Weinliebhaberinnen und Weinliebhaber philosophieren gerne über das «Terroir» eines Weines. Wie alt ist der Rebberg, wie gut die Sonneneinstrahlung? Wie trocken der Boden?

All das beeinflusst wie auf magische Weise die Qualität eines Weines. Und beim Bier?

Einst war die Frage leicht zu beantworten: Das Wasser machts. So bohrte die Brauerei Feldschlösschen noch in den 80er Jahren eine neue Quelle an, um an mehr und besseres Brauwasser zu kommen.

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Bekannt ist, dass nicht zuletzt das weiche tschechische Wasser dem Pilsner zum weltweiten Erfolg verhalf. Und den Bieren aus dem britischen Burton gab das besonders harte Wasser den entscheidenden Kick.

Heute gilt das nur noch bedingt. Wer will, kann das Wasser nach Wunsch aufbereiten. Profis überlassen hier wenig dem Zufall.

Wenig Terroir bringt auch das Getreide mit ins Bier. Zwar unterscheidet sich europäische Braugerste durchaus von solcher etwa aus den USA. Auch gibt es starke Schwankungen von Jahr zu Jahr.

Diese beschäftigen aber vor allem die Brauerinnen und Brauer, die ihre Rezepte darauf abstimmen müssen. Im fertigen Bier schmeckt man davon nichts mehr.

Hopfen: Grosse Unterschiede, weltweiter Handel

Grossen Einfluss hat dagegen der Hopfen. Die gleiche Sorte kann je nach Anbaugebiet unterschiedliche Charakteristiken entwickeln. Gleichzeitig gilt aber auch: Hopfen wird global gehandelt.

Wenn ein Brauer nicht gerade mit erntefrischem Hopfen arbeitet, ist er nicht an regionale Produkte gebunden. Weltweit gebraute Biere zeigen denn auch, dass es meist nicht aufs Terroir ankommt.

Im Gegenteil: Ein Heineken aus Chur soll gleich schmecken wie eines aus Amsterdam. Terroir ist da unerwünscht.

Wilde Hefen: Das Terroir sorgt für die Vergärung des Biers

Am ehesten wird so etwas wie Terroir in Belgien gepflegt – das Terroir des eigenen Gebälks. Traditionelle Lambic-Brauereien setzen auf wilde Gärung.

Sie verwenden keine Zuchthefe (wie übrigens auch die meisten Winzerinnen und Winzer), sondern warten, bis sich die Hefen, die in den Räumen der Brauereien leben, von sich aus auf die unvergorene Würze in den offenen Tanks niederlassen.

Das geht länger und unkontrollierter und bringt letztlich die verrücktesten Aromen ins Bier. So verrückt, dass manch ein Biertrinkende nicht mehr von Terroir, sondern eher von Terreur sprechen würde.

Typisch: Geuze

Die Brauerei hat eine bewegte Geschichte hinter sich, doch das Produkt ist traditionell: Geuze ist eine Mischung aus verschieden alten Lambic-Bieren, denen gemein ist, dass sie ohne Zuchthefe vergoren werden. Für den Alkohol sorgen natürlich vorhandene Hefestämme, gleichzeitig bringen Bakterien saure Noten ins Bier. Schön kühl genossen ein spannendes Sommerbier.

Oude Geuze, Brouwerij Boon, Lembeek (BEL). Spontanvergorenes Bier, 37,5 cl für ca. 5 Franken.

In dieser Kolumne schreiben der «Handelszeitung»-Redaktor Michael Heim und Autor Ben Müller alternierend einmal im Monat über Bier und Wein. Heim selbst ist an einer Vereinsbrauerei beteiligt.