In der Affäre Hildebrand ebnet die Immunitätskommission des Nationalrats den Weg für ein Stafverfahren gegen Christoph Blocher. Entscheidend ist der Umstand, dass es schon zwei Tage vor dessen Vereidigung als Nationalrat zu einer Verletzung des Bankgeheimnisses gekommen sein soll.

Die Amtseinsetzung Blochers fand am 5. Dezember 2011 statt. Aber schon am 3. Dezember hatte der SVP-Vizepräsident und alt Bundesrat in seinem Haus in Herrliberg den Informatiker der Bank Sarasin, der als Informant fungierte, und den Zürcher SVP-Kantonsrat und Anwalt Hermann Lei empfangen.

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Damals soll Blocher Screenshots von Kontodaten des inzwischen zurückgetretenen Nationalbankpräsidenten Philipp Hildebrand zumindest gesehen haben. Damit wäre nach Ansicht der Zürcher Staatsanwaltschaft der Tatbestand der Verletzung des Bankgeheimnisses erfüllt.

Blocher soll versucht haben, Lei anzustiften

Die Immunitätskommission musste an ihrer Sitzung vom Mittwoch darum gar nicht entscheiden, ob diese Handlungen einen unmittelbaren Zusammenhang mit Blochers Tätigkeit als Parlamentarier hatten, wie Kommissionspräsident Heinz Brand (SVP/GR) vor den Medien in Bern erklärte. Blocher war zum fraglichen Zeitpunkt nicht Parlamentarier, darum kommen die Immunitätsbestimmungen des Parlamentsgesetzes für ihn nicht zur Anwendung.

Anders bei den Vorfällen vom 27. Dezember, welche die Staatsanwaltschaft ebenfalls für strafwürdig hält. Damals soll Blocher versucht haben, Lei dazu anzustiften, zusammen mit dem Sarasin-Informatiker die Bankunterlagen Hildebrands an die «Weltwoche» weiterzuleiten.

Weil Blocher bereits als Nationalrat vereidigt war, musste die Kommission entscheiden, ob diese Handlungen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit Blochers Mandat standen. Mit 5 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung habe die Kommission diesen Zusammenhang bejaht, erklärte Brand. «Die Kommission ist der Ansicht, dass Blocher als Mitglied der Oberaufsichtsbehörde der Nationalbank gehandelt hat.»

«Anschuldigungen zu wenig gewichtig»

Aus diesem Grund musste die Kommission anschliessend auch das Gesuch der Staatsanwaltschaft um Aufhebung der Immunität behandeln. Dabei galt es laut Brand, die strafrechtliche Relevanz der fraglichen Handlungen summarisch zu beurteilen.

Anschliessend musste die Kommission eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer Strafverfolgung und dem öffentlichen Interesse an der ungehinderten Ausübung eines parlamentarischen Mandates vornehmen.

Sie sei zum Schluss gekommen, «dass die Anschuldigungen zu wenig gewichtig sind, um die Immunität aufzuheben», sagte Brand. Der Entscheid im neunköpfigen Gremium fiel mit 5 zu 4 Stimmen.

Blocher kooperativ

Vor ihrem Entscheid hatte die Immunitätskommission Blocher und Lei angehört. Laut Brand hat Blocher alle Fragen der Kommissionsmitglieder beantwortet, so dass sich das Gremium ein gutes Bild habe machen können. Blocher selber wollte im Anschluss an die knapp zweistündige Anhörung keinen Kommentar abgeben.

Es ist der erste Fall, den die neu geschaffene Immunitätskommission des Nationalrats zu beurteilen hat. Ihren Entscheid zum Zeitpunkt des Amtsantritts stützte sie unter anderem auf ein juristisches Gutachten der Parlamentsdienste, wie Brand erklärte.

Der Fall geht nun an die Rechtskommission des Ständerats. Diese tagt am 31. Mai. Entscheidet sie gleich wie die Immunitätskommission, muss sich Blocher dem Verfahren stellen. Beurteilt würden dabei aber nur die Handlungen vom 3. Dezember. Spricht die Rechtskommission Blocher volle Immunität zu, geht der Fall zurück an die Nationalratskommission.

(tno/sda/awp)