Wer im deutschsprachigen Raum Linkedin nutzt, stolpert früher oder später über Yaël Meier. Die junge Unternehmerin gründete mit ihrem Partner Jo Dietrich 2020 eine Beratungsagentur namens Zeam. Ihre Ambition: Unternehmen dabei zu helfen, die Generation Z zu erreichen. Meier und ihr Team kommen gut an, ihr allein folgen über 115’000 Menschen auf der Berufsplattform.

Aus ihrer Arbeit mit Unternehmen entstand auch das Buch «Gen Z: Für Entscheider:innen» (die Handelszeitung rezensierte). Seit der Veröffentlichung des Buches ist die 23-Jährige nicht untätig geblieben. Vor ein paar Tagen verkündete sie auf ihrem Linkedin-Profil gemeinsam mit Instagram-König Zeki Bulgurcu und Comedian Manuel Burkart («Divertimento»), eine App gegen den Fachkräftemangel entwickelt zu haben. 

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Die App Jobshot dreht den Spiess des Bewerbungsprozesses um: Unternehmen bewerben sich bei Stellensuchenden, und das komplett zeitgemäss mit Kurzvideo à la Tiktok. Ist man interessiert, kann man das mittels Video-, Audio- oder Textnachricht dem Unternehmen mit einem Klick mitteilen. In nur wenigen Tagen hat die App laut eigenen Angaben die Download-Marke von 20’000 geknackt, verzeichnet 9500 Stellensuchende und hat über 600 registrierte Unternehmen, die Inserate lanciert haben oder es noch vorhaben. «Jede zweite Ausschreibung hat bereits eine Bewerbung erhalten», freut sich Jo Dietrich.

Harter Gegenwind für Jobshot

Doch nicht nur die Download-Zahlen schnellen in die Höhe, auch die Anzahl kritischer Stimmen wächst. Der heftigste Gegenwind bläst Dietrich und Co. aus der Ecke der HR-Expertinnen und -Experten entgegen. Die Vorwürfe: mangelnde Authentizität, zu teure Inseratepreise und keine Zielorientiertheit.

Jobshot wurde im Januar unter dem Namen Snapjobs gegründet, registrierter Manager ist Jonny Billeter, ein Unternehmer und Vertriebsberater. Nicht Zeki Bulgurcu und auch nicht Yaël Meier. Für kritische Stimmen ein gefundenes Fressen, für Dietrich keine Neuigkeit: «Unser Marketing wirft viele Fragezeichen auf, die wir beantworten werden.» Keine der kritisch gestimmten Personen habe sie angefragt und die Punkte, die beanstandet werden, verifizieren lassen, ergänzt Dietrich.

Zum Gründungsteam und dessen Zusammenstellung zieht er einen populären Vergleich: «Es ist ähnlich wie bei On, einer hat die Idee für die Sohle gehabt, aber der Schuh erhielt erst durch das Team an Sprungkraft.» Gegenüber der «Handelszeitung» bestätigt er: Jonny Billeter, Manuel Burkart, Yaël Meier, Zeki Bulgurcu und er selbst seien das Gründungsteam. Mittlerweile wurde dies auch über Linkedin bekannt gegeben.

Die Kritik äusserte Selma Kuyas, zweifache Linkedin-Top-Voice im Bereich Job und Karriere und Unternehmensberaterin für Corporate Influencer Programme. Für sie ist die App ein missglücktes Beispiel für das neue Phänomen der «Creator Economy», wenn Personen des öffentlichen Lebens ein Produkt mithilfe ihrer «Personal Brand» vermarkten. Dabei übe sie keine Kritik am Influencen selbst, sofern es glaubwürdig sei und nicht auf Kosten des Vertrauens der Community gehe. Zu der App selbst meint sie: «Ich denke, eine App ist höchstens ein Werkzeug, das im Idealfall eine Ergänzung ist. Es sollte nicht als Wundermittel angepriesen werden.»

Inserate seien zu teuer

Kevin Heller, ein weiterer HR-Experte auf Linkedin, bemängelt die Dienstleistung an sich. Ein Inserat kostet 660 Franken und wird für einen Monat aufgeschaltet. In diesem Monat erreicht es nur die auf der App registrierten Nutzerinnen und Nutzer, Stand jetzt seien das 9500 bestätigt Dietrich. Heller bezweifelt, ob sich der Inseratepreis angesichts der schmalen User-Basis rechtfertigen lässt, Reichweite von Meier, Burkart und Bulgurcu hin oder her.

Dietrich sagt: «Die Preise sind marktüblich.» Andere Stellenportale beginnen ihr Pricing im Basis-Tarif erst bei 625 Franken pro Monat Laufzeit. Dass das Produkt von der Reichweite von Zeki profitiert, davon geht er aus. Niemand wisse besser, wie man Menschen an einen Ort bringt, als der 525'000 Follower schwere Social-Media-Star, ergänzt er. 

Den letzten Knackpunkt, der im Raum steht, ist die Simplizität des Versprechens. Eine App allein löse nicht das weltweite Phänomen des Fachkräftemangels. Dazu meint Meier auf Linkedin, dass sich der Fachkräftemangel nichts lösen lasse, es aber Innovation brauche.

Auch Dietrich sagt im Gespräch, die App sei in erster Linie dazu da, den Erstkontakt zu vereinfachen. Am Mittwochabend findet der offizielle Launch-Event statt. Ob die App sich auf Dauer bewährt und fester Bestandteil des Bewerbungsprozesses wird oder ob sie so schnell wieder verschwindet, wie sie auf Linkedin aufgetaucht ist, wird sich zeigen.

Olivia Ruffiner
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