Zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens und des auch vom Weltklimarat (IPCC) empfohlenen 1,5-Grad-Ziels hat sich Deutschland verpflichtet, bis zum Jahr 2038, möglichst schon 2035, aus der Kohleverstromung auszusteigen.

Inzwischen deuten noch strengere Emissionsziele im deutschen Klimaschutzgesetz sogar auf einen noch früheren Kohleausstieg bis 2029 hin. Global schliessen sich immer mehr Staaten und Investoren dem Dekarbonisierungskurs an. Im ersten Halbjahr 2020 wurden weltweit bereits mehr Kraftwerkskapazitäten stillgelegt, als neu in Betrieb genommen wurden. Erstmals ging so die installierte weltweite Leistung von Kohlekraftwerken zurück.  

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Emissionshandel zeigt Wirkung    

Ein Hemmschuh beim Ausstieg ist der Fakt, dass Kohle immer noch als eine der billigsten Energiequellen gilt. Dies insbesondere in Schwellen- und Entwicklungsländern. Negative Effekte der Kohlekraft auf das Klima und die menschliche Gesundheit werden ausgeblendet und spiegeln sich kaum im Preis wider. Inzwischen beobachten wir jedoch, dass die Bepreisung von Treibhausgasemissionen und die Rücknahme von Subventionen für fossile Energieträger weltweit eine Lenkungswirkung entfalten. Und das sogar in traditionellen «Kohleländern» wie China.

Bereits ein vergleichsweise geringer CO2-Preis macht die Kohleverstromung in Europa unprofitabel. Die Folgen zeigen sich zum Beispiel in Deutschland, wo im Jahr 2019 der Anteil von Kohlestrom um mehr als 20 Prozent schrumpfte, nachdem der CO2-Preis im europäischen Emissionshandel die Schwelle von 30 Euro erreicht hatte.  

Kohlestrom wird teurer und teurer    

Je mehr die Emissionsrechte künftig verknappt werden, desto teurer und unrentabler wird Kohlestrom. Durch verschärfte Umweltauflagen steigen bei Kohlekraftwerken ausserdem sowohl die Investitionskosten als auch die Unterhaltskosten. Während Kohlekraftwerke so auf lange Sicht immer teurer werden, können sich Kraftwerke für erneuerbare Energien ohne diese Belastungen im Laufe der Jahre finanziell zunehmend amortisieren.
 

Über die Autorin

Angela Maria Quiroga Manrique ist ESG Analystin bei Union Investment.

Neben den wachsenden finanziellen Nachteilen sind Kohleförderung und Verstromung wegen Schäden an Mensch und Umwelt eine Hypothek für die Zukunft des Planeten. Unternehmen aus der Kohlebranche haben mit einem schmutzigen Image zu kämpfen und bergen ein hohes Risiko für Klimaklagen.    

Ironischerweise wird der durch sie mitverursachte Klimawandel selbst zu einem drängenden physischen Problem für Kohlekraftwerke. Wegen der globalen Erwärmung fehlt ihnen nämlich immer öfter das nötige Kühlwasser, um die Stromerzeugung während zunehmender Hitze- und Dürreperioden aufrechtzuerhalten. All diese negativen Faktoren zusammen führen zu einer Verdrängung von Kohlestrom durch erneuerbare Energien. Anlegern, die den Trend nicht oder zu spät erkennen, drohen in der Folge Verluste für die immer mehr gemiedenen Vermögenswerte.    

Unterscheidung zwischen Kohleförderung und Kohleverstromung  

Kohle gehört in einer 1,5-Grad-Welt zu den Auslaufmodellen unter den Energieträgern. Union Investment verfolgt daher einen Kurs, um die Finanzierung der Kohleförderung und Kohleverstromung global zu beenden. Dabei wird zwischen unterschiedlichen Beteiligten in der Wertschöpfungskette unterschieden.

Wie mehrere deutsche Energieerzeuger bereits gezeigt haben, nutzen Unternehmen, die bisher auf Kohlestrom setzten, durchaus die Möglichkeit, ihre Geschäftsmodelle zu transformieren und in Richtung erneuerbarer Energien umzustellen. Im Gegensatz zu ihnen sind reine Kohleförderer dazu in der Regel nicht fähig und kaum transformierbar.  

Breite Untersuchungen  

Dessen ungeachtet stehen beide Bereiche über die Engagement-Aktivitäten von Union Investment im Fokus einer genauen Analyse ihrer Kohle- und Dekarbonisierungsstrategien. Allein im vergangenen Jahr haben wir bei mehr als 100 Unternehmen Engagements gegen die Kohleverstromung durchgeführt. Den Kohlebergbau hinzugerechnet, summieren sich unsere Engagements im Jahr 2020 auf rund 200 Unternehmen. Die Ergebnisse zeigten, dass Kohleverstromer über verschiedene Engagement-Aktivitäten vor einem möglichen Ausschluss potenziell eher zu einer Transformation bewegt werden können.  

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Dagegen hat sich Union Investment gegenüber Kohleförderern zu einem noch strengeren Vorgehen entschlossen. Laut dem Beschluss der Sitzung des ESG Committee vom 11. Februar 2020 werden die Kohleförderer weitgehend aus dem Investmentuniversum entfernt.

Thermalkohle zuerst im Fokus    

Zunächst sind davon insbesondere die Förderer von Thermalkohle betroffen, sofern mindestens 5 Prozent (bisher galten 30 Prozent als Ausschlussgrenze) des Gesamtumsatzes aus dem Abbau thermaler Kohle stammen. Thermalkohle ist wie die Kokskohle (metallurgische Kohle) eine Untergruppe der Steinkohle. Während Thermalkohle hauptsächlich Verwendung in Kohlekraftwerken und in der Zementindustrie findet, wird die Kokskohle überwiegend in der Stahl- und Eisenindustrie verwendet.

Da es aktuell noch keine anderen wirtschaftlich vertretbaren grünen Alternativen zur Stahlverhüttung mit Kokskohle gibt, wird diese vorerst weniger scharf in der Ausschlusspolitik für Kohle bewertet.  

Bis 2035 soll Grenzwert null gelten  

Union Investment hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2025 die Ausschlussgrenze weiter abzusenken und die Investitionen in Förderer von Kraftwerkskohle vollständig zu beenden. Den Kohleverstromern, die sich nicht transformieren, drohen mittelfristig ebenfalls Ausschluss und Deinvestment.

Bis 2035 wird sukzessive der Grenzwert für die Kohleverstromung auf null herabgesenkt. Hiermit verfolgt Union Investment konsequent das Ziel der Klimaneutralität und minimiert für Anleger drohende Verlustrisiken durch eine unnötige Disruption in den Portfolios.  

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