Seit 22 Jahren ist er im Amt, länger als jeder andere Chef eines börsenkotierten Schweizer Grosskonzerns. Von Amtsmüdigkeit aber ist keine Spur zu sehen beim inzwischen 68-jährigen Ernst Tanner. «Warren Buffett ist 84, seine Nummer zwei, Charles Munger, ist 91 – ich werde mich bestimmt früher aufs Präsidium zurückziehen», ist das Einzige, was er derzeit entgegnet auf die regelmässig wiederkehrende Frage nach seinem Rücktritt.

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Als Schokoladenbaron Rudolph R. Sprüngli 1993 sein Lebenswerk dem Bauernsohn aus Bargen SH anvertraute, sahen viele Tanner auf dem heissesten Stuhl der Schweizer Wirtschaft – hatten sich doch in kürzester Zeit zuvor vier CEOs am Firmensitz in Kilchberg ZH die Klinke in die Hand gegeben. Damals machte Lindt & Sprüngli eine Milliarde Franken Umsatz und war ein Übernahmekandidat. Heute sind es 3,4 Milliarden, und die Firma ist eine uneinnehmbare Festung geworden.

Keiner hat davon so profitiert wie Tanner: Fast eine viertel Milliarde Franken ist sein Anteil wert. Der Trick: 100 Aktien pro Jahr liess er sich 1993 im Vertrag als Bonus festschreiben. Die waren damals 300'000 Franken wert, heute sind es sechs Millionen. Da kann es sich Tanner leisten, dieses Jahr auf die Hälfte der Anteile zu verzichten. «Ich will nicht in der Kritik stehen wegen meines Salärs», sagt er. Er kommt immer noch auf sieben Millionen.

Der Goldküsten-Clan

Ernst Tanner wohnt in Erlenbach ZH in einem stattlichen Anwesen mit Blick auf den Zürichsee. Das Haus wurde von Architekt Heinz Müller entworfen, dem Ehemann der Modeunternehmerin Trudie Götz, unter Mithilfe von Tanners Ehefrau Renate. Während der Umbauphase vor fünf Jahren mietete Tanner eine Wohnung in Küsnacht, die Martin Bisang gehört, Mitgründer der Bank am Bellevue. Direkt nebenan in Erlenbach wohnt Ex-CS-Chef Lukas Mühlemann. Auch DKSH-Chef Jörg Wolle und der ehemalige CEO von Ciba SC Armin Meyer gehören zur Nachbarschaft.

Befreundet ist Tanner mit Unternehmer Philippe Gaydoul, mit dem er gerne Marketingfragen diskutiert – schon zu dessen Grossvater, Denner-Gründer Karl Schweri, hatte er einen engen persönlichen Draht. Zu Tanners Freundeskreis an der Goldküste gehören ferner Roche-Präsident Franz Humer sowie Kadervermittler Egon Zehnder, der ihn einst zu Lindt vermittelte. Auch an der Hochzeit von Tina Turner war er zu Gast.

Früher ging Tanner regelmässig golfen mit Unternehmer Beat Curti, Kaffeekönig Klaus J. Jacobs und Banker Ernst Müller-Möhl. Nach dem Tod der beiden Letztgenannten nahm Valora-Präsident Rolando Benedick den Platz im Flight ein. Auch CS-Ehrenpräsident Rainer E. Gut gehört zu Tanners Golffreunden. Eng ist der Draht zu Bauunternehmer Michael Hilti, gut kommt er auch aus mit Gartenbauer Enzo Enea, der das Atrium am Lindt-Hauptsitz auf der anderen Seeseite in Kilchberg gestaltete.

Die Gegner

Ernst Tanner verfügt über eine in der Schweiz selten gewordene Machtballung: Er ist VR-Präsident und CEO in einer Person, ausserdem Chef der Pensionskasse von Lindt, die 20 Prozent der Aktien hält, sowie grösster Privataktionär noch vor der Familie Sprüngli. Dies sowie die hohen Bezüge rufen regelmässig Kritik hervor. Dominique Biedermann von der Aktionärsvertretung Ethos nahm Tanner ebenso regelmässig aufs Korn wie Gregor Greber, damals beim Vermögensverwalter zCapital.

Auf dem Markt hat Lindt kaum etwas zu befürchten, die Konkurrenz ist lokal zersplittert. Einzig Ferrero unter Giovanni Ferrero sowie Nestlé-Tochter Cailler unter Alessandro Rigoni sind nennenswerte Player. Umso lustvoller streitet sich Tanner seit Jahren mit Haribo-Chef Hans Guido Riegel um die Markenrechte am Goldbären, dieses Jahr entscheidet das höchste deutsche Gericht. Privat sind die beiden jedoch befreundet; Tanner war gar an Riegels Silvesterparty in St. Moritz.

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