Der Rahmenvertrag ist tot. Was ist die Todesursache? Natürlich kann man argumentieren, dass es einfach ein schlechter Vertrag war. Aber das wird ihm nicht gerecht. Vielmehr ist es ein Vertrag aus einer endenden Zeit. Diese Zeit begann 1992 mit der Ablehnung des EWR-Beitritts durch das Volk, mit dem Aufstieg von Christoph Blocher und seiner SVP und mit den wirtschaftlichen Problemen der Schweiz in den 1990er Jahren.

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Reiner Eichenberger ist ordentlicher Professor für Theorie der Finanz- und Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg und Forschungsdirektor des Instituts Crema.

Diese Zeit prägte die Aushandlung der Bilateralen I mit der Personenfreizügigkeit und die Abstimmung im Jahr 2000. Da bewirtschafteten viele die Krise, obwohl sie schon seit 1997 abklang. Die Krisenprediger priesen die Personenfreizügigkeit, weil sie kaum Zuwanderung bringen werde, aber es den Schweizern erlauben würde, dereinst in die EU auszuwandern.

Ähnlich warnten Silvio Borner und Frank Bodmer in ihrem in vielem hervorragenden Buch, dass die Schweiz zu verarmen und wirtschaftlich bis 2020 hinter Italien und bis 2030 hinter Portugal zurückzufallen drohe.

Korrektheit wichtiger als eigenes Denken

In dieser Situation mit Abstiegs- und Blocherpanik sollte das Rahmenabkommen die Schweiz eng an die EU binden und das Gewonnene – die Bilateralen I – zementieren. Im politischen Kampf war vielen ideologische Korrektheit wichtiger als eigenes Denken.

Das geistige Fundament des Rahmenabkommens ist in den letzten Jahren erodiert: Das Vertrauen in die Kraft der Schweiz wuchs angesichts der Entwicklung seit 1997, das Vertrauen in die EU sank. Und in der Politik wirkt eine ganz neue Kraft: die Saugkraft des sich abzeichnenden Nach-Blocher-Vakuums. Christoph Blocher hat die Schweizer Politik nicht nur durch seine eigene Schaffenskraft geprägt, sondern auch durch die Reaktionen der anderen.

«Im Nach-Blocher-Vakuum kommen gewaltige Stürme auf. Wenn aber freies Denken und Reden wieder möglich ist, kann es nur gut kommen.»

Viele Andersdenkende schossen sich aus Angst, argumentativ zu unterliegen, auf die Stildiskussion ein. Und viele Ähnlichdenkende schwiegen, weil sie Angst hatten, in die Blocher-Ecke gestellt zu werden. Die «Verwesentlichung» des politischen Engagements von Christoph Blocher hat das geändert. Es wurde absehbar, dass ein riesiges Vakuum auf der rechten Seite entsteht.

Endlich kann man die von Blocher so erfolgreich bewirtschafteten Themen wieder aufgreifen, ohne gleich in die Ecke gestellt zu werden. Das erklärt einen guten Teil der Entwicklung von Gerhard Pfisters Mitte sowie der zwei Organisationen Autonomiesuisse und Kompass/Europa, die die Interessen der am langfristigen Erfolg des Standorts Schweiz interessierten Unternehmer bündeln.

Aus der Zeit gefallenes Rahmenabkommen

Ins Abseits geraten sind hingegen die FDP und Economiesuisse, die zuweilen eher das kurzfristig orientierte globalisierte Grossmanagement zu vertreten scheinen. Zum Glück haben nun aber wenigstens der FDP-Bundesrat und die FDP-Bundesrätin gemerkt, dass das Rahmenabkommen aus der Zeit gefallen ist, und es beerdigt.

Wie weiter? Angesichts des Nach-Blocher-Vakuums stehen gewaltige politische Stürme bevor. Wenn aber freies Denken und Reden wieder möglich ist, kann es nur gut kommen.