Was genau den Bundesrat zur Exit-Beschleunigung inspiriert hat, ist nicht ganz klar. Wirklich die sinkenden Fallzahlen? Sie waren auch bei dem verhaltenen Exit-Einstieg vom 16. April ermutigend. Eine Revolte der bürgerlichen Bundesräte gegen das SP-Führungsduo Sommaruga - Berset? Auch diese Mehrheit stand schon vor zwei Wochen.

Als gesichert darf gelten: Die Wirtschaftsfraktion hat gegenüber den Bedenkenträgern abrupt an Gewicht gewonnen.

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Wie Finanzminister Ueli Maurer da am Mittwochmorgen vor der Bundesratssitzung via NZZ die sonst so hehre Kollegialität aufkündigte, war schon fast ein Fanal. Die Munition hatte er sich zuvor bei der schwedischen Amtskollegin geholt («Dort ist das Bruttoinlandsprodukt viel weniger stark eingebrochen»). Die Nordländer sind die neuen Gallier – und haben jetzt einen Verbündeten in den Alpen.

Drei Erkenntnisse aus dem Lockdown

Und so bleiben nach sieben Wochen Lockdown vor allem drei Erkenntnisse. Erstens: Die Schweizer sind folgsam und diszipliniert, doch irgendwann drückt der Drang nach Selbstbestimmung und Sonderweg wieder durch – da sind wir den stolzen Schweden gar nicht so unähnlich (sie wollen ja auch keinen Euro und ächzen lieber unter einer starken heimischen Währung).

Zweitens: Die lebensnotwendige Produktpalette ist neu definiert. «Wir haben festgestellt, dass Wein und WC-Papier zu den Grundbedürfnissen zählen», lacht mir mein Weinhändler breit zu. All das begleitet von bester Körperhygiene: Der Verkauf von Kosmetika ist zwar weltweit rückläufig, wie der Konsumgüterriese Unilever jüngst bestätigte – wegen Home Office ist die Nachfrage nach Haarwaschmitteln, Deodorants und Rasierprodukten eingebrochen. Bei uns jedoch weniger. Und wer durfte in der Schweiz als erstes wieder öffnen? Die Coiffeursalons.

Und drittens und vor allem: Wir zeichnen uns – im Gegensatz zu unseren Nachbarn – durch grosses Verständnis für Wirtschaftsbelange aus. Kaum ein Land Europas ist mit so gesunden Staatsfinanzen in die Krise gegangen. Dennoch regt sich jetzt angesichts des Ausgaben-Tornados heftiger Widerstand. Das alte Karnevalslied hat schon im Frühjahr Hochkonjunktur: «Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld?» Gut so.

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Dirk Schütz
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