Janet Yellen ist wahrlich nicht um ihren Job zu beneiden. Nach annähernd sieben Jahren mit extrem tiefen Zinsen ist es an der Präsidentin der US-Notenbank, die geldpolitischen Zügel durch Zinserhöhungen weiter zu straffen. Bis vor kurzem galt es mehr oder minder als ausgemachte Sache, dass es am 17. September dazu kommen wird. An diesem Termin geht ein zweitägiges Treffen des Fed-Offenmarktausschusses zu Ende. Nach seiner Sitzung im Juli hatte das Gremium die Zinswende von «einigen weiteren» Verbesserungen am Arbeitsmarkt abhängig gemacht.

Damals konnte Yellen noch nicht ahnen, dass den internationalen Kapitalmärkten eine extrem turbulente Phase ins Haus steht. Ausgehend von einem Crash an Chinas Börsen und den damit einhergehenden Wachstumssorgen im Reich der Mitte krachten die Kurse rund um den Globus nach unten. Das gilt auch für die Wall Street: Innert vier Handelstagen brach der S&P 500 zuletzt um 10 Prozent ein. Nach Berechnungen von Barclays hat es einen derart starken kurzfristigen Einbruch seit 1940 bisher nur zehn Mal gegeben.

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Wichtiger Termin: US-Arbeitsmarktbericht

Nach Ansicht von Karsten Junius, Chefökonom bei J. Safra Sarasin, sind neben der Stabilität der Finanzmärkte und der Stärke des US-Dollars die Konjunkturdaten der nächsten Wochen entscheidend für die US-Geldpolitik. Diesbezüglich steht am 4. September ein wichtiger Termin an. Dann veröffentlicht die Regierung in Washington den Arbeitsmarktbericht.

Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters gehen Analysten im Schnitt davon aus, dass in den Staaten im August ausserhalb der Landwirtschaft 214'000 neue Jobs geschaffen wurden. Sollte der Report «Nonfarm-Payrolls» diese oder eine höhere Zahl beinhalten, wäre das ein Signal in Richtung Zinswende. Laut Junius ermöglichen die Binnenkonjunktur und der sich kontinuierlich verbessernde US-Arbeitsmarkt einen solchen Schritt. «Falls sich die Finanzmärkte noch rechtzeitig beruhigen, erwarten wir eine erste Zinserhöhung im September», schreibt der Volkswirt in einem Kommentar.

Mitte der Woche erholte sich die Wall Street bereits kräftig. Als Grund für den Rebound wurde eine mögliche Verschiebung der geldpolitischen Straffung genannt. Allerdings könnte diese Spekulation nach hinten losgehen. Sollte die Fed tatsächlich weiter abwarten, dürfte dies Sorgen um das Wachstum der weltweit grössten Volkswirtschaft schüren. Hingegen wäre ein erster Schritt im September ein Zeichen der Stärke. Insofern könnten sich für Anleger, die mit einer raschen Zinswende rechnen, in den USA Kaufgelegenheiten bieten. Zumal die Fed, gerade wegen der jüngsten globalen Entwicklung, mit Bedacht agieren dürfte. J. Safra Sarasin geht davon aus, dass Yellen den Schlüsselsatz quartalsweise um 25 Basispunkte nach oben schrauben wird. Mit dieser Gangart würden die Staaten Ende 2016 ein Niveau von 1,5 Prozent erreichen. Real betrachtet ständen die Zinsen laut Karsten Kunius damit weiterhin im negativen Bereich.

General Electric: Hohe Dividendenrendite

Für selektive Käufe am US-Aktienmarkt spricht auch das reduzierte Bewertungsniveau. Während sich das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis der erwarteten Ergebnisse für den S&P 500 im bisherigen Jahresverlauf in der Regel im Bereich von 17 bewegte, ist es nun auf rund 15 gefallen. Damit liegt die Kennzahl laut Reuters nur noch knapp über dem Zehnjahres-Durchschnitt von 14,7. Eine Reihe von US-Qualitätstiteln bringt zudem attraktive Dividendenrenditen mit.

Das gilt beispielsweise für General Electric GE (ISIN US3696041033). Auf Basis der erwarteten Ausschüttung für 2016 zeigt der Mischkonzern eine Verzinsung von knapp 4 Prozent. Zusätzlich Ausschüttungsphantasie birgt die Fokussierung des Unternehmens auf das Kerngeschäft. GE ist dabei, Vermögensteile in einem Volumen von mehr als 200 Milliarden US-Dollar abzustossen. Nach der Transformation sollen 90 Prozent der Profite im Industriegeschäft verdient werden. Schon jetzt läuft es in der Kernsparte rund: Sowohl für den Auftragseingang als auch beim Gewinn verbuchte GE im zweiten Quartal ein prozentual zweistelliges organisches Wachstum. Vor allem die Energietechnik schob das Segment an.

Verizon: Digitaler Vorstoss

Auf einen Mix aus tiefer Bewertung und hoher Dividendenrendite stossen Anleger auch bei Verizon Communications (ISIN US92343V1044). Das 2016er-KGV für den grössten Mobilfunkanbieter der USA liegt bei 11,4, während sich aus der erwarteten Gewinnbeteiligung eine Verzinsung von 5 Prozent ergibt. Wegen eines harten Konkurrenzkampfes wachsen die Bäume operativ für das Unternehmen aber im Moment nicht in den Himmel.

Vor kurzem schraubte das Management die Umsatzprognose für 2015 leicht zurück. Immerhin erfüllte Verizon mit den Zahlen für das zweite Quartal die Erwartungen. Grosse Hoffnungen verknüpft der Konzern mit der kürzlich vollzogenen Übernahme von AOL. Der Online-Pionier soll Verizon helfen, verstärkt in den Bereich digitale Medien vorzustossen.

Apple: Was hat Cook in der Pipeline?

Für Aufsehen dürfte der Telekomriese mit diesem Deal auch im US-Technologiesektor gesorgt haben. Schliesslich ist die Digitalisierungswelle ein zentraler Wachstumstreiber dieser Branche. Das gilt allen voran für Apple (ISIN US0378331005). An der Wall Street fielen die Kalifornier zuletzt in Ungnade. Gegenüber dem Ende April markierten Allzeithoch brach die Aktie um bis zu knapp einen Drittel ein.

Zuletzt unternahm CEO Tim Cook angesichts der Schärfe des Ausverkaufs einen ungewöhnlichen Schritt. In einer Mail an den US-Sender CNBC betonte er, dass der iPhone-Hersteller im Juli und August in China ein starkes Wachstum verzeichnet habe. Dabei sind die Sorgen um das Erfolgsmodell der Kalifornier nicht neu. Bereits nach dem im Juli vorgelegten Quartalsbericht nahmen die Zweifel zu. Zwar konnte Apple dabei die Erwartungen einmal mehr übertreffen, doch der Report enthielt keine Details zur neuen Apple Watch. Ausserdem blieb Cook mit der Prognose für das laufende Vierteljahr knapp hinter den Erwartungen zurück.

Möglicherweise kann der CEO schon bald das Vertrauen der Wall Street zurückgewinnen. Traditionell präsentiert Apple im Herbst Produktneuheiten. Zuletzt kamen Gerüchte auf, wonach dies bereits am 9. September bei einem grossen Anlass in San Francisco der Fall sein könnte. Wie auch immer: Im Zuge der Korrektur ist das KGV der Apple-Aktie auf 11,6 geschrumpft. Angesichts der prognostizierten Wachstumsrate für das Geschäftsjahr 2016 und den enormen Cash-Beständen des Unternehmens – von etwa einem Drittel des Börsenwerts – scheint die Wette auf eine Kurserholung trotz aller Turbulenzen nicht unvernünftig zu sein.

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