Um Zürichs aktuellste Topadresse, das neu eröffnete Restaurant Spice im Hotel Rigiblick, ins rechte Licht zu rücken, muss etwas ausgeholt werden: Der Rigiblick, hoch über Zürich am Waldrand gelegen, diente einst als Kurschlösschen. Dann wurde er vom Zürcher Frauenverein (ZFV) übernommen, der damals, im Jahr 1915, noch «Frauenverein für Mässigkeit und Volkswohl» hiess und alkoholfreie Wirtschaften betrieb. Das Haus kam später in Stadtbesitz, konnte jedoch 2001 zurückgekauft werden, nachdem der ZFV mit der Revision seines Alkoholreglements die Basis für einen profitablen Restaurantbetrieb geschaffen hatte. Die Zürcher Architekten Burkhalter Sumi sanierten die Liegenschaft. Wie schon beim Umbau des anderen ZFV-Hotels, «Zürichberg», taten sie das mit viel Finesse und denkmalpflegerischem Fingerspitzengefühl. Kurz: Das neue Hotel Rigiblick – seine sieben Appartements, das «Spice», das Bistro Quadrino sowie die neue, sich kühn in die weite Gartenanlage hinausschwingende Holzterrasse – ist mit seiner eleganten Funktionalität ein architektonischer Wurf.

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Mit der Verpflichtung des Gastronomenpaars Lucia und Felix Eppisser landete der ZFV auch einen kulinarischen Wurf. Die beiden hochkarätigen Gastgeber sind von einem seltenen Feuer erfüllt. Fleiss und Neugierde treiben sie an, ihr gesunder Ehrgeiz ist von sportiver Art. Die Herzlichkeit von Lucia und Felix Eppisser überträgt sich auch aufs Personal, das höchst motiviert zur Sache geht.

Vor ihrem Engagement am Zürichberg wirteten die beiden im «Bären» in Nürensdorf. Lucia Eppisser als gewiefte Hotelière, Felix – Küchenchef mit landesbesten Noten, Goldmedaillengewinner an der Kocholympiade – mit einer delikaten, präzisen Kochhandschrift, die auf der soliden Basis der klassischen Küche erfrischend trendige Akzente setzte. Allmählich entwich allerdings die Luft. Der Weg schien in eine Sackgasse zu münden. Genau zum rechten Zeitpunkt kam das Angebot des ZFV, den «Rigiblick» zu übernehmen und den Umbau vom ersten Tag an beratend und mitwirkend zu begleiten. Eine solche Chance bietet sich einem vielleicht nur einmal im Leben. Lucia und Felix Eppisser schlugen ein und nutzten die Bauzeit auch für ausgedehnte Reisen in Europa und vor allem in Südoastasien.

Aus dem Fernen Osten brachten die zwei Weltenbummler reiche Beute nach Hause. Sie findet sich als gelungenes Accesoire auf den Tischen oder in panasiatisch inspirierten Gerichten in der Speisekarte des «Spice» (dessen Name allein schon die Richtung anzeigt, aus der Felix Eppissers kulinarischer Wind weht). Wer das gleichnamige Menü wählt, surft mit Kitzel und Behagen durch eine duftige Welt feinster, subtil abgeschmeckter Gewürze. Da begeistert ein Duo von der Jakobsmuschel: Jakobsmuschel-Carpaccio auf Mango-Kartoffel-Mousseline sowie ein würziger Glasnudelsalat vom selben Meerestier. Die Produkte sind von hinreissender Güte, die Aromen nuanciert und präzise, gänzlich unverschwommen eingesetzt. Knackig gebraten und in Ahornsirup glasiert ist das Entenlebermédaillon. Perfekt die Kombination mit knusprigen Pancakes und Papaya-Ingwer-Kompott. Oder dann der Hauptgang: Da fällt die Wahl schwer zwischen dem in Orange und Sternanis glasierten Perlhuhnbrüstchen auf Ingwer-Rosinen-Polenta und dem Duo von Meeresfischen, sanft und mild parfümiert, im südindischen Massaman-Curry.

Felix Eppissers aufregend-frische, klar konturierte spicy Küche hat lediglich einen Nachteil: Die Mariage mit dem Wein gestaltet sich schwierig. Denn Rotwein passt schlecht. Das tut weh angesichts der schönen, mit vielen Überraschungen aufwartenden Weinkarte – gewöhnungsbedürftig sind allerdings die pokalartigen Gläser. Will man dem Wein nicht die mindere Rolle überlassen, empfiehlt sich das zweite Menü, Aurum genannt. Hier kocht Felix Eppisser europäisch-mediterran, auf den ersten Blick vielleicht konventioneller, allerdings nicht minder detailversessen, originell und würzig.

Restaurant Spice im Hotel Rigiblick, Lucia und Felix Eppisser, Germaniastrasse 99, 8006 Zürich, Tel. 043 255 15 70, www.restaurantrigiblick.ch, 16 «Gault Millau»-Punkte, Menüs à 98 und 135 Franken, sonntags und montags geschlossen