Die Marktbewegungen verfolgen, geschickt ein paar Positionen verändern und am Ende des Tages auf satte Gewinne zurückblicken: Beim Daytrading lockt das schnelle Geld. Doch das Ganze ist anspruchsvoll, braucht Zeit, Ausdauer und Disziplin. Denn laut Studien verlieren gegen 90 Prozent der Daytrader auf die Dauer Geld. Und unvorsichtige Anfänger haben gegen professionelle Anleger, die mit Instrumenten wie dem Hochfrequenzhandel hantieren, wenig Chancen (Wenn Maschinen die Märkte bewegen).

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Um sein Geld im Tagesgeschäft zu investieren, sollte man sich zuallererst klar darüber werden, wie viel Trading-Geld dafür eingesetzt werden soll. Als Faustregel gilt: Nicht mehr Kapital investieren, als man bei einem Totalverlust verkraften könnte (siehe Box unten).

«Trading muss man lernen»

Verluste macht am Anfang praktisch jeder. Trading-Profi Rüdiger Born – er ist seit 20 Jahren aktiver Trader, leitet Seminare und ist Handelschef der Vermögensverwaltung Born Stahlberg und Partner – rät Anfängern, mit einer kleinen Menge Geld anzufangen. Dann merke man, wie sich Verluste anfühlen, verliert aber noch keine bedeutende Summe. «Der Markt ist der beste Lehrmeister», so Born.

Wichtig ist, dass man sich eine Strategie zurechtlegt, bevor man selbst aktiv wird. Gerade weil der Handel keine teure Infrastruktur voraussetzt, ist die sinnvollste Investition jene in ein Lehrmittel oder eine Ausbildung. «Trading muss man lernen, aber es ist lernbar. Und es ist keine Hexerei», sagt Born. Wer zusätzlich Fleiss, Disziplin und Interesse an den Märkten mitbringt, dem traut er eine ordentliche Performance zu.

Doch warum sollte man überhaupt selber handeln, wenn man den Aktionen der Daytrader automatisiert folgen kann? Erfolgreiche Privatanleger veröffentlichen ihre Aktivitäten laufend im Internet, alle Interessierten können diese Positionen nachbilden (Investieren nach Facebook-Manier). Trading-Experte Born findet indes, jeder Trader sollte möglichst eigenständig vorgehen. «Es ist unwichtig, was einzelne Gurus denken. Entscheidend ist, was die anderen Marktteilnehmer denken.»

Charttechnik ist die beste Grundlage

Dazu eignet sich seiner Meinung nach am besten die Charttechnik. Habe man die Grundzüge der Charttechnik verstanden, könne man nachvollziehen, was der Markt macht. Dennoch: Ein Blick auf einen Chart ist immer ein Blick in die Vergangenheit. Und um daraus Schlüsse für die Zukunft zu ziehen, bedarf es der Interpretation. Daneben gibt es auch die sogenannten News-Trader. Sie fällen kurzfristige Kauf- oder Verkaufsentscheide aufgrund von wirtschaftspolitischen oder unternehmensrelevanten Nachrichten. Die Schwierigkeit hierbei ist, die News angemessen einzuschätzen und im Wettrennen mit ultraschnellen Profis mitzuhalten.

Bei der Wahl der Anlageklassen ist Zurückhaltung geboten. Aktien eignen sich für Anfänger gut, denn sie sind einfach verständlich und wegen der hohen Volumina regelmässig handelbar. Ihr Nachteil ist allerdings, dass gewisse Titel eher teuer sind. Immer beliebter werden deshalb sogenannte Differenzkontrakte (CFD). Ihnen liegt ein Basiswert wie Aktien, Rohstoffe oder Währungspaare zugrunde. Allerdings sind CFD Hebelprodukte, die sich nur anbieten, wenn der Anleger den Basiswert versteht. Auch hier gilt deshalb: Nur so viel Kapital einsetzen, wie man im Notfall finanzieren kann.

Zudem sollten Einsteiger möglichst fokussiert vorgehen. Das ist nur möglich, wenn man sich auf einzelne Märkte beschränkt und nicht Asien, Amerika und auch noch Europa abdecken will. Am Anfang der Daytrading-Aktivitäten reiche es, am Morgen fünf verschiedene Aufträge zu platzieren und am Abend zu überprüfen, was daraus geworden ist, rät Born.

Auf kleinste Kursbeweungen setzen

Daytrading-Kritiker monieren, das Modell widerspreche den fundamentalen Investmentregeln, wie sie beispielsweise der US-Anlegerguru Warren Buffett immer wieder propagiert. Sein Credo lautet: Kaufe nur Aktien, die du mindestens zehn Jahre behalten willst. Deshalb würden Daytrader keinen wirtschaftlichen Mehrwert schaffen. Dem entgegnet Born, dass seine Daytrader-Arbeit die Märkte mit zusätzlicher Liquidität versorge und er dafür allein das Risiko trage.

Beim Daytrading wird auf kleinste Kursbewegungen gesetzt. Steigt der Euro oder sinkt er um ein paar Promille? Das kann dem Zocken im Casino gleichen und dieselben negativen Nebeneffekte haben. Doch im Gegensatz zum Casino werden süchtige Börsenhändler kaum geschützt. In einem Verhalten, wie es der verurteilte Heavy-Trader Uli Hoeness an den Tag legte, erkennen Psychologen dennauch klares Suchtverhalten. Wer das Schnelle, Riskante, Kurzfristige liebt, sollte wiederholt prüfen, ob Stresssymptome auftreten, wenn der Computer einmal nicht läuft.

Trading-Profi Born bezeichnet sich selbst nicht als Spielernatur. Zwar mag er den Umgang mit Risiken, aber er möchte sie einschätzen und kontrollieren können. Er fasst Traden deshalb nicht als Wette, sondern als Umsetzung einer Erfahrung auf. Geld sollte dabei nur eine sekundäre Rolle spielen, denn erfolgreiche Händler sind in der Regel nicht geldgierig. Vielmehr sollte die Hingabe und der Spass am Traden im Mittelpunkt stehen, so Born. «Denn Gier frisst Hirn.

Wie viel «Zocker-Geld» ist sinnvoll?

Mit wenig Geld einen maximalen Gewinn herausholen – das ist verlockend und kann zur Sucht werden. Nicht ohne Grund führen etwa Spielcasinos eine schwarze Liste von Spielsüchtigen. An der Börse gibt es keine solche Liste. Ganz anonym können Zocker ihrer Lust frönen. Doch dies kann ins Auge gehen. Deshalb sollte man von vornherein einen Zocker-Batzen bestimmen, auf den man vollends verzichten kann, ohne dass man in eine existenzielle Notlage gerät. Und die schönsten Kursgewinne nützen nichts, wenn der Anleger sie nicht irgendwann realisiert. Auf immer weiter steigende Kurse zu warten, kann gefährlich sein. Viele Börsianer verkaufen deshalb nach einem Kursanstieg einer Aktie einen Teil ihres Pakets. Ein plötzlicher Kursrückgang tut dann nicht mehr so weh.