Der Nationalrat macht ernst und verankert im Covid-19-Gesetz verschiedene Grundsätze, auf die der Bundesrat künftig seine Corona-Politik stützen soll. Knapp gescheitert ist der Antrag, den 22. März als Öffnungsdatum ins Gesetz zu schreiben.

Ins Spiel gebracht hatte die Idee mit dem Datum im Gesetz die Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK-N). Die SVP hielt am Montag am Antrag fest. Weil die FDP- und die Mitte-Fraktion es aber mehrheitlich ablehnten, den 22. März als Öffnungsdatum für Restaurants und andere Branchen gesetzlich zu verankern, kam am keine Mehrheit zustande. Die Entscheide zur Öffnung fielen letztlich deutlich mit jeweils über 120 Nein-Stimmen.

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«Unverantwortlich» und «ungehörig»

Die bürgerlichen Fraktionen forderten den Bundesrat dennoch auf, schnellstmöglich neue Termine für weitere Öffnungen festzulegen. Der Bundesrat hatte angekündigt, an seiner Sitzung vom kommenden Freitag neue Grundsatzentscheide zu treffen. Den nächsten Öffnungsschritt komme für den 22. März infrage - falls dies die epidemiologische Lage zulasse.

Die Gegner von fixen Vorgaben im Gesetz bezeichneten das Anliegen als «unverantwortlich» und «ungehörig». Im Ständerat war nicht einmal ein solcher Antrag gestellt worden. Gesundheitsminister Alain Berset sagte, es sei für den Bundesrat schwierig, bei Öffnungsdaten «sehr präzise zu sein». Bei jeder Lockerungen werde ein Risiko eingegangen.

Zu langsame Lockerungsschritte

Bereits am vergangenen Mittwoch hatte die grosse Kammer gegenüber dem Bundesrat mit einer verabschiedeten Erklärung ihren Missmut über die zu langsamen Lockerungsschritte geäussert. Nun doppelte der Nationalrat nach: Er setzte Leitlinien, an denen sich die Regierung bei künftigen gesundheits-, wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Massnahmen orientieren soll.

Konkret muss der Bundesrat seine Strategie auf «die mildest- und kürzestmögliche Einschränkung des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens» ausrichten. Vor möglichen Schliessungen sollen Bund und Kantone sämtliche Möglichkeiten von Schutzkonzepten, von Test- und Impfstrategien sowie der Kontaktverfolgung ausschöpfen. Das hatte bereits der Ständerat vorgeschlagen.

Im Einklang mit dem Ständerat stimmte der Nationalrat weiter dafür, dass Personen, die sich gegen Covid-19 geimpft haben, von allfälligen Quarantänemassnahmen befreit werden. Der Entscheid fiel mit Stichentscheid des Präsidenten Andreas Aebi (SVP/BE). Zudem verlangt die grosse Kammer vom Bundesrat die Einführung eines Covid-19-Impf- und Testnachweuses, der den Inhabern die Ein- und Ausreise in andere Länder erleichtern soll

Erleichterungen für «vorbildliche» Kantone

Das Parlament will zudem regionalen Entwicklungen der epidemiologischen Lage vermehrt Rechnung tragen. Der Bundesrat soll «vorbildlichen» Kantonen Erleichterungen der Corona-Massnahmen gewähren.

Künftig muss der Bundesrat zudem die Kantonsregierungen in die Erarbeitung der Massnahmen miteinbeziehen. Ein Vetorecht für die zuständigen parlamentarischen Kommissionen lehnte der Nationalrat jedoch wie der Ständerat ab.

Ebenfalls nichts wissen wollte der Nationalrat am Montag von einem Maulkorb für die wissenschaftliche Taskforce des Bundes. Nach Meinung einer WAK-N-Mehrheit sollte diese nur noch mit ihrem Präsidenten in der Öffentlichkeit in Erscheinung treten. Eine deutliche Mehrheit des Nationalrats lehnte dies ab - mit 116 zu 78 Stimmen bei einer Enthaltung.

Ursprünglich wollte es eine Kommissionsmehrheit der Taskforce ganz verbieten, öffentlich Stellung zu nehmen. Die Kommission kam dann aber auf ihren Antrag zurück und überarbeitete ihn - nun scheiterte er trotzdem. «Die Taskforce kann sagen, was sie will: Entscheiden tut die Politik», sagte Berset.

Covid-19-Gesetz geht zurück an den Ständerat

Erleichterungen sieht der Nationalrat bei den politischen Rechten vor. So sollen nicht nur bei Referenden, sondern auch bei Volksinitiativen die gesammelten Unterschriften auch ohne Stimmrechtsbescheinigung innerhalb der Fristen eingereicht werden können.

Der Nationalrat hat weiter beschlossen, dass der Bund keine finanziellen Beiträge an kantonale Grundeinkommen beisteuern soll. Beispielsweise der Kanton Zürich hat kürzlich solche Finanzhilfen für Kulturschaffende beschlossen, um die Existenz der Betroffenen zu sichern. Der Entscheid fiel mit 100 zu 92 Stimmen bei einer Enthaltung.

Das Covid-19-Gesetz geht nun zurück an den Ständerat, der sich am kommenden Mittwoch wieder damit beschäftigen wird.

(sda/gku)