«Wir nehmen den Trend unserer Gäste zu weniger Alkohol ernst und bieten Alternativen, die eine ähnlich grosse geschmackliche Vielfalt haben wie Wein», sagt Amanda Wassmer-Bulgin.

Wer die alkoholfreie Getränkebegleitung im Drei-Sterne-Restaurant in Bad Ragaz wählt, bekommt Produkte ins Weinglas geschenkt, die sie oft selbst handwerklich aus verschiedenen Zutaten herstellt. Das sei fast wie ein Tag kochen, sagt die Sommelière.

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Gute Speisenbegleiter

Die Rede ist von Proxys. Proxys sind alkoholfreie Getränke. Sie werden aus verschiedenen natürlichen Zutaten hergestellt und erinnern geschmacklich an Wein. Als Begleiter zum Essen können Proxys Wein ersetzen. Ideal für Personen, die aus welchen Gründen auch immer, auf Alkohol verzichten möchten.

Die Basis für den neuen Getränketyp kann Tee oder Saft aus Keltertrauben sein. Eine knackige Säure liefert Verjus, der aus grünen Trauben gewonnen wird. Auszüge aus Früchten und Blüten sorgen für die Aromatik. Vollendet und verfeinert wird mit Shrubs.

Einen Riesling Kabinett «nachbauen»

Shrubs sind Sirupe, hergestellt auf Essigbasis mit Früchten oder Gemüse, gewürzt mit Blüten und Kräutern. Um das Aroma eines leichten Riesling Kabinett «nachzubauen» verwendet  Wassmer-Bulgin einen  Shrub aus Kräuteressig und Kohlrabi. Verfeinert wird mit einem Aufguss aus Erdbeerblättern.

Nicht nur die Generation Z, auch gesetztere Weinkonsumenten reduzieren ihren Alkoholkonsum und verlangen nach schmackhaften Alternativen. «If you can't beat them, join them! Wenn du sie nicht schlagen kannst, schliess' dich ihnen an», lautet die Antwort von Amanda Wassmer-Bulgin auf das veränderte Konsumverhalten.

Alternative zu entalkoholisierten Weinen

Grosse, exportorientierte Kellereien rund um den Globus investieren in die Produktion entalkoholisierter Weine. Nur, weshalb mit grossem energetischen Aufwand den Alkohol entfernen, der aus Trauben mit viel Know-how und Verfahrenstechnik produziert wurde?

Das Weingut Gustavshof liegt im deutschen Anbaugebiet Rheinhessen, rund 50 Kilometer südlich von Frankfurt. Dort wird das Weinangebot schon seit einigen Jahren mit Proxy-Weinen ergänzt. Gearbeitet wird mit Traubensaft, Verjus, Blüten, Beeren und hausgemachten Trinkessigen, die im Holzfass lagern.

Zutaten aus biodynamischer Produktion

Das Weingut arbeitet biodynamisch, ist also Demeter zertifiziert. Eine Produkte-Philosophie, die für Amanda Wassmer-Bulgin die Basis ihres Schaffens ist.

Der «Zero Zero Weiss» vom Gustavshof schmeckt. Der Proxy-Wein wird aus der Sorte Birstaler Muskat produziert. Die Trauben wachsen auf kalkreichem Lössboden auf 300 Meter über Meer und werden früh geerntet, damit sie weniger Fruchtzucker einlagern.

Weniger Kalorien

Im Glas duftet der Proxy nach Sommerwiese und frischem Heu. Er ist am Gaumen gut strukturiert und hat neben der frischen Säure eine feine Salzigkeit, die Lust auf den nächsten Schluck macht.

Etwas über fünf Gramm Zucker aus den Trauben und 23 Kalorien pro Deziliter hat der Proxy-Weine. Die gleiche Menge Weisswein kommt je nach Süsse auf 70 bis 100 Kalorien. Ein weiterer Benefit für gesundheitsbewusste Konsumenten.

In Proxys steckt viel Handwerk drin

Noch stecken die Proxys in den Kinderschuhen und wie schnell sich der neue Getränketyp behaupten kann, steht in den Sternen. Bei alkoholfreien Bieren oder Spirituosen sei die Akzeptanz grösser, meint Amanda Wassmer-Bulgin.

Klar ist für sie auch: Proxy-Weine sind hochwertige Produkte, die ihren Preis haben dürfen, weil genauso viel Handwerk drinsteckt wie beim Wein.«Die Weinkultur kommt der Innovation manchmal ein bisschen in die Quere. Aber der Weinkosmos bewegt sich weg von der Monokultur zu mehr Diversifizierung», sagt Wassmer-Bulgin.

(W)eingeschenkt

Dieser Artikel ist im neuen Weinchannels (W)eingeschenkt der Handelszeitung erschienen. Weitere aktuelle Beiträge zum Thema Wein finden Sie hier