Die «Handelszeitung» stellt die Immobilienwirtschaft ins Schaufenster: Jeden Freitag kommt eine spannende Persönlichkeit aus der Branche zu Wort und schildert ihre Sicht auf den Markt. Diese Woche lesen Sie die Einschätzungen von Paolo Di Stefano. Er ist Head Real Estate Schweiz und Co-Head Real Estate Transactions Europa bei der Swiss Life.

Die (Verkaufs-)Preise für Renditeimmobilien sind am Sinken. Wie tief werden sie fallen?

Dass wir bei steigenden Zinsen auch Marktbewegungen ausgesetzt sind, ist normal. Mit solchen Zyklen können wir gut umgehen. Bewertungsveränderungen stehen für uns nicht im Vordergrund.

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Renditeimmobilien sind, was Lage, Nutzung und Qualität angeht, sehr heterogen. Das führt auch zu einer differenzierten Preisentwicklung: Liegenschaften an zentralen Lagen mit sicheren Cashflows zeigen sich deutlich robuster. Die Swiss Life ist primär in grossen Städten an solchen Zentrumslagen präsent. Da sehen wir weiterhin eine grosse Nachfrage, im dritten Quartal teilweise sogar positive Wertveränderungen. 

Paolo di Stefano Swiss Life

Die Swiss Life ist zufrieden mit der Entwicklung des Einkaufszentrums Glatt (im Bild: Swiss-Life-Immobilien-Schweiz-Chef Paolo di Stefano).

Quelle: ZVG

Findet die Swiss Life derzeit noch genügend attraktiv bewertete Liegenschaften und Grundstücke, um Projekte zu realisieren?

Ja, wir kaufen nach wie vor zu, wenn sich Opportunitäten bieten. Im August dieses Jahr haben wir beispielsweise den Aupark in Wädenswil erworben, wo wir bis 2028 mehr als 250 Wohnungen erstellen, 20 Prozent davon im preisgünstigen Segment. Sehr wichtig ist für uns aber auch die Verdichtung im eigenen Bestand. Durch Aufstockungen, Sanierungen, Erweiterungs- oder Neubauten schaffen wir in unserem Portfolio mehr Wohnraum auf gleicher Fläche. Wir erhalten damit zusätzliche Investitionsmöglichkeiten, die am Markt so nicht bestehen, leisten einen Beitrag für durchmischten Wohnraum und bremsen dabei auch die Zersiedelung der Landschaft.

Wo sehen Sie interessante Nischen im Immobilienmarkt? Zählen Laborgebäude, Logistikstandorte und Mikroapartments dazu?

Durchaus. Laborgebäude sind als Teil des Life-Sciences-Sektors eine interessante Investitionsmöglichkeit. Auch Mikroapartements sind geeignet, um Immobilienanlagen zu diversifizieren. Wir sind beispielsweise in Lausanne, Lugano, Zürich und Bern mit dem Format «City Pop» in Mikrowohnkonzepte investiert.

Für Einpersonenhaushalte, Geschäftsreisende, Studenten oder auch Seniorinnen ist das eine interessante Wohnform. Auch der Logistiksektor bietet in Europa viel Potenzial. Unsere Tochtergesellschaft Beos Logistics in Deutschland ist auf Entwicklungen spezialisiert. In der Schweiz ist der Markt hingegen wesentlich kleiner und wird durch viele halbstaatliche Akteure und den Service public dominiert.

Wie werden sich die Preise für Büroliegenschaften und Ladenflächen entwickeln?

Die Zentren sind für Büroimmobilien nach wie vor attraktiv. Die Ansprüche der Mieterinnen und Mieter sind nicht zuletzt durch das hybride Arbeiten nochmals gestiegen. Büros müssen Begegnungszonen bieten, um die Arbeit effizient, flexibel und auf das Miteinander auszurichten. Die anhaltend hohe Nachfrage nach modernen Arbeitsplätzen an besten Lagen in grossen Wirtschaftszentren sollte allfällige Preisrückgänge dämpfen.

Ladenflächen sind durch den Strukturwandel und E-Commerce zwar unter Druck, allerdings wurden in der Vergangenheit bereits grössere Risikoprämien eingepreist. Verkaufsflächen an frequentierten Lagen mit zukunftsgerichteten Nutzungskonzepten bleiben sehr gesucht. 

Die Swiss Life hat 2020 das Glattzentrum gekauft. Wie zuversichtlich sind Sie für die Zukunft der Einkaufscenter in der Schweiz?

Für Shoppingmalls ist das aktuelle Umfeld herausfordernd. Gut positionierte, etablierte Center bestehen, wenn sie sich kontinuierlich weiterentwickeln und aktiv geführt sind. Mit dem erstarkten Online-Handel ist es für Einkaufscenter zentral, einen Erlebniswert zu bieten.

Das Glattzentrum ist ein gutes Beispiel dafür. Es hat immer wieder innovative neue Formate entwickelt und gehört in der Schweiz zu den Vorreitern, was die Kombination aus Einkauf, Erlebnis und Treffpunkt betrifft. Das Glatt gilt in der Branche denn auch als optimaler Ort für den Schweizer Markteintritt und verfügt über eine Warteliste an neuen Mietinteressenten. Erst kürzlich hat da zum Beispiel der erste Lego-Store der Schweiz da eröffnet. 

Die Swiss Life wandelt das ehemalige Warenhaus Manor an der Zürcher Bahnhofstrasse zum «Brannhof» um. Wie wichtig sind solche prestigeträchtigen Projekte für die Marke Swiss Life?

Sehr wichtig. Als grösste private Immobilieneigentümerin der Schweiz wollen wir Trends am Markt stets frühzeitig erkennen. Da wir unsere Immobilien über Generationen halten, setzen wir auf moderne Nutzungskonzepte. Genau das machen wir mit dem Swiss-Life-Brannhof. 

Auch gehen wir damit auf die baulichen Veränderungen nach der Sanierung ein: flexible Flächen, ein Mix aus Ladeneinheiten und Arbeitsplätzen und das Wiederbeleben von historischer Bausubstanz, wie zum Beispiel die ursprünglichen Licht- und Innenhöfe, werden das Gebäude auf alle Seiten öffnen und Begegnungszonen schaffen.

Die Mieten steigen und die Nebenkosten erhöhen sich. Wird auch die Swiss Life von der Mieterschaft mehr Geld verlangen müssen?

Aussagen dazu sind zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht. Ganz grundsätzlich müssen wir zwischen Geschäfts- und Wohnliegenschaften unterscheiden: Mietverträge für kommerzielle Flächen sind in der Regel an die Teuerung gekoppelt und erlauben bei anhaltend hoher Inflation jährlich eine Anpassung der Gewerbemieten.

Bei Wohnliegenschaften sind höhere Mieten klaren gesetzlichen Regeln unterstellt und hängen insbesondere vom Referenzzinssatz ab. Was die Nebenkosten angeht, so richten sich diese nach dem Verbrauch. Wir stehen mit unseren Mietern in Kontakt, unterstützen sie bei den Einschätzungen der Mehrkosten und bieten an, die monatlichen Akontozahlungen zu erhöhen. Auch treiben wir die Dekarbonisierung in unserem Portfolio voran, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren, was sich positiv auf die Nebenkosten auswirkt. 

 

Paolo Di Stefano hat die Fragen schriftlich beantwortet.

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