Seit 17 Jahren verfolgt der Zürcher Personalvermittler Guido Schilling die Entwicklung der Geschlechterzusammensetzung auf der obersten Führungsebene. Während 13 Jahren veränderte sich der Frauenanteil schleppend – um dann über die letzten vier Jahre sprunghaft in die Höhe zu schiessen.

Damit ist die Schweizer Wirtschaft auf gutem Weg, die Richtwerte zu übertreffen. Vorgesehen sind 20 Prozent Frauen in den Geschäftsleitungen bis 2031 und 30 Prozent in den Verwaltungsräten bis 2026.

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Viele Frauen in den Verwaltungsräten der 20 SMI-Firmen

In konkreten Zahlen bedeutet der Fortschritt, dass die 20 SMI-Firmen – dazu gehören international agierende Grossfirmen wie Nestlé, Alcon, Holcim, Lonza oder UBS – ihren Wert auf Geschäftsleitungsstufe von 12 Prozent im Jahr 2020 auf heute 24 Prozent verdoppelten.

Auf Stufe Verwaltungsrat vollzieht sich der Wechsel mit ähnlicher Geschwindigkeit, aber mit einem höheren Prozentanteil: Waren im Jahr 2018 noch 23 Prozent der Verwaltungsräte weiblich, so sind es heute bereits 34 Prozent.

Dieser Umstand erfreut umso mehr, als dass die SMI-Firmen mit diesen Quoten den angepeilten Richtwert weit vor der gesetzten zeitlichen Marke erreichen. Ein Grund ist besonders ausschlaggebend: «Jede zweite freigewordene Verwaltungsratsstelle wird heute weiblich besetzt», erläutert Guido Schilling. 

Und doch, ein Wermutstropfen bleibt bei den SMI-Firmen: Obwohl mehr Frauen in Führungsgremien sitzen, besetzen sie noch immer nicht die Toppositionen. Nach wie vor werden alle 20 Firmen von Männern als CEO geführt, und nur eine wird von einer Frau präsidiert.

Bei den 100 grössten Firmen sind die Richtwerte in Sicht

Bei den 100 grössten Arbeitgebern – hier gehören Sulzer, Emmi, Migros, Coop, Dormakaba, Bühler und viele weitere dazu – sieht der Trend ähnlich aus. Die Zahlen bewegen sich jedoch im tieferen Bereich.

In den Verwaltungsräten sitzen heute 29 Prozent Frauen, in den Geschäftsleitungen sind es 19 Prozent. Erfreulich ist: Auch diese Werte kratzen am vorgegebenen Richtwert, weit früher als geplant, und werden ihn laut Schilling voraussichtlich 2024 erreichen.

Auf der anderen Seite gilt aber nach wie vor der Umkehrschluss: Es ist nur jedes dritte Verwaltungsratsmitglied und jedes fünfte Geschäftsleitungsmitglied weiblich. Es besteht noch Luft nach oben. Das ist auch der Grund, weshalb Guido Schilling das Erreichen von Diversität auf dem Top-Level ein «Generationenprojekt» nennt.

Von aussen angestossen, heute intrinsisch motiviert

Was aber sind die Gründe für den markanten Anstieg der letzten Jahre, auch im Hinblick darauf, dass sich während den Jahren zuvor kaum etwas veränderte? Ist es intrinsische Motivation oder wollen Firmen in Bezug auf ihre ESG-Ziele besser dastehen und ihre Investoren vom Geschäft überzeugen?

Für Guido Schilling ist es ein Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren: «War das Thema in der Vergangenheit bei vielen zentraleuropäischen Firmen ESG-getrieben, ist es heute die Erkenntnis, dass divers aufgestellte Teams ein Mehrwert für den Unternehmenserfolg sind.»

Dabei gilt das nicht nur für die Führungsebene, sondern für das gesamte Unternehmen: «Die erfolgreichen Konzerne haben erkannt, dass es sich lohnt, bereits an der Basis starke Frauen zu gewinnen und in diese mit attraktiven Anstellungsbedingungen, zeitgemässen Anstellungsbedingungen und entsprechender Flexibilität bei Mutterschaftspausen zu investieren.»

So gelinge es den Firmen, die qualifizierten Frauen über alle Hierarchieebenen hinweg nachhaltig zu entwickeln und zu fördern – und er könne hoffentlich in einigen Jahren einen ausgeglichenen Schillingreport präsentieren.

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