Viele fürchten sich vor einer Bankenkrise in den USA. Sie sind überzeugt, dass mit der Silicon Valley Bank (SVB) und Signature Bank systemische Probleme auftauchten, die sich durch den Niedergang der First Republic Bank im Mai vertieften. Sie spielen die Grösse dieser Banken hoch und behaupten, es handle sich bei ihnen um Rekordpleiten, die einer Neuauflage von 2008 vorausgehen. Aber nein. Die Geschichte und neue Daten zeigen, dass nicht «Ansteckung» das eigentliche Risiko ist, sondern Regulierung. Und selbst dieses Risiko droht nicht unmittelbar.

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Die jüngsten Bankpleiten sind kein 2008. SVB und Signature scheiterten an ungewöhnlich konzentrierten Einlagen – bei Ersterer in Form von Venture Capital, bei Letzterer in Krypto. Dies lockte unausgewogene Einlagen an, die die Grenzen der staatlichen US-Einlagensicherung überschritten. Wie beim Domino brachten ein paar wenige Aussteiger ihre ausserordentlich eng verbundene Community dazu, ihnen zu folgen.

Durch die geografische Überschneidung hofierte die First Republic Bank ähnliche und oftmals dieselben Sparern mit Nischenprodukten wie die SVB. Ihre ungesicherten Einlagen überstiegen die der meisten Banken. Es gibt nur wenige derartige Banken. Als ihre Aktien implodierten, übernahm sie JP Morgan in einer von der Regierung unterstützten Geheimvereinbarung.

Über den Autor

Ken Fisher ist Gründer und Executive Chairman von Fisher Investments, einer Vermögensverwaltungsfirma mit Niederlassungen weltweit, die über 192 Milliarden Dollar verwaltet. Fisher zählt zu den einflussreichsten (und auch reichsten) Investmentmanagern der USA.

Es folgte kein Unheil. Seit der SVB-Pleite stieg der S&P 500 um 8,0 Prozent in Dollar – analog zum SPI-Zuwachs seit dem Ende der Credit Suisse. Ja, die Aktien kleiner Regionalbanken gingen zurück. Aber die der grösseren S&P 500-Finanzunternehmen gaben gerade einmal um 0,8 Prozent nach. Insgesamt reduzierten sich die Einlagen um harmlose 2,6 Prozent – bei kleineren Banken um 4,1 Prozent. Die Kreditvergabe geriet nicht ins Stolpern. Im ersten Quartal ergab der «Senior Loan Officer Opinion Survey» (Sloos), eine Bankenumfrage der Fed, die über die Kreditvergabepläne der Banken für die kommenden drei Monate berichtet, etwas restriktivere Vergabekriterien und weniger Nachfrage – nichts Neues oder Ernstes.

Warum? Die gebeutelten Banken waren einzigartig. Gemessen an ihren Vermögenswerten waren sie rund 500 Milliarden Dollar schwer, wobei First Republic, SVB und Signature häufig als die zweit-, dritt- und viertgrössten US-Bankpleiten aller Zeiten bezeichnet werden. Inflationsbereinigt ist das aber nicht annähernd der Fall. Zudem ging es 2008 um Banken und Investmentbanken. Die Lehman-Pleite allein übertraf locker alle aus 2023 zusammen.

Tier-2-Banken und kleinere US-Banken wie diese drei scheitern regelmässig – seit 1976 sind es im Jahresschnitt 63 pro Jahr. Oftmals treten die Pleiten gehäuft auf, wie zwischen 1989 und 1990 (912 Banken) oder 2007 und 2008 (305 Banken). Die ersten insolvenzfreien Jahre? 2021 und 2022! Der diesjährige Rummel macht aus einer Mücke einen Elefanten. Das System ist so gesund wie seit zehn, dreissig oder fünfzig Jahren nicht mehr, wenn man das Verhältnis von Krediten zu Einlagen und den Anteil der Barmittel am Gesamtvermögen betrachtet.

In den USA gibt es über 4200 Banken. Eine dynamische Wirtschaft – einschliesslich innovativer Banken – ist das Ziel. Das bedeutet, dass auch ein paar scheitern. Erfolg verhindert kein Scheitern – er sorgt dafür, dass sich die Risiken nicht ungehindert verbreiten.

Das funktionierte dieses Mal. Die amerikanische Federal Reserve ist in zwölf Bezirke unterteilt. Wöchentlich werden die Notfallkredite der regionalen Zentralbanken nach Bezirken veröffentlicht. Diese nahmen nur in New York (der Heimat von Signature) und San Francisco (SVB und First Republic) zu. In den anderen zehn Regionen? Unverändert. Bei einer systemischen Krise wäre das anders. Sie wäre verbreiteter. Verlassen Sie sich darauf.

Viele meinen, die Regulierungsbehörden hätten früher «etwas tun» müssen. Seien Sie bei solchen Wünschen vorsichtig. Nur wenige des U.S.-Treasury- oder der Fed-Führungskräfte verfügen über echte Berufserfahrung in der Bankenwelt. Die meisten sind Akademikerinnen oder Juristen – mit eher politischem als praktischem Hintergrund. Es sind die Rufe nach einer Regierung, die eine nicht vorhandene Krise beheben soll, die dafür sorgten, dass laut Sloos-Bankenumfrage viele Banken im ersten Quartal ihre Kreditvergabe einschränkten und «Sorgen über künftige Gesetzesänderungen» äusserten. Dieses «Beheben» könnte mehr schaden als nützen. Es ist meistens so.

Bislang sind die meisten Gespräche über Regulierung in den USA reine Politik. Sollte das so bleiben, werden die Befürchtungen der Banken schneller enden als diese Kolumne.

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