Die St. Galler können sich rühmen, mit der St. Galler Kalbsbratwurst die Heimat der wohl berühmtesten und vielleicht auch besten Wurst der Schweiz zu sein. Doch so bekannt die noble, weisse Fleischspezialität auch ist, so wenig wissen Herr und Frau Schweizer, dass man im fernen Osten der Schweiz auch Wein erzeugt. Und zwar nicht erst seit jüngster Zeit, sondern bereits seit Jahrhunderten!

Wie anderswo in der Schweiz waren es auch auf dem Gebiet des heutigen Kantons St. Gallen zunächst klösterliche und später auch weltliche Grundherren, die den Weinbau förderten. Und wie anderswo in der Schweiz betrug die Rebfläche einst ein Vielfaches dessen, was heute kultiviert wird.

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Tiefpunkt Ende der 1950er Jahre

Zwar nahm die sankt gallische Rebfläche seit 1800 stetig ab, doch waren 1893 in 
42 Weinbaugemeinden immer noch 568 Hektaren mit Reben bestockt. Im Laufe des 20. Jahrhunderts verminderte sich dann aber die Rebfläche markant. Dafür waren mehrere Gründe verantwortlich. So ermöglichte der Ausbau des europäischen Eisenbahnnetzes den Import von billigen und besseren Rotweinen aus dem Süden. Zudem richteten die Anfang des 20. Jahrhunderts erstmals aus Übersee eingeschleppten Rebkrankheiten grosse Schäden an. Der Tiefpunkt war Ende der 1950er Jahre erreicht.

Seither hat sich im St. Galler Weinbau alles nur noch zum Besseren gewendet. Heute werden wieder 210 Hektaren Rebland bewirtschaftet und vierzig Kelterbetriebe verarbeiten die geernteten Trauben zu einer Vielzahl von Weinen. Weine notabene, die in den letzten Jahren einen ebenso erfreulichen wie markanten Qualitätssprung nach vorne gemacht haben. Davon konnte man sich an der Veranstaltung «St. Galler Weinspitzen» überzeugen, bei der Anfang Jahr in den Olma-Hallen die wichtigsten Weinbaubetriebe des Kantons eine Auswahl ihrer Weine präsentierten.

Von Pinot noir bis Chardonnay

Wie in der Bündner Herrschaft dominiert auch in St. Gallen der Pinot noir. Dazu kommen kleinere Anteile von diversen anderen roten Sorten wie Merlot oder Zweigelt. Insgesamt sind drei Viertel des St. Galler Reblandes mit roten Sorten bestockt. Bei den weissen Varietäten steht der Müller-Thurgau (Riesling × Silvaner) im Vordergrund, gefolgt von den internationalen Sorten Chardonnay, wΩSauvignon blanc und Pinot gris.

Von den an der St. Galler Weinspitzen präsentierten Weinen kann man im Allgemeinen den Pinot noirs ein gutes Qualitätsniveau attestieren. Zu überzeugen vermochten insbesondere die Gewächse der Rheintaler Weingüter Schmidheiny (Heerbrugg), Schmid Wetli (Berneck) und Wein Berneck (Berneck). Aus dem Sarganserland fielen die Pinot-noir-Kreszenzen der Weingüter Portaser (Pfäfers), Gonzen (Sargans) und CasaNova (Walenstadt) auf. Und vom oberen Zürichsee zeigte der Pinot noir des von Schmidheiny geführten Gutes Höcklistein (Rapperswil-Jona) Format und Klasse.

Rote besser als Weisse

Doch genau das vermisst man leider bei vielen Weissweinen. Auch wenn hier die Sortenpalette gross ist, so glauben nach wie vor viele Produzenten, ihre trockenen, weissen Gewächse mit einem ärgerlichen Hauch Restsüsse auf Gefälligkeit trimmen zu müssen. Das mögen zwar einige als originell oder gar als innovativ bezeichnen, doch in diesem Mangel an stilistischer Klarheit zeigt sich ein Rest von Provinzialität, mit der man sich heute auf dem überregionalen Weinparkett keine Anerkennung mehr verschaffen kann.