Die Turbulenzen am Bankenmarkt bleiben nicht ohne Folgen: Durch die nun noch restriktivere Kreditvergabe der Banken dürften mehr Unternehmen in Schwierigkeiten geraten als noch zu Jahresbeginn erwartet. Der weltweit führende Kreditversicherer Allianz Trade hat daher in seiner jüngsten Insolvenzstudie die Prognose angepasst. Allianz Trade erwartet in Europa 24 Prozent mehr Firmenpleiten.

Mehr Firmenpleiten auch in der Schweiz

In Europa ist die Insolvenzdynamik mit einem erwarteten Zuwachs bei den Pleiten ausgeprägter als im weltweiten Durchschnitt. Das liegt laut Studie vor allem an den stark zunehmenden Insolvenzen in den Niederlanden (+52 Prozent), Frankreich (+41 Prozent), Irland (+30 Prozent) und Italien (+25 Prozent). 

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Viele europäische Länder überschreiten das Vorkrisenniveau 2023 bereits deutlich, allen voran Spanien (+75 Prozent im Jahr 2023 vs. 2019), Grossbritannien (+29 Prozent vs. 2019), Dänemark, Irland und die Schweiz (+18 Prozent vs. 2019) sowie Frankreich (+15 Prozent vs. 2019).

HZ Insurance-Newsletter DAILY
Das werktägliche Newsupdate für Insurance-Professionals. Zur Tagesmitte erfahren Sie im «DAILY», was die nationale und internationale Versicherungswelt bewegt und worüber gerade gesprochen wird.
HZ Insurance-Newsletter DAILY

Weltweit erwartet der führende Warenkreditversicherer einen Zuwachs bei den Pleiten um 21 Prozent (+2 Prozentpunkte höher als noch zu Jahresbeginn). Und auch weltweit dürfte das Insolvenzniveau von 2019 in diesem Jahr nicht erreicht werden (-5 Prozent vs. 2019). Nach einem weiteren erwarteten Zuwachs um 4 Prozent im Jahr 2024 dürfte sich das Insolvenzgeschehen erst dann weitestgehend normalisiert haben (-1 Prozent vs. 2019), schätzt Allianz Trade.

Schwach finanzierte Unternehmen gefährdet

Gründe für die Zunahme der Insolvenzen sind ein längerfristiger Zinsanstieg und eine ungünstige Verschiebung der Finanzrisiken: Mit den deutlich steigenden Zinsen laufen eher schwach finanzierte Unternehmen Gefahr, in Schwierigkeiten zu geraten. Hinzu kommen zahlreiche weitere Unsicherheiten.

Mit den Turbulenzen am Bankenmarkt sind Kreditinstitute nun noch vorsichtiger geworden und restriktiver bei der Vergabe von Krediten. Das kommt für einige Unternehmen zur Unzeit, denn es werden zunehmend Kredite aus der Pandemie fällig, die die Unternehmen zurückzahlen oder refinanzieren müssen; doch nicht alle haben dafür den notwendigen Puffer.

Keine Pleitewelle, aber Anzeichen für eine Rezession

«Eine Pleitewelle ist das weiterhin nicht, auch wenn ein zweistelliger Zuwachs zunächst den Anschein erweckt», kommentiert Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz, die Ergebnisse der jüngsten Prognose. 

Fakt sei jedoch die Verschlechterung der Profitabilität von Unternehmen. Sie kämpfen mit höheren Energiepreisen, die sich aufgrund der langfristigen Kontrakte erst ab diesem Jahr sukzessive auf die Bilanzen durchschlagen. Die steigenden Kosten beim Wareneinsatz sowie bei den Löhnen belasten die Profitabilität zusätzlich. Bogaerts: «Das können auch die zuletzt etwas aufgehellten wirtschaftlichen Aussichten nicht ausgleichen.»

Einige Branchen besonders betroffen

Das Baugewerbe und der Bereich Transport/Lagerung sind die beiden Wirtschaftssektoren, die weltweit am stärksten von rezessiven Tendenzen betroffen sind, was die Anzahl der Länder angeht, noch vor dem verarbeitenden Gewerbe.

Im EU-Durchschnitt sind die Insolvenzen im Bereich Verkehr/Lagerung (+44 Prozent im Jahresvergleich), im Handel (+20 Prozent), im Bereich Beherbergung und Gastronomie (+20 Prozent) und bei den B2C-Dienstleistungen (+17 Prozent) am stärksten angestiegen, während das Baugewerbe (+6 Prozent) und das verarbeitende Gewerbe (+5 Prozent) die Schlusslichter bilden. Die ersten verfügbaren Daten für Januar und Februar 2023 bestätigen laut Allianz Trade, dass sich der Aufwärtstrend fortsetzen wird.

Nach der Analyse von Allianz Trade hat sich die Entwicklung der Insolvenzdynamik im Zuge der Normalisierung inzwischen an das weltweite Geschehen angeglichen. Ein Grund zur Panik sei dies nicht, sagt Milo Bogaerts, ein Anlass zur Vorsicht und zu einem noch sorgfältigeren Debitoren- und Liquiditätsmanagement allerdings schon.