. Weitere aktuelle Beiträge zum Thema Wein finden Sie hier