Das abgeschlossene erste Drittel des Jahres war mit Blick auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung eine Achterbahnfahrt. Das zeigte sich ganz ausgeprägt an den Kapitalmärkten. Nach einem starken Start kam es an den Börsen im März zu einer heftigen Korrektur, danach wieder zu einer Erholung. Ähnlich die Entwicklung an den Anleihemärkten. Letztlich haben die Kurse die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Konjunktur, der Inflation, der Leitzinsen und der Finanzbranche widerspiegelt. 

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Die Erholung seit dem März schien – passend zum Frühling – für eine Aufhellung der Aussichten zu stehen. Jüngste Daten etwa deuten auf ein Nachlassen der Inflation hin. Die Angst vor einer schlimmen weltweiten Rezession nahm ebenfalls ab, und selbst eine erneute Bankenkrise nach all den Turbulenzen im März schien eben noch eine übertriebene Sorge zu sein. 

Zu früh gefreut: Die Achterbahnfahrt geht weiter. Seit der Notrettung der First Republic Bank am letzten Wochenende in den USA mittels subventionierter Übernahme durch JP Morgan – der grössten US-Bank – ist die Angst vor einer erneuten Finanzkrise erneut aufgeflammt. In der Nacht auf den Mittwoch brachen die Aktien einer Reihe von Finanztiteln wieder dramatisch ein. 

Auslöser der Sorgen um den Finanzsektor war schon im März der dramatische weltweite Zinsanstieg, den die Notenbanken initiiert haben, um die ausser Kontrolle geratene Inflation zu bekämpfen. In der aktuellen Woche entscheiden die beiden wichtigsten Notenbanken der Welt, das Fed in den USA und die Europäische Zentralbank, über weitere Zinserhöhungen. 

Sprengstoff im Finanzsektor

Höhere Zinsen wirken sich günstig auf die Erfolgsrechnung der Banken aus, weil sie an der Differenz zwischen den verlangten höheren Kreditzinsen und den Kosten für Einlagenzinsen verdienen. Aber steigende Zinsen mindern den Marktwert von Anlagen wie Anleihen, Krediten und Hypotheken.

Gemäss Schätzungen wäre ein grosser Teil der US-Banken insolvent, müssten sie ihre Anlagen zu Marktwerten ausweisen. Kein Wunder, bleibt die Nervosität im Finanzsektor gross.

Auch dass die Inflation kaum mehr weiter steigt und an einigen Orten wieder sinkt, ist nur ein kleiner Trost. Denn das ist nicht mit sinkenden Preisen zu verwechseln. Im Gegenteil, es bedeutet, dass die Preise weiter deutlich zu stark ansteigen, bloss weniger stark als zuvor. 

Auch für die Notenbanken wird erwartet, dass es mit dem Zinsanstieg nicht mehr weitergeht wie bisher. Aber angesichts der hoch bleibenden Inflation werden sie nicht so bald wieder deutlich sinken, und zum anderen kommen die Folgen der Zinserhöhungen erst verzögert in der Realwirtschaft an, wie sich das bereits am Finanzsektor zeigt. 

Das Hauptziel der höheren Leitzinsen besteht schliesslich darin, die Wirtschaft generell auszubremsen, um den Preisdruck zu dämpfen. Und dieser Effekt steht uns noch bevor – und niemand weiss, wie scharf er ausfallen wird. Die jüngsten Erhebungen zu den Einkaufsmanagerindizes in der laufenden Woche liefern jedenfalls ein klares Signal – auch aus der Schweiz. Sie deuten auf eine deutliche Eintrübung der Konjunkturlage ein. Trotz der Ruhe in den vergangenen Wochen: Es ist noch zu früh zum Feiern.
 

Markus Diem Meier
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