Hinter verschlossenen Türen haben am Montag in Peking viertägige Beratungen der kommunistischen Führung über den neuen Fünf-Jahres-Plan begonnen. Vor dem Hintergrund des Handelskrieges mit den USA und des globalen Wirtschaftsabschwungs durch die Corona-Pandemie strebt die zweitgrösste Volkswirtschaft eine grössere Selbstständigkeit vom Rest der Welt an.

Das Plenum des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei stellt die Weichen für den neuen Wirtschaftsplan. Er wird für die Jahre 2021 bis 2025 gelten und soll im März nächsten Jahres auf der Jahrestagung des Volkskongresses formell abgesegnet werden. Im Mittelpunkt steht eine Neuausrichtung, die Staats- und Parteichef Xi Jinping mit dem Schlagwort der «dualen Kreisläufe» umschreibt.

Exportabhängigkeit und Krisenanfälligkeit reduzieren

Die neue Strategie soll die eigene technologische Innovation stärken und China angesichts des Handels- und Technologiekonflikts mit den USA unabhängiger machen. Es ist so etwas wie Pekings Antwort auf amerikanische Überlegungen für eine «Entkoppelung» von China. Zum zweiten steckt hinter dem Plan einmal mehr die schon lange verfolgte Stärkung der heimischen Nachfrage, um die Exportabhängigkeit und Krisenanfälligkeit zu reduzieren.

Amerikanische Sanktionen haben chinesische Technologieriesen wie den Telekomausrüster und Smartphone-Hersteller Huawei, Chiphersteller oder Internetunternehmen wie Tiktok oder Wechat in Schwierigkeiten gebracht und damit ihre Verwundbarkeit demonstriert. Experten sehen hinter dem Konflikt die wachsende Rivalität zwischen der angeschlagenen Supermacht USA und der aufstrebenden asiatischen Macht China.

«Wir holen schnell auf»

Chinas Führung geht auch bei einem Sieg des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden bei der US-Wahl am 3. November über Amtsinhaber Donald Trump davon aus, dass die Spannungen anhalten werden. Dahinter stecke tiefsitzendes Misstrauen, «weil China so schnell wächst - vielleicht über die Erwartungen, die Vorstellungen oder das Ausmass hinaus, das die entwickelte Welt akzeptiert», sagte Vizeaussenminister Qin Gang jüngst vor Journalisten. «Wir holen schnell auf. ... Das macht einige Länder wie die USA nervös.»

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 
Was wäre, wenn China ein paar Schweizer Grosskonzerne schluckt?

In der Corona-Krise wappnen sich viele Länder gegen Übernahmen – insbesondere aus China. Das sagen Schweizer Politiker zum brisanten Thema. Mehr hier.Abo

Mit besonderem Interesse wird auch verfolgt, ob das hohe Entscheidungsgremium der Partei auf seiner Sitzung bis Donnerstag ein Ziel für das Wirtschaftswachstum vorgeben wird. Der auslaufende Fünf-Jahres-Plan hatte 6,5 Prozent als durchschnittliches jährliches Wachstumsziel gesetzt. Wegen der grossen Unsicherheiten durch die Pandemie hatte der Volkskongress auf seiner Sitzung Ende Juni aber keine Vorgabe für dieses Jahr beschlossen.

Da China das Coronavirus inzwischen weitgehend unter Kontrolle hat, dürfte es als einzige grosse Volkswirtschaft in diesem Jahr gleichwohl ein Wachstum verzeichnen. Nach einem starken Einbruch zum Jahresbeginn wuchs die chinesische Wirtschaft im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bereits wieder um 4,9 Prozent. Experten gehen auch davon aus, dass Chinas Wirtschaft in den nächsten fünf Jahren um rund fünf Prozent im Jahr wachsen dürfte.

Ziele für die nächsten 15 Jahre

Das Plenum wird seinen Blick auch noch weiter in die Zukunft richten und allgemeine Ziele für die nächsten 15 Jahre formulieren. Obwohl China die Selbstständigkeit, die eigene Forschung und Entwicklung sowie die heimische Nachfrage fördern will, hat die Führung in Peking wiederholt betont, dass die Türen für Investitionen und Kapital aus dem Ausland nicht geschlossen werden. Präsident Xi Jinping sprach jüngst von einem «neuen offenen Wirtschaftssystem».

Solche Tiere wurden auf dem Markt in Wuhan verkauft

Ein Markt in Wuhan gilt als Herd der Pandemie. Eine Preisliste zeigt das Ausmass des Wildtierhandels dort - von der Bambusratte bis zum Sonnendachs. Mehr hier.

(reuters/gku)